Liebe Experten, meine Tochter musste in der Ssw 36+4 wegen meiner leichten Präeklampsie per Kaiserschnitt geholt werden, die Einleitung der Wehen war erfolglos. Sie hatte ein Geburtsgewicht von 1940 gr bei 47 cm Körpergröße. Drei Wochen lang wurde sie auf der Kinderintensiv aufgepäppelt, (sie musste lernen genug alleine zu trinken ihre Temperatur zu halten) So trank sie abgepumpte Muttermilch und bekam den Rest per Sonde, bis sie selber aus der Flasche genug trinken konnte. Gewicht bei Entlassung war 2220gr. Seitdem wird sie gestillt, bekommt seit zwei Monaten Beikost und nahm immer schon stetig zu, bleibt aber wie sie auch im Mutterleib war sehr zart. Sie wiegt heute mit genau 8 Monaten 6130 gr. (Größe war vor 6 Wochen 62 cm) Im Vergleich zu anderen Babies wiegt sie in dem Alter natürlich extrem wenig, sie war schon immer unter der 3. Perzentile, der Kinderarzt sagt sie bleibt aber gut in ihrer Kurve, die stets nach oben geht. Trotzdem wollte ich die Meinung eines Experten einholen, ob wir erstmal weiter beobachten oder mehr Handlungsbedarf besteht? Danke im Voraus.
Inoa
von
Inoa
am 11.06.2020, 15:56
Antwort auf:
Untergewicht
Guten Tag,
Ihre Tochter zeigte als spätes Frühgeborenes bei Geburt ein zu geringes Körpergewicht. Die Probleme der ersten Lebenswochen, die Sie schildern, sind für ein Kind mit diesen Besonderheiten typisch. Wichtig und gut für das nun mit acht Lebensmonaten mittelfristige Wachstum ist, dass Ihre Tochter eine stete Gewichtszunahme zeigt. Ob und wie schnell es Ihrem Kind gelingt, ein Aufholwachstum zu entwickeln, hängt von verschiedenen Faktoren ab, die nur teilweise zu beeinflussen sind. So spielen neben der altersgerechten Ernährung auch genetische Faktoren eine Rolle. Momentan ist die Strategie Ihres Kinderarztes entsprechend des Befindens Ihrer Tochter genau richtig.
Handlungsbedarf würde bestehen, wenn über mehrere Wochen keine Gewichtszunahme besteht oder im Verlauf von mehreren Monaten auch die Körperlänge und der Kopfumfang keinen Zugewinn erreichen. Zirka zwei Drittel der bei Geburt zu leichten Neugeborenen (wir Neonatologen bezeichnen diese Patientengruppe als „zu klein für das Reifealter“-„small for gestational age“-SGA), holen das alterstypische Wachstum bis Ende des ersten Lebensjahres auf, zirka 90% bis zum Eintritt in das Schulalter.
Wenn bis zum Alter von vier Lebensjahren kein angemessenes Wachstum zu sehen sein sollte, wäre die Vorstellung bei einem Kinderarzt mit speziellen Kenntnissen der Hormonregulation (einem Kinder-Endokrinologen) zu prüfen. Dabei wäre eine Untersuchung der hormonellen Situation bei Ihrem Kind durch eine Blutentnahme [mit Bestimmung von Wachstumshormon und dessen Vermittler, dem sogenannten Insulin-like growth factor-1 (IGF-1] sowie die Feststellung der Knochenreife mittels Röntgenbild der Hand (zur Abschätzung der Wachstumsreserven) erforderlich. Ab einem Lebensalter von vier Jahren ist auch eine Behandlung mit Wachstumshormon möglich und in Deutschland zugelassen.
Zusammenfassend können Sie sich entsprechend Ihrer Schilderung über die Entwicklung Ihrer Tochter in den ersten Lebensmonaten sehr freuen und die Situation zunächst beobachten.
Alles Gute!
von
PD Dr. med. Axel Hübler
am 11.06.2020