Frage im Expertenforum Kochen für Kinder an Dipl. oec. troph. Birgit Neumann:

Kind (4 Jahr) schwierig beim Essen

Dipl. oec. troph. Birgit Neumann

Dipl. oec. troph. Birgit Neumann
Diplom Ökotrophologin und Ernährungsberaterin

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Frage: Kind (4 Jahr) schwierig beim Essen

Ellie80

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Hallo! Mein Sohn wird nächsten Monat 4 Jahre alt und war bis vor ca 1 1/2 Jahr ein Super-Esser. Seit er 1 Jahr alt war hat er so ziemlich alles probiert und fand das meiste auch immer sehr lecker. Seit er 2 1/2 Jahre alt war, änderte sich das schrittweise. Immer mehr Lebensmittel, die er einmal mochte, wurden abgelehnt. Teilweise war es so schlimm, das er nur gekochte Nudeln ohne Soße haben wollte. Auf diesen Wunsch sind wir nicht eingegangen, sondern haben weiterhin vielfältig gekocht. Aber eine wirkliche Besserung ist nicht in Sicht. Vor ca 3 Monaten besserte sich die Situation mal, aber jetzt wird es wieder schlimmer. An Gemüse mochte er bisher Möhren, Erbseb und Brokkoli, die beiden erstgenannten mag er jetzt aber plötzlich auch nicht mehr. Bei anderen Lebenmitteln (Hackfleisch, Kartoffelpüree, usw) ist es ähnlich. In der Kita gibt es laut Erzieher keine Problene, er erzählt auch oft, was er in der Kita gegessen hat. Abends gibt es hier meistens Brot, das mag er auch sehr gerne und ohne zu murren... Wie gehe ich mit der Situation am besten um? Heute Mittag hat er das Gemüse (Kürbis) nicht probieren wollen und den Rest (nach kurzem probieren) schmeckte ihm nicht... Er darf dann vom Tisch aufstehen, bekommt aber nichts anderes bis zum Obst am Nachmittag. Ach so, Gewicht und Größe sind gut. Vielen Dank!


Birgit Neumann

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Hallo Ellie80 es ist immer etwas anstrengend und frustrierend, wenn man sich als Mama um eine gute Ernährung bemüht und die lieben Kinder ihre eigenen Vorstellungen dazu haben. Kinder essen, wenn es ihnen schmeckt oder wenn sie hungrig sind. In der Altersphase um den 3. Geburtstag (+/-) herum beginnen die meisten Kinder ihre Speisenauswahl plötzlich drastisch einzuschränken. Viele Dinge, die sie zuvor gerne gegessen haben werden plötzlich nicht mehr angerührt. Viele Kinder entwickeln phasenweise eine Vorliebe für eine bestimmte Speise, die sie am liebsten wochenlang essen. Aber eines Tages ist auch hier wieder Schluss und sie erklären etwas anderes zu ihrem Favoriten. Kinder sind "schlau" und der Spruch, dass ein gesundes Kind nicht vor vollen Tellern verhungert, hat seine Berechtigung. Du musst jetzt Vertrauen haben, dass euer Sohn gut ernährt sein wird, wenn er eine regelmäßige Auswahl an gesunden Speisen zu festgelegten Mahlzeiten erhält. Konkret bedeutet das: du bestimmst das Essensangebot und dein Kind darf aus diesen Möglichkeiten wählen und die Menge verzehren, die es schafft. Das Angebot kannst du frei wählen und vorgeben, nach deinen Vorstellungen. Koche auch weiterhin die Speisen, die ihr gerne esst. Denn Kinder gewöhnen sich an Neues auch und vor allem dadurch, in dem sie ihre Mitesser beobachten. Dabei sollten sie eigene gustatorische Erfahrungen sammeln und diese angebotenen Speisen immer und immer wieder probieren, den Genuss wiederholen. In Gemeinschaft schmeckt es noch mal so gut, weshalb ihr unbedingt zusammen essen solltet. Und was dir auch die Erklärung dafür liefert, dass dein Kleiner im Kiga wohl besser isst. Lasst euren Sohn immer mal wieder etwas Neues von euren Tellern direkt in kleinen Mengen probieren. Nur über das Probieren kann Gefallen entstehen. Achte zudem auf regelmäßige Mahlzeiten und auf ausreichend körperliche Betätigung, bevorzugt draussen - so kann Hunger entstehen. Gemeinsame Mahlzeiten haben den Zweck, eurem Kind zwanglos eure Esskultur mit all ihren kulinarischen Besonderheiten zu bieten. Je mehr Kinder dabei sehen, riechen. erleben, desto besser. Sie sollten die Gelegenheit bekommen, neue Dinge kennen zu lernen, ohne Zwang, aber durch eigene Neugier, in eigenem Tempo. Sie sollten dabei die ihnen bekannten Speisen (bspw Brot, Nudeln) bekommen, mit denen sie sich satt essen können - und zusätzlich aber die Gelegenheit erhalten, Neues kennen zu lernen. Ich "zitiere" an dieser Stelle immer wieder gerne Herrn Jesper Juul: Er bezeichnet Erziehung als "Osmose", Erziehung ginge vielmehr durch die Haut. Mehr als durch Worte gesprochen zähle die Haltung, die innere Einstellung - all das nähmen die Kleinen viel stärker wahr als Worte. Das Vorleben steht bei ihm an erster Stelle - persönliche Maßstäbe und Überzeugungen - unausgesprochen - prägten seiner Ansicht nach, die Kinder am meisten. Kinder sollten/müssen immer und immer wieder neue Dinge probieren. Denn nur über das Probieren können neue Erfahrungen gesammelt werden. Und nur mit Hunger kann das geschehen. Hab also einfach Geduld, esst zusammen, esst vielseitig, habt Spaß beim Essen und biete viele Essanreize. Lass dein Kind neue Speisen probieren, immer und immer wieder, finde dafür geeignete Regeln. Manche Speisen müssen Kinder bis zu 10 mal probieren, bis sie diese gute akzeptieren. Bleibe dran und ermögliche deinem Kind diese Erfahrungen. Auch wenn dein Kind nur wenig vom Neuen essen wird - langfristig führt diese Methode (bei gesunden Kindern) zum gewünschten Ziel - nämlich dazu, die Selbstbestimmung zu fördern und gleichzeitig die kulturell basierte Esserziehung (in eurem familiären Kontext), durch Gemeinschaftserlebnisse bei Tisch (=Anpassung) zu lernen. Im Kindergarten klappt das doch prima. Thematisiere nie die Eigenheiten deines Kindes und kontrolliere nicht zu viel. Finde ein paar Essensregeln, die für euch passen. Bspw könnte eine Regel lauten, dass immer eine klitzekleine Portion probiert werden sollte. Diese Orientierung könnte deinem Sohn helfen, die negative Haltung bestimmten Speisen gegenüber umzuformen und ihm eine Chance geben, aus der ablehnenden Haltung herauszufinden. Positiv formulierte Regeln werden meist gut angenommen. Finde hierfür Regeln. Welche könnten bei euch sinnvoll sein? Zusammenfassung: Mit etwa dem Beginn des 3. Lj beginnt eine Zeit, in der viele Kinder sehr einseitige Essensvorlieben entwickeln und neue Speisen gar nicht mehr probieren möchten. Mit etwa 18 Lm und nochmal mit 3 Jahren schränkt sich die Auswahl der gemochten Speisen bei vielen Kindern stark ein. Erst mit 6-8 Jahren und später ab etwa 12 Jahren werden wieder gerne neue Essabenteuer gewagt. Begegne dieser Situation jetzt - am besten mit einer liebevollen Strenge und Gelassenheit. Je weniger du dich sorgst, je weniger du deinen Kleinen aktiv, d.h. mit Worten aufforderst bzw zum Essen animieren möchtest, und je weniger du sein Verhalten kommentierst, desto weniger nervenaufreibend wird diese Zeit für dich sein. Das Verhalten deines Sohnes löst natürlich Unmut und Unbehagen bei dir aus und erschwert damit eine unbeschwerte Esszeremonie. Das könnte sich in einer Negativspirale weiter verschlimmern und schlimmstenfalls in einem Machtkampf enden. Das wäre blöd. Kinder fordern uns Eltern immer wieder. Um dabei die Oberhand zu behalten, hilft es auch, Regeln aufzustellen. Damit lernt auch dein Kind bald gut umzugehen. Bleibe authentisch und konsequent. Vertraue auf langfristige Veränderungen. Hab also einfach Geduld, esst zusammen, esst vielseitig, habt Spaß beim Essen und biete viele Essanreize - zusätzlich zum Vertrauten. Also dann Grüße Birgit S.


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