Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Ludger Nohr:

Einschlafritual

Dr. med. Ludger Nohr

Dr. med. Ludger Nohr
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Frage: Einschlafritual

EAA20

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Nohr, unsere Tochter ist 9,5 Monate alt. Zur Zeit schläft sie nachts von ca. 19.00 - 5.00 Uhr durch. Tagsüber zwei Schläfchen, je 1 - 2 Stündchen. Allerdings schläft sie nur bei Bewegung ein, wenn ich (oder mein Mann) mit ihr auf dem Gymnastikball wippen. Das machen wir ehrlich gesagt schon seit ihrem 3. Lebensmonat so. Tagsüber kann ich sie nicht ablegen, da sie sonst entweder direkt wach wird oder nur eine halbe Stunde schläft. Zur Nacht kann ich sie ablegen, in ihr Beistellbett oder zu uns ins Familienbett. Frage : Ist es sehr nachteilig für ihr Einschlafverhalten, dass wir es so lange schon über den Ball handhaben bzw. dass ich sie nicht ablegen kann. Ich kuschel so gern mit ihr! Vor etwa 3 Monaten haben wir dann ein Ritual abends eingeführt : Sie liegt nackig im warmen Zimmer auf dem Boden, ein kleines Spielzeug ohne Licht und Geräusche. Ich creme sie sanft ein und singe beim anziehen. Dann legen mein Mann und ich uns ins Bett neben sie. Ich singe, halte den Schnuller oder berühre sie am Bauch. Das klappte wunderbar für mehrere Wochen. Seit erwa 4 Wochen ist es schier unmöglich. Sie schreit entweder oder rollt sich auf den Bauch, quiekt und wird wieder munter. Auch, wenn sie vorher schon entspannt war. Dann haben wir letztendlich wieder auf den Ball zurück gegriffen. Frage : Ist das einfach pure Inkonsequenz unsererseits ? Oder braucht sie die intensive Nähe? Sie hat enorm viel gelernt in letzter Zeit. Krabbeln, sitzen, neues Essen etc.


Hallo, wie Sie sehen, ändern sich die Wünsche und Bedürfnisse der Kinder in einer Lebensphase, die von schnellen Entwicklungsschritten geprägt ist. Rituale haben da eine strukturierende und dadurch auch beruhigende Wirkung, aber es gibt immer wieder Veränderungsnotwendigkeiten. Es scheint so zu sein, dass Ihr Kind zwar an der Veränderung interressiert war, dann aber wieder das Bewegungsbedürfnis als Beruhigungsweg überwog. Eigentlich möchte ich damit sagen, dass man ruhig akzeptieren kann, wenn die Kinder eigene/neue Wege brauchen (s.a. Text zum Schlaf auf dieser Seite), da sollte man flexibel sein. Allerdings geht es an dieser Stelle mehr um die Bedürfnisse der Kinder, eigene ("ich kuschele so gerne") sollten denen des Kindes nachgeordnet sein. Die Kinder zeigen eigentlich recht deutlich was nicht geht und wenn man dem folgt, kann man eher Lösungsformen finden, die für alle akzeptabel sind. Dr.Ludger Nohr


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