Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Ludger Nohr:

Auswirkungen Klinikaufenthalt

Dr. med. Ludger Nohr

Dr. med. Ludger Nohr
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Frage: Auswirkungen Klinikaufenthalt

Mi_mi_2017

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Hallo Herr Dr. Nohr, mein Baby ist 14 Monate alt und mich beschäftigt folgende Frage. Kann sich ein Aufenthalt auf der Intensivstation nach der Geburt traumatisch auf die Psyche eines Babys auswirken? Mein Baby wurde natürlich geboren, Bonding erfolgte unmittelbar danach, aber anschließend verbrachte es aufgrund von Anpassungsschwierigkeiten und weiteren Komplikationen die ersten 10 Tage nach der Geburt auf der Intensivstation. Nach der Entlassung konnte ich es voll stillen, ich bin immer sofort auf die Bedürfnisse meines Babys eingegangen, es hat gefremdelt und es braucht bis heute sehr viel Nähe, insbesondere beim Schlafen. Es ist ein sehr fröhliches, neugieriges, ich würde sagen, einfach ein glückliches Kind. Es fängt nur sofort herzzerreißend an zu weinen, wenn ich mich entfernen möchte. Vor allem wenn wir irgendwo zu Besuch sind, selbst wenn der Papa es ablenken möchte (Papa sehr engagiert, auch sehr gute Bindung). Andere empfinden es als extrem, wie sehr es an mir hängt, ich darf eben nicht "sichtbar" den Raum verlassen. Mich interessiert, ob es einfach der Charakterzug, das Temperament o. Ä. ist oder ob tatsächlich der Klinikaufenthalt ursächlich sein könnte (Verlustängste?). Man wird es sicher nie genau sagen könnte, aber rein theoretisch? Vielen Dank für Ihre Einschätzung! Mimi


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Liebe Mimi, "rein theoretisch" kann sich diese Intensiv-Erfahrung ausgewirkt haben, ich halte das sogar für wahrscheinlich. Aber da Sie in der Folgezeit sehr an der Bindung arbeiten konnten, gerät diese Erfahrung mehr und mehr in den Hintergrund. Aber es bleibt ein Teil der Geschichte. Wir sollten aber nicht versuchen, bestimmte Verhaltensweisen einzelnen Erfahrungen zuzuordnen, dazu ist die Entwicklung zu komplex. Es könnte damit in Verbindung stehen, dass Ihre Tochter so heftig auf Trennung reagiert, das ist aber ziemlich egal. Sie müssen auf die reale Situation reagieren, bis eine ausreichende Sicherheit (Fachwort: Objektkonstanz) entwickelt ist, dass die nicht sichtbare Mutter trotzdem nicht für immer weg ist. Das dauert bei Kindern unterschiedlich lang, aus den unterschiedlichsten Gründen. Weiter viel Spaß mit Ihrem Kind. Dr.Ludger Nohr


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