Charlie13LM
Sehr geehrter Herr Dr. Lohr, meine Tochter ist in die 3. Klasse gekommen und dort das jüngste Kind. Sie ist aufgeschlossen und fügt sich gut in die Gemeinschaft ein. Lediglich in neuen Situationen mit unbekannten Menschen ist Sie etwas schüchtern. In der Schule kommt sie sehr gut mit, so dass wir eigentlich keinen Grund zur Sorge haben. Mir geht es nun um folgendes. Es steht nächste Woche die Wahl zum Klassensprecher an. Im letzten Jahr wollte meine Tochter bereits Klassensprecherin werden. Sie hat jedoch nur zwei Stimmen bekommen (ihre und die eines anderen Kindes). Es gab noch einige andere Bewerber, wobei ein Mädchen fast alle Stimmen bekommen hat. Letztes Jahr war sie dann sehr traurig und enttäuscht, dass sie nicht gewählt worden ist. Dieses Mal wird es wohl wieder so ausgehen. Ich möchte ihr gerne eine neuerliche Enttäuschung ersparen und habe vorsichtig gefragt, ob sie sich wirklich bewerben möchte. Ja, möchte sie unbedingt. Nun meine Frage, sollte hier seitens der Eltern überhaupt Einfluss genommen werden? Oder ist es für die Entwicklung besser alles laufen zu lassen und im Nachgang zu trösten? Am liebsten würde ich sie davon abbringen, sich zu bewerben. Ich denke, sie ist dafür einfach nicht der Typ. Sie ist ein beliebtes Mädchen, aber steht eben nicht in erster Reihe. Können Sie mir einen Rat geben? Vielen Dank im Voraus. C.
Dr. med. Ludger Nohr
Hallo, ich kann Ihre Frage sehr gut verstehen, man fühlt sich fast schon selbst in der Situation der Enttäuschung. Ich finde es toll, dass Ihre Tochter sich wieder traut zu kandidieren, auch wenn die Aussichten so unsicher sind. Wenn Sie diese Haltung (Mut und schwierige Situation) spürbar machen, ist es viel leichter, von Ihnen nachher (wenn nötig) auch Trost anzunehmen. Sonst klingt es eher so wie "hab ich dir doch vorher schon gesagt". Wir müssen unsere Kinder auch bei diesen Momenten stärkend begleiten (d.h. nicht, sie in jede Falle laufen zu lassen), unser Zutrauen und unsere Anerkennung sichtbar machen, dann ist die Enttäuschung leichter zu verdauen. Dr.Ludger Nohr
cube
Bei uns in der Klasse (auch 3.) sind es genau nicht mehr die Kinder aus der "1. Reihe" - also die vorwitzigen, lauten, anführenden. Es sind die beiden Stilleren geworden, die zwar nicht die Superstars sind bzw. Spaßfaktor, aber dafür gut reden können und ernsthaft an Dingen dran bleiben. Das war in der 2. noch anders. Ich würde also mal abwarten. Auch Klassensprecherwahlen sind ein Lernprozess für die ganze Klasse - eben festzustellen, der der lustige, vorlaute Jan und die superbeliebte, aber launische Ella eben doch nicht so super dafür einstehen kann, was die Klasse über sie gerne regeln möchte. Und deinem Kind würde ich auch nicht abraten. Im Grunde teilst du ihr damit mit, das ausgerechnet du sie eh nicht für passend hältst. Egal, wie du es formuliert - am Ende steht ja: "ich glaube, du wirst eh nicht gewählt und dann ...". Und ja, ich finde, solche Enttäuschungen wie nicht Klassensprecher zu werde, gehören zum Leben dazu. Ich würde ihr eher vermitteln, dass die tatsächliche Wertschätzung der anderen nicht davon abhängt, ob man zum Klassensprecher gewählt wird oder nicht. Es sollte ihr nicht so wichtig sein, diese Art Bestätigung zu bekommen, um sich angenommen zu fühlen. Und offensichtlich ist sie doch gut integriert.