Frage im Expertenforum Kochen für Kinder an Dipl. oec. troph. Birgit Neumann:

Kein Vorbild

Dipl. oec. troph. Birgit Neumann

Dipl. oec. troph. Birgit Neumann
Diplom Ökotrophologin und Ernährungsberaterin

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Frage: Kein Vorbild

Rosenstock

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Meine Tochter, fast 20 Monate, isst ja nur sehr selektiv und stillt noch viel. Es geht mit dem Essen mal besser, mal schlechter. Jetzt ist es so, dass mein Mann das Picky Eat Syndrom oder Selektive Essstörung hat, was bedeutet, dass er nur recht ungesunde Lebensmittel essen kann und das sehr eingeschränkt - auf seinem Speiseplan stehen hauptsächlich Wurst (davon isst er pro Woche über ein Kilo...) Brot (das ist ja ok....) , unterwegs Pommes mit Wurst oder Schnitzel/chicken nuggets, Bratwürste, Wiener, hin und wieder Pfefferahmsoße mit Spätzle. Vanillequark isst noch zwischendurch, Süßigkeiten, Kuchen. Kein Obst, kein Gemüse, keine Vollkornprodukte mit Körnern. Da es ja wirklich eine Essstörung bei ihm ist, lässt sich das so schnell nicht beheben. Demnächst will er zwar versuchen, mal wieder bisschen Gemüse/Obst zu probieren, aber das wird erstmal im "Fingerhut-Bereich" liegen....hat er ja schpn paar Mal versucht und dann wieder gelassen. Die ganze Zeit war es jetzt so, dass er zu anderen Zeiten als wir gegessen hat (jobbedingt). Jetzt möchte er aber, damit es für die Kleine mehr zum Familientisch wird und nicht jeder so für sich isst, doch zu unseren Zeiten mitessen. Was ich ja prinizipiell gut finde. Auch scheint es der Kleinen zu gefallen. Mit fällt nur auf, dass sie sich im Moment schon sehr für sein ungesundes Essen interessiert, momentan für Wurst. Sie zeigt auf seine Wurst und will haben. Er kauft leider beim Rewe an der Wursttheke, da weiß ich nicht, wie es mit Tierwohl, Antibiotika aussieht...ich kaufe meine Wurst ja beim Metzger, der auf Tierwohl achtet (allerdings auch nicht bio, aber gibt sonst nix im Ort) . Beim Metzger gabs übrigends letztens auch Gelbwurst für Mini, recht dicke Scheibe, die sie ganz gefuttert hat. Ist ja eigentlich gut, trotzdem mache ich mir Gedanken, ob das die richtige Richtung ist... Sie isst ja im Moment so gut wie kein Gemüse,, auch nicht versteckt in Soße etc. Sie merkt genau, wenn irgendwo was versteckt ist, was sie ohnehin nicht essen würde und lässt es liegen. Soweit der Hintergrund, hier konkrete Fragen: - Ich habe Angst, dass sie sich am "schlechten" Essverhalten meines Mannes orientiert, wie können wir damit umgehen? - Wie kann ich ihr noch andere Aufstriche aufs Brot schmackhaft machen, jenseits von Käse und Wurst ? Veggie-Aufstriche werden nicht angerührt und Gemüse/Obst/Avocado auf dem Brot ebenso - Kein Gemüse...was kann ich hier machen? - Obst isst sie nur Banane, Trauben (ab und zu) und Obstgläschen..... Was ganz gut geht, ist zwischendurch Semmel. Aber sie sollte am Tisch halt auch gut essen....


Birgit Neumann

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Hallo Rosenstock dass deine Tochter prinzipiell gut und gerne und, ja, doch, auch unkompliziert isst, kannst zunächst als ein Sprungbrett für deine Wünsche betrachten. Deine Tochter hat verschiedene Speisen gefunden, welche sie gerne mag. Sie mag momentan besonders gerne solche Speisen, die Papa isst. Kinder wissen nichts von Ernährungsempfehlungen und essen einfach wenn es ihnen schmeckt und oder wenn sie hungrig sind. Was ihnen schmeckt, das ist individuell verschieden. Doch es lassen sich ein paar wesentliche Merkmale auflisten welche solche Speisen charakterisiert die von den meisten Kindern besonders gerne angenommen werden. Kindern schmeckt am besten beispielsweise das, was sie bereits aus der Schwangerschaft und Stillzeit kennen, So wie das, was das Umfeld (unsere Kultur) und die Eltern, Großeltern und andere nahestehende Personen essen. Kinder lieben vertraute und gewohnte Speisen, denn hier "wissen" sie genau, dass sie diese gut vertragen werden. Dass sie damit keine Risiken eingehen und auch damit gut satt und zufrieden sein werden. Pommes, Pizza, Wurst, Kuchen und Co, das alles trifft darauf genau zu. Da Papa diese Speisen besonders gerne mag, ist das natürlich ein zusätzlich verstärkender Effekt. Doch genau diese Merkmale für besonders beliebte Speisen kannst du dir zunutze machen und das Speisenangebot vergrößern. Merkmale für beliebte Speisen sind: süß, fettreich, süß und fettig, samtig, weich, cremig, kohlenhydratreiche Kost,... Ablehnung: bitter, ggf wenn (zu) sauer, auch Lebensmittel welche sich im Mund komisch anfühlen, bspw pelzig, rauh, schleimig, gummiartig, zäh, Man bezeichnet diese Präferenzen und Abneigungen als sog. Sicherheitsgeschmack. Je häufiger ein Kind positive, gute, Erfahrungen in Verbindung mit einer Speise sammeln kann, desto sicherer wird die Speise aus seiner Sicht. Hilfreich ist es Brücken zu bauen. Gemüse wird durch pürieren zu einer Cremesuppe bspw ganz samtig und nahrhaft und im Idealfall lecker! Und wenn dein Kind eine orangefarbene Möhrensuppe mag, könnte auch das aus Neugier folgende Probieren (zum richtigen Zeitpunkt) eines Möhrenstückes irgendwann in Begeisterung enden. Vielleicht. Das ist die Brücke, welche du durch das Verändern der Konsistenz eines Nahrungsmittels bauen könntest. Wenn du bspw zwei Mal die Woche eine fein pürierte Möhrensuppe kochst (mit Sahne), und deiner Tochter die Möglichkeit gibst sich daran langsam, in ihrem Tempo zu gewöhnen, dann wäre das eine Möglichkeit das Gemüse langfristig schmackhaft zu machen. Sie würde sich daran gewöhnen können, wenn sie die Suppe einfach nur sieht. Und vielleicht auch dich die Suppe genussvoll essen sieht. Sie würde vielleicht freiwillig von deiner Fingerkuppe eine Zungenspitze voll probieren wollen.Vielleicht. Sie könnte probieren und es für gut befinden. Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht würde sie die Suppe erst in ein paar Monaten mögen oder nie. Noch was - deine Tochter mag verschiedenen Brotbelag nicht. - biete Brotstückchen und Brotbelag getrennt voneinander an. - biete ein Potpourri an verschiedenen Möglichkeiten. So kann sie sich vorsichtig an Neues herantasten. Das was auf ihrem Teller liegt könnte genau das gleiche sein, wie auf deinem und Papas Teller. Anstatt das Gemüse sichtbar in der Sosse schwimmen zu lassen, könntest du die Sosse pürieren. Wenn dir die Qualität von Fleisch besonders wichtig ist, könntet ihr vielleicht Kompromisse beim Einkauf machen? Wenn dies nicht möglich ist, dann wäre das eben so gut. Es gibt hier einen schönen Satz, der genau zu eurer Situation passt. Er lautet: "gut ist gut genug!". HIlft dir das ein wenig weiter? Grüße Birgit Neumann


Krümelmama78

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Ich hätte damit echt ein großes Problem und verstehe total gut, dass du dir Sorgen machst! Ist dein Mann mit dieser extremen Essstörung denn in Behandlung? Das wäre echt wichtig, v.a. für ihn. Ich stelle mir das sehr belastend (und gesundheitsgefährdend) vor. Ich muss auch sagen, dass wir bei unseren Kindern schon die Erfahrung machen, dass man den meisten Einfluss hat mit dem, was man selbst isst. Alles Gute euch!


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