Mumpel
Liebe Frau Henkes, vielen Dank für die Möglichkeit, hier Fragen zu stellen. Ich habe eine Frage zu meiner 6-jährigen Tochter. Sie hat in der KITA eine brisante Äußerung zu einem Mädchen gemacht, die man auch rassistisch verstehen könnte. Zur Vorgeschichte: Dieses Mädchen ist knapp 4 und ärgert und attackiert meine Tochter sehr stark (beißen, kratzen ...). Meine Tochter reagiert in der Tegel nicht körperlich, also sie haut und kratzt nicht zurück. Generell hat das Mädchen gerade eine schwierige Zeit hinter sich, sodass ich das Verhalten nicht überbewerten möchte. Aber merke natürlich, dass meine Tochter darunter leidet. Das ist mit den Erziehern auch abgestimmt. Die Situation war folgende: Meine Tochter hat mit ihrer Freundin gespielt und das Mädchen wollte mitspielen. Die zwei Freundinnen werden bedie geärgert und wollten nicht mit ihr Spielen. Daraufhin hat meine Tochter sinngemäß gesagt "Wir wollen nur mit 6 Jährigen Mädchen spielen, die eine helle Haut haben". Ich muss sagen, sie kategorisiert generell im Moment, nur mit Mädchen, nur mit 6 Jährigen Kindern, nur Kinder mit Rock usw. ... Finde ich nicht optimal, würde das aber als altersentsprechend einstufen und wir reden auch darüber, dass man niemanden ausgrenzen soll. Grundsätzlich ist es kein Problem und in der Kita oder sonst wo äußert sie auch keine Beleidigungen oder Ähnliches. Die Erzieher sagen jetzt natürlich, das wäre rassistisch. Ich persönlich bin der Meinung, dass meine Tochter die Tragweite so einer Aussage gar nicht beurteilen kann, weil man dazu historisches und aktuelles Wissen braucht, was sie definitiv nicht hat. Aber ja, die Aussage kann man rassistisch verstehen und sollte natürlich nicht sein. Im Gespräch mit mir konnte ich meine Tochter mit Hilfe zur Erkenntnis bringen, dass sie eben nicht deswegen nicht mit dem Mädchen spielen möchte, weil sie eine dunklere Haut hat, sondern weil sie wiederholt von ihr attackiert wird. Ich habe sie auch gebeten, das in Zukunft genau so zu kommunizieren. Von Seiten der Kita soll ich das Thema Hautfarbe ansprechen, was ich wenig sinnvoll finde. Natürlich werde ich sowieso nochmal das Thema Diversität mit ihr besprechen, aber finde dass meine Tochter das zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht verstehen kann und vor allem nicht in Bezug auf die vorgefallene Situation. Hätte das Mädchen einen grünen Pulli angehabt, hätte sie gesagt "nur mit Kindern, die keinen grünen Pulli haben". Wie sehen sie das? Macht es Sinn, das Thema Hautfarbe konkret im Zusammenhang mit der Situation anzusprechen? Sie spielt sonst mit allen Kindern, unabhängig von Haut- und Haarfarbe, Sprache usw. - ich denke, das war in erster Linie ein blöder Zufall, dass sie diese "Eigenschaft" gewählt hat. Vielen Dank für das Lesen des Textes und für Ihre Antwort!
Guten Tag, ich kann Ihre Bedenken bezüglich der Aufforderung des Kigas gut verstehen. Das Thema Diversität ist wichtig. Gerade bei jüngeren Kindern kann aber eine starke Tabuisierung zum gegenteiligen Effekt führen. Ein Kind spürt sehr gut, wenn es mit einer Bemerkung Erwachsene in helle Aufregung versetzt. Das verleiht dem Kind eine gewisse Macht und kann dazu verlocken, diese Bemerkung wegen des erzielten Effekts zu wiederholen. Mit Rassismus hätte das z.B. bei Ihrer Tochter dann gar nichts zu tun. Ich verstehe die Situation so, dass Ihre Tochter ihre Wut auf das Mädchen nicht mit einer körperlichen Aggression abgewehrt hat, sondern durch ausgrenzende Worte. Ich finde dieses Verhalten Ihrer Tochter verständlich. Sie ist den Aggressionen des anderen Mädchens ausgesetzt, hat aber schon gelernt, dass sie nicht zurückschlagen soll. Sie muss aber irgendwie mit Ihrer Wut zurechtkommen und hat zum Wort als Waffe gegriffen. Möglicherweise hilft es Ihrer Tochter, wenn sie mit Ihrer Hilfe erkennen könnte, dass das Mädchen vermutlich weniger aggressiv zu ihr wäre, wenn es ins Spiel einbezogen würde. Die Forderung der Erzieher/innen an Sie hören sich ein wenig wie Hausaufgaben für Sie an. Das erscheint mir nicht angebracht. Sie erziehen Ihre Tochter gewiss nach Vorstellungen, in denen Rassismus keinen Platz hat und vermitteln ihr ein diverses Menschenbild. Das sollte genügen. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes
luvi
Hallo, Ich hoffe, es ist für dich in Ordnung, wenn ich hier ebenfalls antworte. Ich würde die Thematik bei meinem Kind aufgreifen. Nicht mit der Betonung "rassistische Äußerung", sondern das viel allgemeiner halten. Ich finde das Thema "Ausgrenzung" hier viel bedeutsamer. Egal, ob es ein grüner Pulli ist, eine bestimmte Hautfarbe, das Alter der Kinder, Rock oder Hose... Nm nichts davon sollte ein Kriterium sein, warum dein Kind nicht mit anderen spielen möchte. Ich finde, dass deine Tochter dem Mädchen den wirklichen Grund hätte nennen sollen, warum sie nicht mit ihr spielen möchte, sondern Gründe heranzieht, die so allgemein ausgrenzend sind. Das alles solltest aber nicht nur du mit deiner Tochter besprechen, sondern auch der Kindergarten aufgreifen. Aber nicht deine Tochter als die Böse hinstellen, sondern z.B. ein Bilderbuch zu dieser Thematik lesen, und vor allem das Buch dann besprechen. LG luvi
Mumpel
Ja, genau das habe ich ja schon gemacht. Ich Es ist ja wie geschrieben, sonst auch kein Problem. Wenn sie z.B. zu ihrem Bruder sagt "nur 6 Jährige Kinder dürfen mitmachen", dann rede ich in der Situation auch mit ihr darüber. Aber jetzt rückwirkend ist das nicht so einfach und meiner Meinung nach nicht zielführend. Zudem finde ich es auch völlig ok, dass sie nicht mit dem Mädchen spielen wollen und wollten - nur dann soll sie es eben auch konkret sagen. Das "Problem" mit dem Kategorisieren hat aber nicht nur sie. Ich denke, die Kinder stellen einfach Regeln auf, die ihnen logisch erscheinen. Das gehört ja zur Entwicklung auch dazu.
luvi
Noch mal ich: Wahrscheinlich war es Zufall, dass sie diese Eigenschaft gewählt hat. Ich finde aber trotzdem, dass das Thema bearbeitet werden soll, und zwar vor allem im Kindergarten. Weniger aufgrund der Hautfarbe, sondern wegen der Ausgrenzung aufgrund bestimmter Merkmale. Das Thema betrifft nicht nur deine Tochter, sondern alle. Einteilen in Kategorien ist okay, aber nicht die Ausgrenzung aufgrund der Merkmale. Sie können ja eine neue Gemeinsamkeit finden. (schaut mal, wir haben alle lange Hosen an, Hautfarbe, Pullis usw. sind unterschiedlich, aber wir haben was verbindendes). Wie wäre es für dich, wenn deine Tochter weinend heim kommt, weil sie nicht mitspielen durfte, weil sie den megateuren rosa Glitzer-Pulli der Marke xy nicht hat? Oder wenn sie nicht mitspielen darf, weil sie eine Brille trägt? Meinst du, es wäre für den Kindergarten okay, wenn dein Kind nicht mitspielen darf, weil es eine Brille trägt? Ich finde, es ist kein Thema, das man nur wegen Rassismus thematisieren muss. LG luvi
Mumpel
Ich glaube, wir reden aneinander vorbei! Es ist völlig normal, dass Kinder kategorisieren und solche Regeln aufstellen. Zum Beispiel sagt meine Tochter auch "nur noch organge-farbenes Gemüse" - das betrifft gerade mehrere Lebensbereiche. Desweiteren gibt es ja in der Kita auch "Ausgrenzungsregeln", zum Beispiel kleine Gruppe/große Gruppe/Vorschule, was ja auch einfach eine sinnvolle Einteilung ist. Genauso auch zu Hause: Spiele ab 4 oder 6 Jahren - steht ja auch auf der Packung. Die Kinder lernen das ja erst und dann muss man es kindgerecht aufarbeiten. Der Punkt ist ja: Hätte meine Tochter gesagt "keine Kinder mit grünem Pulli" - dann wäre das ja von Seiten der Erzieher auch gar keine Erwähnung wert gewesen. Dann wäre das in der Kita in der Situation mit den Kindern zusammen geklärt und besprochen worden und das war's. Das war du schreibst, ist ja alles richtig. Aber eben nicht meine Frage. Ich trage selber eine Brille, meine Mutter hat Krebs (ergo keine Haare), mein Vater hat nen GdB von 100 (starke Demenz), ich selber einen GdB von 30 und und und ... Inklusion ist bei uns eigentlich (k)ein Thema.
Mumpel
Guck mal, die ersten beiden Passagen sind aus meinem Ausgangs-Post, die dritte aus meinem zweiten Post. Im Wesentlichen das, was du auch vorschlägst. - "Ich muss sagen, sie kategorisiert generell im Moment, nur mit Mädchen, nur mit 6 Jährigen Kindern, nur Kinder mit Rock usw. ... Finde ich nicht optimal, würde das aber als altersentsprechend einstufen und wir reden auch darüber, dass man niemanden ausgrenzen soll." - "Im Gespräch mit mir konnte ich meine Tochter mit Hilfe zur Erkenntnis bringen, dass sie eben nicht deswegen nicht mit dem Mädchen spielen möchte, weil sie eine dunklere Haut hat, sondern weil sie wiederholt von ihr attackiert wird. Ich habe sie auch gebeten, das in Zukunft genau so zu kommunizieren." - "Wenn sie z.B. zu ihrem Bruder sagt "nur 6 Jährige Kinder dürfen mitmachen", dann rede ich in der Situation auch mit ihr darüber."
luvi
Wir reden wirklich wahrscheinlich aneinander vorbei. Ich finde, dass der Kindergarten mehr darauf achten soll, dass nicht dauernd kategorisiert und deshalb ausgegrenzt wird. Und wenn der Kindergarten eine Ausgrenzung generell okay findet, und sich nun nur darüber aufregt, weil es eine Ausgrenzung aufgrund der Hautfarbe war, finde ich das sehr fragwürdig. Ich finde es gut, dass ihr das Thema zu Hause aufgreift. Ich habe gelesen, dass ihr das macht. Mir geht es allerdings nicht weit genug. Es wirkt so, als ob es für dich und den Kindergarten okay wäre aufgrund eines falschen Pullis, der Haarfarbe etc. ausgeschlossen zu werden, nur die Hautfarbe darf vom Kindergarten aus nicht Ausschlusskriterium sein. Alles andere ist egal und gehört zur Entwicklung dazu. Aber verletztend ist es trotzdem. Ansonsten würde ich das Thema bei deiner Tochter nur weiter vertiefen, wenn sich Äußerungen dieser Art häufen. Ansonsten allgemein halten. LG luvi
Mumpel
Tut mir leid, ich weiß ehrlich nicht, was du liest oder nicht liest. Ich sage ja, wenn sie das mit dem Pulli gesagt hätte, dann hätten die Erzieher das in der Situation in der Kita geklärt - was ist denn daran nicht in Ordnung? Da hätte es dann kein extra Gespräch mit mir gegeben. Das heißt ja nicht, dass wir das in Ordnung finden. Das ist ein ganz normales Kinderverhalten in dem Alter, dass sie sich abgrenzen (wollen). Das ist normaler Kita-Alltag und wird sicher täglich von den Erziehern lösungsorientiert moderiert - wie viele andere Konfliktisuationen, Kloppereien usw. eben auch. Es wird ja erst an die Eltern herangetragen, wenn sich aus der Situation ein Problem ergeben hätte oder könnte oder wenn es über das übliche Maß hinausgeht. Ich denke, das ist jetzt hier abschließend diskutiert. Liebe Grüße!