Frage im Expertenforum Ernährung in der Schwangerschaft an Prof. Dr. med. Serban-Dan Costa:

Küchenhygiene

Prof. Dr. med. Serban-Dan Costa

Prof. Dr. med. Serban-Dan Costa
Ehemaliger Chefarzt und Direktor der Universitätsfrauenklinik Magdeburg

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Frage: Küchenhygiene

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Sehr geehrter Herr Dr. Costa es ist mir sehr unangenehm und ich habe auch Angst vor Ihrer Antwort, aber ich brauche hier bitte Klarheit und Ihren Rat. Ich (17. SSW) hatte am Wochenende Besuch von meiner Mutter, die mir – vollkommen zu recht! – einen langen Vortrag darüber gehalten hat, dass meine Küchenhygiene nicht in Ordnung sei. Ich bin leider kein sehr ordentlicher Mensch, seit ich aber von meiner Schwangerschaft weiß, arbeite ich massiv daran, ordentlicher und strukturierter zu werden. Das gelingt immer besser, aber ich mache Fehler. Mir ist grundsätzlich bewusst, dass die Küche mit Blick auf Lebensmittelinfektionen sauber und ordentlich gehalten werden muss. So habe ich versucht, folgende Punkte stets genau zu beachten: - Spülbürste / Küchenlappen regelmäßig tauschen / abkochen, - Spülbecken gelegentlich mit kochendem Wasser „ausgießen“, - Handtücher ca. alle zwei Tage wechseln, - mehrfach beim Zubereiten von Essen zwischendurch Hände waschen, insbesondere bei Kontakt zu Fleisch oder anderen Produkten, die insbesondere Träger von Listerien / Toxoplasmen sein können, - Nutzung unterschiedlicher Bretter für Fleisch und Gemüse, - keine Zubereitung von Fleisch etc. in unmittelbarer Nähe zu fertigem Essen, - Lebensmittel vor der Zubereitung sorgfältig waschen und in sauberem Sieb abtropfen lassen, - Lebensmittel sorgfältig durchgaren, - vollständiger Verzicht auf potenziell „risikobehaftete“ Lebensmittel wie Rohmilchprodukte, Salami, Sushi, vorgeschnittene Salate ... - sorgfältige Abdeckung im Kühlschrank und zügiger Verzehr angebrochener Lebensmittel / Reste, - Waschen des Geschirrs möglichst heiß und mit Spülmittel, - Zubereitung und Konsum von Lebensmitteln immer auf/ mit frischem Geschirr / mit frischem Besteck.d   Umso schlimmer ist es, dass ich ganz offensichtlich absurde blinde Flecken hatte. Vernachlässigt habe ich die folgenden Punkte: a) Ich habe zu Beginn meiner Schwangerschaft einmal den Kühlschrank gründlich durchgeguckt, Abgelaufenes weggeschmissen und die Regalböden gewischt. Seither nicht mehr. b) Ich komme oft sehr spät von der Arbeit nach Hause. Um noch etwas Gesundes zu essen, koche ich dann noch frisch, also selbst, keine Fertiggerichte. Sehr oft blieb in der Vergangenheit aber das Kochgeschirr (benutzte Töpfe, Schneidebretter, Kochbesteck, Messer etc.) dann unabgewaschen und nicht vorgespült auf der Arbeitsfläche links neben meinem Herd stehen. Es kam vor, dass die Sachen mehrere Tage dort standen und ich dann nach Bedarf nur das abgewaschen haben, was ich zum Kochen brauchte. c) Etwas Ähnliches gilt für Kompost (Teebeutel, Gemüse- und Obstschalen etc.) und Joghurtgläser. Den Kompost habe ich meist in einem gebrauchten Topf mit Deckel oder einer gebrauchten Müslischale (ohne Abdeckung) auf der Arbeitsplatte gesammelt und dies oft nicht zeitnah geleert, sondern am Folgetag noch weiter gesammelt, um nicht noch nach draußen zum Kompost zu müssen. Mit Fleisch/ Fisch und entsprechenden Verpackungen würde ich das allerdings nicht machen, die wandern immer sofort in den Restmüll; auch habe ich Bretter/ Teller, auf denen Fleisch geschnitten /gelagert wurde, immer sofort in die Spülmaschine gestellt. d) Die Temperatur in meine Küche ist recht hoch. e) Dort, wo dreckiges Geschirr auf seinen Abwasch „wartete“, habe ich in der Zeit nicht gewischt, diese Flächen sahen mitunter auch nicht sehr sauber aus. Krümelige oder anderweitig dreckige Arbeitsflächen, auf denen kein Geschirr lagert, habe ich bisher immer mit einem gut ausgespülten (i.d.R. noch nicht sehr lange gebrauchten) Küchenlappen feucht abgewischt. f) Ich habe Kartoffeln/ Gemüse mitunter in die Spüle hinein geschält. Diese habe ich allerdings später immer ausgespült, gelegentlich auch mit kochendem Wasser. g) Manchmal habe ich Dinge unterm Küchenwasserhahn abgewaschen, obwohl im Spülbecken noch dreckiges Geschirr stand. Kontakt gab es dann aber nach meiner Erinnerung nicht. h) Wenn ich Schneidebretter verwendet habe, dann lagen die manchmal auf nicht ganz sauberem Untergrund (nur feucht abgewischt, ohne Putzmittel). Was mir vom Brett gerutscht war, habe ich oft aber nicht mehr verwendet, oder aber durcherhitzt. i) An meinem magnetischen Messerhalter habe ich leider ein paar getrocknete Saucenspritzer entdeckt. j) Abgewaschenes Geschirr stand manchmal tagelang offen auf der Abtropffläche, keinen Meter von der Sammelfläche mit dem schutzigen Geschirr entfernt (Spülbecken dazwischen), und wurde dort nach Bedarf weggenommen.   Ich werde mir nun größte Mühe geben, alle diese Fehler künftig nicht mehr zu machen – meine Küche ist mittlerweile auch ordentlich aufgeräumt und sauber, der Kühlschrank wurde geputzt und desinfiziert. Ich habe immer aufgepasst, dass die Lebensmittel, die ich zu mir nehme, nicht mit dem dreckigen Geschirr oder anderen, noch nicht gereinigten Flächen in Berührung kommen oder durcherhitzt werden und immer frische Bretter/ Teller genutzt. Ob das wirklich durchgehend gelungen ist, weiß ich natürlich nicht, zumal meine Mutter mir ja jetzt vor Augen geführt hat, dass meine Küche wohl insgesamt nicht sauber genug war (Zitat: „Die Bakterie sprühen da fröhlich vor sich hin...“). Kochvorbereitungen habe ich auf der Arbeitsfläche rechts vom Herd, also etwas entfernt von den Geschirrbergen getätigt. So verrückt und kopflos es auch klingen mag, mir ist jetzt erst bewusst geworden, dass ich mitunter regelrechte „Bakterienschleudern“ auf der Arbeitsfläche links vom Herd stehen hatte. Daneben stand auch immer mein nicht luftdichter Brotkasten mit in Papier eingewickeltem Brot. Am meisten Angst habe ich nun, da ich mich weiter belesen habe, vor einer Listerieninfektion, insbesondere auch, weil ich im Dezember (11. SSW) einmal für vier Tage richtig krank war, was mir sonst sehr selten passiert (starker Schnupfen, Schwäche, Kopf- und Gliederschmerzen, kein Fieber, aber mir war elendig kalt) und ich gelesen habe, dass diese unspezifischen Symptome auch solche für Listeriose sein können. Seinerzeit hatte ich die Symptome auf einen Infekt zurückgeführt, den sich wohl viele auf unserer betrieblichen Weihnachtsfeier eingefangen haben.   Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir folgende Fragen beantworten könnten: 1. Wie hoch schätzen Sie mein Risiko, sich mit Listeriose / Toxoplasmose infiziert zu haben, ein? 2. Ich hatte keine Anzeichen für eine Margen-Darm-Erkrankung o.Ä. Kann ich (ggf. über die Luft) dennoch mit anderen schädlichen Erregern in Kontakt gekommen sein und dem Kind geschadet haben? 3. Können die Listerien auf dem dreckigen Geschirr / den nicht gewischten Arbeitsflächen über die Luft anderes Geschirr und Lebensmittel verunreinigt haben? 4. Was kann ich tun, um eine etwaige Listeriose-Infektion möglichst sicher abklären zu lassen? Im Netz findet man so widersprüchliche Angaben: Blutproben, mit denen nach dem Erreger selbst, und nicht nach Antikörpern gesucht wird, sind sicher / nicht sicher; Stuhlproben sind erforderlich… Was stimmt hier und welches Maß an Sicherheit kann ich erreichen, wenn ich zum Arzt gehe und um Untersuchung bitte? 5. Im Ersttrimesterscreening war das Kind gut entwickelt, alles war unauffällig. Ist das – mit Blick auf meine spezifische Sorge - ein gutes Zeichen? Wenn nun beim Organscreening keine Auffälligkeiten festgestellt werden, inwieweit kann das dann darauf hindeuten, dass das Kind bisher nicht mit Listerien in Kontakt gekommen ist? 6. Was raten Sie mir in meiner Situation?   Bitte entschuldigen Sie diese sehr lange Anfrage, ich bin nicht gut im kurz fassen und wollte präzise sein. Ich danke Ihnen sehr für Ihre Geduld und Ihre Arbeit hier im Forum. Es ist so beruhigend, zu wissen, dass man hier verlässliche Antworten auf seine Fragen bekommt. Deine Schwangerschaftswoche: 17


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In Ihrer Einführung zuu dieser Frage haben Sie so viele richtige Maßnahmen aufgeführt, dass ich mir kaum offene Fragen vorstellen konnte. Denn so viel muss man sich in der Schwangerschaft im Umgang mit Lebensmitteln gar nicht beachten... Wie dem auch sei, hier meine Antworten: Zu Ihren "blinden Flecken", wie Sie schreiben: a) Den Kühlschrank muss man nicht ständig "nach Abgelaufenem gründlich durchgucken", es reicht, wenn man beim Essen sich die MHD's auf den Verpackungen anschaut... b) Benutzte Kochgeschirr und Besteck sind harmlos, wenn sie unabgewaschen offen mehrere Tage liegen gelassen werden. Besser wäre es, wie Sie schreiben, wenn man sie zumindest vorspülen würde... Der Idealfall ist, sie kurz abzuspülen und sie dann in die Spülmaschine einzustellen. Das ist reine Gewohnheit, eine kleine Umstellung also. c) Teebeutel, Gemüse- und Obstschalen, die Sie in die Kompost-Tonne werfen, können Sie sehr wohl in einem abgedeckten Topf sammeln, Das muss aber nicht auf der Arbeitsplatte sein, finde ich ... Eine größere gefahr geht davon nicht aus. d) Sie schreiben, dass die Temperatur in ihrer Küche recht hoch sei. Wo soll hier ein Problem sein ? e) Wenn Sie "dreckige Arbeitsflächen, auf denen kein Geschirr lagert" "immer mit einem gut ausgespülten (i.d.R. noch nicht sehr lange gebrauchten) Küchenlappen feucht abgewischt" haben, ist das völlig OK. f) Die meisten Menschen, die ich kenne, schälen Kartoffeln/ Gemüse in der Spüle. Wenn man diese später ausgespült, Kann nichts passieren. g) "Dinge unterm Küchenwasserhahn abwaschen" ist OK, auch wenn "im Spülbecken noch dreckiges Geschirr stand". h) Schneidebretter sind ja nicht durchlässig, so dass der Untergrund, also das, was unter den Schneidebrettern ist, keine Rolle spielt. i) Die getrockneten Saucenspritzer am magnetischen Messerhalter sind harmlos, sie sollten die mit einem Tuch wegwischen. j) Abgewaschenes Geschirr, welches "manchmal tagelang offen auf der Abtropffläche, keinen Meter von der Sammelfläche mit dem schutzigen Geschirr entfernt (Spülbecken dazwischen) lag, stellt keine größere Gefahr dar, wenn es nicht in unmittelbarer Nähe mit Speisen oder sogar mit diesen in Berührung kommen. Da Sie versprechen, sich "nun größte Mühe zu geben, alle diese Fehler künftig nicht mehr zu machen", sehe der Zukunft zuversichtlich entgegen... Zwar kann ich Ihre Mutter teilweise verstehen, aber "Flugbakterien" gibt es nicht. Ohne anhaltenden Kontakt mit einer verschmutzten Fläche oder einem benutztem Geschirr/Besteck, gibt es keine Infektionsgefahr. Auch der Ausdruck "Bakterienschleuder" ist nicht ganz richtig - aber das müssen Sie Ihrer Mutter bitte nicht sagen, sonst verbietet sie jegliche Kommunikation mit Leuten wie mir... Schnupfen liegt in den allermeisten Faällen auf Infektionen mit Viren. Dafür spricht in Ihrem Fall auch, dass viele Arbeitskolleginnen und kollegen auf ihrer  betrieblichen Weihnachtsfeier erkrankt waren. Listerien verursachen keine Epidemien, sie befallen Menschen mit normaler Immunabwehr eigentlich nicht. 1. Ihr Risiko, sich mit Listeriose / Toxoplasmose infiziert zu haben, halte ich nicht für erhöht. 2. Wenn es Ihnen bis auf den o.g. Infekt sonst gut ging, gibt es keine anderen schädlichen Erregern, die Sie befürchten müssten. 3. Listerien können überall vorkommen, also auch "auf dem dreckigen Geschirr / den nicht gewischten Arbeitsflächen". Aber ohne verlängerten, massiven Kontakt, findet keine Infektion statt. Außerdem müssten Sie Speisen aus dem dreckigen Geschirr bzw. von der nicht abgewischen Arbeitsfläche direkt gegessen haben. "Über die Luft" werden diese Keime nicht übertragen, es sind Lebensmittelinfetionen. 4. Ich sehe keinen Grund, "eine etwaige Listeriose-Infektion möglichst sicher abklären zu lassen". Das ist nicht einfach und auch nicht 100%-ig sicher. Soll nur durchgeführt werden, wenn ein dringender Verdacht besteht. Das ist bei Ihnen nicht der Fall. 5. Selbstverständlich ist es ein sehr gutes Zeichen, wenn das  Ersttrimesterscreening unauffällig war. 6. Was ich Ihnen mir in Ihrer Situation rate ? Nun, alles was Sie unternommen haben, ist richtig. Wenn Ihre Mutter Ihnen ab und zu die Leviten liest und Sie sich das zu Herzen nehmen, werden Sie eine wunderbare Schwangerschaft haben!!! 


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