Frage im Expertenforum Frühgeburt an Prof. Dr. med. Gerhard Jorch:

Lungenreifungsspritze nachteilig für Gehirnentwicklung?

Prof. Dr. med. Gerhard Jorch

Prof. Dr. med. Gerhard Jorch
Kinderarzt und Neonatologe

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Frage: Lungenreifungsspritze nachteilig für Gehirnentwicklung?

lucia

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Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Joch, in einem großen deutschen Nachrichtenmagazin erschien vor ca. drei Wochen ein Artikel, in dem es um vorgeburtliche Einflüsse auf die spätere Entwicklung des Kindes ging. In einem Abschnitt ging es um die Lungenreifungsspritzen. Untersuchungen der Uni Jena hätten gezeigt, dass Kinder im Alter von 8 Jahren (keine ehemaligen Frühchen), deren Mütter in der SS Betamethason erhalten hätten, deutlich unkonzentrierter seien, häufiger an adhs litten und "durchweg weniger intelligent" seien als die Kinder ohne Betamethason. Ich habe die Spritzen damals in der 31. SSW Woche bekommen. Nachdem man uns versichert hätte, das Medikament hätte nur Vorteile. Geboren wurden die Zwillinge in 34+0. Heute bin ich aufgrund des Artikels extrem verunsichert und verängstigt, ob ich durch die Spritzen meinen Kindern geschadet haben könnte. Wie ist ihre Einschätzung dazu? Herzlichen Dank


Prof. Dr. med. Gerhard Jorch

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Ich kenne den Artikel nicht und wäre für Hinweise dankbar, damit ich ihn prüfen kann. Ich würde zunächst einmal prüfen, ob es das Betametason war oder Besonderheiten des Kollektivs, welches für Betametason in Frage kam, ob also das Kollektiv mit den Konzentrationsstörungen sich nur hinsichtlich des Betametason von der Kontrollgruppe unterschied. Es muß ja einen Grund für Betametason gegeben haben. So richtig vorstellen kann ich mir nicht, dass eine 2tägige Behandlung mit 4 Spritzen Betametason die Hirnentwicklung beeinträchtigt. Trotzdem sollte man Betametason - wie andere Medikamente auch - nicht einfach so geben, sondern nur, wenn eine Frühgeburt < 34 SSW wirklich droht.


lucia

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Hallo Herr Prof. Dr. Jorch, danke für Ihre Antwort. Der Artikel erschien im Spiegel (Nr. 25), Titel: "Die Geburt des Ich". Leider ging es wie gesagt nur in einem Abschnitt um diese spezielle Studie der Uni Jena, geleitet vom Neurologen Prof. Dr. Matthias Schwab. Leider werden keine weiteren Details über die untersuchten Gruppen genannt. Eine E-Mail an den Spiegel mit der Bitte um nähere Informationen oder eine Information wie ich an die Studie kommen könnte, blieb bisher unbeantwortet. Ob wohl eine Möglichkeit besteht, wenn ich mich direkt an die Uni Jena wende? Ich bin damals in der 31.SSW mit Verdacht auf Präeklampsie in die Klinik gekommen. Ich hatte Wassereinlagerungen, hohen Blutdruck und Eiweiß im Urin. Ich wurde stationär aufgenommen und musste 24h Urin sammeln. Allerdings bekam ich dann gleich zu Beginn die erste Spritze für die Lungenreifung. 24h später die zweite. Meines Erachtens, aus heutiger Sicht, verfrüht. Nachdem der Urin ausgewertet war, durfte ich nämlich wieder nach Hause. Die Kinder wurden dann 34+0 geboren. Meine Kinder haben sich bisher gut entwickelt. Sie sind jetzt unkorrig. 18 Monate alt. In der Sprachentwicklung sind sie einigen anderen Kindern allerdings etwas hinterher. Sie sprechen zwar erste Wörter, allerdings undeutlich und noch recht wenig. Dies ist doch bei Zwillingen nichts ungewöhnliches oder könnte dies bereits ein erstes Zeichen für mangelnde Intelligenz sein? Ehrlich gesagt wünschte ich, ich hätte diesen Artikel nie gelesen. Aber leider kann ich dies, ebenso wie die zwei Spritzen nicht rückgängig machen. Herzliche Grüße lucia


Prof. Dr. med. Gerhard Jorch

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Die Arbeiten der Arbeitsgruppe Schwab kenne ich natürlich. Nach meiner Kenntnis handelt es sich aber um Grundlagenforschung (Labor- und Tierversuche). Ich habe sicherheitshalber in den interntionalen Publikationsarchiven nachgeschaut und auch aktuell nur solche Arbeiten der Arbeitsgruppe gefunden. Ihre Sorge ist also mindestens auf der Grundlage des derzeitigen Wissensstandes beim Menschen nicht berechtigt. Ich verstehe aber, dass man als betroffener Laie dazu neigt, solche Berichte überzuinterpretieren.


lucia

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Herzlichen Dank für Ihre Mühe!


matahari24

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Ich hatte den Artikel auch gelesen und mir wurde auch ganz schlecht als ich das las. Ich habe 3 Spritzen erhalten. Mich würde auch interessieren auf welche Studien sich der Spiegel bei diesem Artikel stützt. Es heißt ja zumindest, dass Kinder untersucht worden sind. Schon allein die Aussage, dass alle Kinder, die das Medikament bekamen, durchweg weniger intelligent sind, sollte ja irgendwie wissenschaftlich gestützt werden.


lucia

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Hallo, ich dachte schon ich wäre die einzige die das gelesen hat. Ich meine, klar, ist es gut, dass es dieses Mittel gibt und wenn wirklich die Gefahr einer frühen Frühgeburt droht, stellt sich die Frage, ob man die Spritze gibt oder nicht, einfach nicht. Aber, wie gesagt, vor allem die Formulierung "durchweg weniger intelligent" finde ich auch beängstigend. Also jedes Kind oder zumindest jedes zweite Kind soll weniger intelligent sein als der Durchschnitt der Kinder, deren Mütter das Mittel Betamethason nicht erhalten haben?? Auf der Homepage der Uni Jena wird auch kurz auf die Studie eingegangen (http://www.uni-jena.de/Mitteilungen/PM120308_alternimmutterleib.html). Leider genauso knapp wie im Spiegel. eine ausführliche Version ist wohl einfach noch nicht veröffentlicht. Oder die untersuchte Gruppe zu klein, um wirklich aussagekräftig zu sein!? Keine Ahnung... In welcher SSW hast Du denn entbunden?


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