Bianca197
Hallo Frau Neumann, meine kleine Maus (15 Monate) ist derzeit ziemlich wählerisch beim Essen. Ich habe sie 6 Monate voll gestillt und dann mit selbstgemachtem Brei angefangen. Den fand sie aber schnell langweilig und wollte vom Tisch mitessen so wie ihr Bruder (fast 4). Das klappte eine Zeitlang auch ganz gut. Derzeit aber treibt sie mich zur Verzweiflung. Sie ist sehr zierlich (9,7kg bei 77cm). Obst und Gemüse, das sie immer gerne gegessen hat, rührt sie aktuell nur noch selten an. Morgens isst sie am Besten (feine Haferflocken in Milch 3,8% eingeweicht). Den kleinen Joghurt oder Quark in der Kita-Dose isst sie mit Vorliebe. Brot, Obst und Gemüse nimmt sie kaum. Mittagessen variiert stark. Nachtisch ist mehr ihr Ding. Nachmittags mag sie Milchbrötchen, Knäckebrot oder Maisstangen. Abends ist es eine Katastrophe, wenn ich nicht Nudeln, Pfannkuchen, Griessbrei oder Milchreis koche. Kartoffeln verweigert sie schon immer komplett (ausser anfangs im Gemüsebrei). Joghurt und Quark isst sie dagegen immer mit großem Appetit. Ich habe keine Ideen mehr, was ich abends an warmen Gerichten (mein Mann und ich können nur abends warm essen wegen der Arbeit, die Kinder bekommen durch Kitabesuch zweimal warnes Essen) für die ganze Familie kochen kann. Die kleine Dame kann ja nicht nur von Haferflocken und Joghurt bzw. Quark leben?! Haben Sie vielleicht ein paar Vorschläge bzw. Rezepte? Liebe Grüße Bianca
Hallo Bianca197 Milch und Milchprodukte sollten eine Tagesmenge von ca 300 ml nicht zu stark überschreiten. Milch, am besten Kuhmilch aus einer Tasse, sollte dabei eine tägliche Menge von ca 300 ml nicht zu häufig übersteigen. Sonst besteht die Gefahr, dass sie sich mit Milch sättigt, was den Appetit auf andere Speisen, auf andere Lebensmittelgruppen drosseln kann. Joghurt ersetzt Trinkmilch 1:1. Auch ca 15 g Schnittkäse wie Gouda, Edamer (= ca 1/2 Scheibe) oder 30 g Weichkäse (Camembert ohne Rinde), oder ca.30-40g Frischkäse ersetzen 100 ml Trinkmilch im Hinblick auf den Calcium- und Proteingehalt. Zu viel Milch kann auch dauerhaft Nachteile für die optimale Gesundheit eines Kindes haben. Reduziere den Milchkonsum besser auf ein gutes Maß. Wenn deine Tochter zu viel Milch(Produkte) konsumiert gewöhnt sie sich zu sehr daran. Jetzt sollte deine Tochter möglichst viele Gelegenheiten haben, Neues kennen- und lieben zu lernen. Deine Tochter ist jetzt mit 17 Monaten definitiv ein Kleinkind und möchte die Welt immer selbstbestimmter erobern. In Sachen Ernährung geht es jetzt nicht nur um die Versorgung mit Kalorien und Nährstoffen sondern auch um das Vermitteln unserer/eurer Esskultur = Ernährungserziehung. Halte dir immer den Satz vor Augen: gesunde Kinder verhungern nicht vor vollen Tellern. Das bedeutet: Als Mama darfst du solltest du das Essensangebot vorgeben und deine Tochter darf bestimmen wie viel sie davon isst. Du brauchst bei Nichtgefallen keine Alternativen zu bieten - allerdings sollte das Angebot bei Tisch prinzipiell kleinkindgerecht (zubereitet) sein, d.h. das Angebot muss stimmen. Es dürfen und sollten immer auch Speisen dabei sein, die dein Kind kennt und mag. Aber gib ihr auch immer wieder Gelegenheiten, um Neues zu probieren. Neue Speisen akzeptieren manche Kinder gern und schnell, vor allem wenn sie direkt von Mamas Teller stammen oder von allen EsserInnen bei Tisch mit Genuss gegessen werden. Manche Kinder reagieren darauf eher zögerlich und brauchen häufigere Gelegenheiten um neue Speisen kennenzulernen , um sie schließlich zu akzeptieren. Bringe stets Wiederholungen und lass dein Kind ihre Esserfahrungen möglichst selbständig machen. Du brauchst und solltest dennoch nicht den bequemsten Weg gehen und deiner Tochter Kind nur ihre Leibpeisen zu kochen oder anzubieten. Dein Kind sollte sich an eure familiären Essvorlieben gewöhnen. An diese typischen Familienspeisen kann sich deine Kleine wiederum nur gewöhnen, wenn sie die Chance dazu erhält, diese ausgiebig kennen zu lernen. Das Kennen lernen und Gewöhnen an neue Speisen klappt meist sehr gut, wenn dein Kind sich langfristig an Neues heranwagen kann, wenn sie immer und immer sieht wie andere Esser bei Tisch genussvoll essen. Wenn sie immer und immer wieder die Speisen sieht, Neues wieder erkennt und die Speisen riecht. Wiederholungen sind dazu wichtig. Als Eltern darf und sollte man die individuellen Bedürfnisse des Kindes achten, diese im familiären Kontext beim Essensangebot berücksichtigen, jedoch möglichst keine Extrawürste servieren, sondern besser ein umfangreiches Angebot bieten, und zwar verfügbar für alle. Nehmt euch genügend Zeit zum Essen und richte die Portionen, die Speisen hübsch an. Der erste Eindruck ist durchaus wichtig. Statt einem Berg Nudeln mit Sosse auf dem Teller, durcheinander gemischt, anzubieten, hilft es bspw, wenn sich dein Kind eine Portion Nudeln selbst nimmt, und ein teelöffelgroßer Klecks Sosse daneben platziert wird. So kann sich dein Kind langsam mit der Sosse vertraut machen. Wenn etwas direkt auf dem Teller liegt, und zwar jedes Mal wenn es dieses Gericht gibt, dann wächst die Chance, dass dein Kind aus Neugier probieren wird. Und wenn es schmeckt, isst sie mehr. Vielleicht erst beim nächsten Mal - aber der Anfang ist gemacht, die Scheu ist überwunden. Auch wenn dein Kind nur wenig vom Neuen essen wird - langfristig führt diese Methode (bei gesunden Kindern) zum gewünschten Ziel - nämlich dazu, die Selbstbestimmung zu fördern und gleichzeitig die kulturell basierte Esserziehung (in eurem familiären Kontext), durch Gemeinschaftserlebnisse bei Tisch (=Anpassung) zu lernen. Es ist immer anstrengend und frustrierend, wenn man sich als Mama um eine gute und gesunde Ernährung bemüht und die lieben Kleinen nicht mitessen wollen. Kinder essen, wenn es ihnen schmeckt oder wenn sie (sehr) hungrig sind. In der Altersphase um den 18. Lm herum und nochmals um den 3. Geburtstag (+/-) herum beginnen die meisten Kinder ihre Speisenauswahl drastisch einzuschränken. Viele Dinge, die sie zuvor gerne gegessen haben werden plötzlich nicht mehr angerührt. Viele Kinder entwickeln phasenweise eine Vorliebe für eine bestimmte Speise, die sie am liebsten wochenlang essen. Aber eines Tages ist auch hier wieder Schluss und sie erklären etwas anderes zu ihrem Favoriten. Das nennt man spezifisch sensorische Sättigung und bewahrt den Körper davor, auf Dauer einseitig zu essen. Ein weiterer Fachbegriff den ich dir nennen möchte ist der sog. mere exposure effect. Diesen kannst du nutzen und deine Tochter damit sanft an neue Speisen gewöhnen. "Mere exposure effect" bedeutet, dass je häufiger dein Kind etwas sieht (in eurem Fall bspw Brotstückchen am Abendbrottisch), je häufiger sie den optischen Eindruck erhält, desto besser gewöhnt sie sich daran. Wenn sie das Brotstückchenarrangement immer wieder sieht dann wird es ihr vertraut. Und mit der Zeit, wächst das Vertrauen, und sie wird es irgendwann essen. Vielleicht wird sie es zunächst nur anfassen und vorsichtig in den Mund nehmen. Ein Stückchen und dann ist Schluss? Am nächsten Tag sind es vielleicht zwei. Gib ihr die Zeit, Neues zu entdecken, in ihrem Tempo. Sie muss sich an die verschiedenen sensorischen Eindrücke im Mund gewöhnen. Das dauert manchmal etwas länger. Essen lernen funktioniert dennoch genau so. Hab also einfach Geduld, esst zusammen, esst vielseitig und habt Spaß beim Essen. Findet gemeinsame Rituale, die die Mahlzeiten einleiten, Dadurch kann sich deine Tochter jeweils gut auf die Situation einstimmen, zur Ruhe kommen, die Speisenangebote auf sich wirken lassen und durch Neugier vorsichtig das Ein oder Andere probieren. Das Probieren ist der Anfang. Familienkost gelingt, wenn sich die Kleinsten über einen längeren Zeitraum an immer wieder neue Aromen, neue Konsistenzen gewöhnen können. Achte jetzt auf Vielfalt und das Erlebnis der gemeinsamen Mahlzeiten. Der Esstisch bietet viele Möglichkeiten um das Essen ganzheitlich und sinnlich zu erleben: Farben für die Augen, Gerüche für die Nase, Aromen und Geschmack für den Gaumen, verschiedene Konsistenzen für den Tastsinn - vor allem für denTastsinn im Mund. Lass sie damit spielen und ihre Erfahrungen sammeln. Erlebe das alles mit ihr gemeinsam und sprich darüber. Auch der große Bruder kann hier einen Beitrag leisten. Ein seltsames und ungewohntes Mundgefühl kann ein Kind zum Protestieren bringen. Manchmal wurde diese neue Speise nur lediglich zum falschen Zeitpunkt angeboten. Probiere es ruhig ein anderes Mal wieder, bevor du denkst, dass deine Kleine etwas nicht mag. Es können mitunter bis zu 10 solcher Probiermomente nötig sein, bis eure Tochter doch noch einen anfangs unbekannten Geschmackseindruck oder ein seltsames Mundgefühl akzeptiert. Du als Mama solltest weiterhin entscheiden, was es zum Essen gibt. Daran sollte sich dein Kind gewöhnen. Lege dir evtl einen Wochenplan zurecht: jeden Abend kochst du das Essen, welches du für eure Familie für richtig hältst und dazu Nudeln. Und an einem Tag der Woche, freitags (?) könntest du Milchreis oder Grießbrei kochen - als Ritual für diesen Tag. Hilft dir diese Antwort weiter? Hast du noch Fragen oder suchst du noch nach konkreten Ideen und Vorschlägen? Grüße Birgit Neumann