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Menschen mit Sozialismushintergrund

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Menschen mit Sozialismushintergrund

Kleine Fee

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... ist das der politisch korrekte Begriff für Ossi? Egal. Die Zeit hat zwei Artikel eingestellt, über die ich länger nachgedacht habe. Im ersten schreibt eine ostdeutsche Mutter über ihre Gedanken darüber, wie sie ihren Kindern erklärt, aus welchem Land sie kommt. Darf man auch in einer Diktatur eine glückliche Kindheit gehabt haben? Verzerrt man damit das Geschichtsverständnis der Kinder? Der zweite Artikel lässt Kinder ostdeutscher Eltern zu Wort kommen. Besonders beeindruckt hat mich eine Aussage, wonach das Kind einschätzt, dass es wichtiger für die Eltern sei über die DDR zu reden als für das Kind darüber zu hören. Die Eltern wollen verstanden werden. Sehr reflektiert für eine 17jährige. Trifft es ziemlich gut. Ich weise mein Kind immer daraufhin, wenn wir eine ehemalige innerdeutsche Grenze passieren. Es ist für mich jedes Mal wieder eine Art erstauntes Glücksgefühl, dass das möglich ist. Mein Kind ist eher unbeeindruckt. Wenn ich darüber nachdenke, hat mich die Kindheit in der DDR-Zeit auch nicht so sehr geprägt, wie die Jugend in der Wendezeit mit all der Unsicherheit in jedem Lebensbereich und dazu völlig ratlosen Eltern. Seitdem plane ich mein Leben mit Netz und doppelten Boden, obwohl ich natürlich weiß, dass es Sicherheit nicht wirklich gibt. Und ja, es ist für mich wichtiger darüber zu sprechen als für mein Kind so was zu hören. Kennt ihr solche Gedanken auch?


Leewja

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Antwort auf Beitrag von Kleine Fee

da muss ich drüber nachdenken, kann man die artikel online lesen?


CarWi

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Antwort auf Beitrag von Leewja

Zeit.de DDR suchen Dann erscheinen 2Artkel, die gemeint sein könnten Ich finde es auch ein höchst interessantes Thema, da ich auch ein Ossi bin. Ich werde nun mal lesen gehen... LG Carmen


Kleine Fee

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Antwort auf Beitrag von Leewja

http://www.zeit.de/2014/02/kindern-die-ddr-erklaeren und http://www.zeit.de/2014/02/ddr-kinderwissen


DK-Ursel

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Antwort auf Beitrag von Kleine Fee

Hej ! Ja, ich kenne solche Gedanken auch. Allerdings eine Generation oder zwei weiter zurück. Es war eben der Generation meiner Mutter wichtig, über Krieg, Flucht und Vertreibung zu reden - und wir hatten irgendwann genug oder noch schlimmer, mancher junge Mensch damals dachet eben: "Was soll das Gejammer, IHR habt den Krieg ja angefangen!" So ähnlich habe ich es iAnfang der 80er mal erlebt, als ich im Krankenhaus lag und eine alte Dame aus Riga (Deutsche) erzählte, wie sie geflüchtet seien, wie sie vergewaltigt wurde undundund. Der junge Arzt, der Ihr ein zwar behutsames, aber doch abwürgendes: "naja, vergessen Sie ber nicht, wir Deutschen .." lebte ganz im Zeitgeist - aber es tat natürlich den Betroffenen weh. Sie verstummte auf der Stelle. Und wenn ich daran denke, daß jede kleine Krise über eine Autobeule durch Gespräche therapiert wird --- oder ernsthafter gesagt: wie ehr heute auf die Hheilung durch Gesprächstherapien gesetzt wird, dann schäme ich mich sehr, einer Generation angehört zu haben, die die ausgebombten, geflüchteten, geschundenen Menschen zum Schweigen verdonnert haben. Reden über Leiden durften nur die von den Nazis Verfolgten - und das war und daß sie das durften und taten, ist richtig und wichtig so! Es mindert aber nicht das Leid derer, die aus dem Osten gefüchtet waren und dabei fast ihr eigenes Leben, oft aber auch nahe Angehörige verloren haben, die die Bombennächte in Dresden oder Hamburg oder miterlebt haben (neulich erst sah ich einen Bericht über heute natürlich alte Menschen, die ihr Leben lang nicht in Keller, Tunnel, U-Bahn-Schächte etc-. gehen konnten, es kam heraus, daß sie unbewußte Kindheitserinnerungen an die Bombennächte in den Kellern und Bunkern mit sich trugen) undundund. Und die oft auch nicht glühende Nazis waren, sondern eben kleine Leute. Ja, Reden ist wichtig - und genauso wichtig ist, daß wir zuhören. Denn es kann auch helfen, die andere Generation zu verstehen - meine Geschichtslehrerin, die beim Einmarsch der Russen in Prag, um den Prager Frühling niederuzshclagen, Angst hatte, die Russen würden weitermarschieren. Der einen alten Herrn, der sehr besorgt auf den Eingriff der Natop in Ex-Jugoslawien schaute,weil auch da der krieg plötzilch wieder bedrohlich näherrückte - und ER wußte, was Krieg bedeutet, ganz anders als wir. Und die Furcht vor Bespitzelung, die uns Deutschen bei den Sknowdon-Veröffentlichungen erfaßt, könnten die jungen Menschen, aber auch die Dänen hier sicher besser verstehen, wenn sie zugehört hätten, wie es in den Diktaturen, die dtld. erlebt hat, wirklich war. Das Verständnis dafür, daß "Geschichte" eben von manchen auch ERLEBT wurde, fehlt in der jungen Generation oft. Insofern ist das Zitat, das Du anbringst, wirklich erstaunlich, aber vermutlich untypisch.. Ich bin den jungen Menschen nicht böse, wenn sie - wie meine i ndiesem Punkt wohl eher dänische Tochter (und wer kann irh das verübeln oder sich darüber wundern, sie ist hier aufgewachsen!) - wenn ihnen das Verständnis dafür fehlt. Das sind andere Welten. Aber aus der Geschichte KÖNNEn wir lernen - und sie ist superspannend - auch die neuste, die jüngste. rede weiter darüber, irgendwann, auch wenn es lange dauern mag, wird die junge Generation manches verstehen und anders beurteilen. Ich schaue seit einigen Jahren fast begierlich Zeitdokumentation mit Zeitzeugen aus dem 2. Weltkrieg, Nazi-Dtld., der Weimarer Republik etc. Das ist erlebte Geschichte und weckt eben Verständnis. Also - mach weiter, auch wenn Du Dich oft unverstanden fühlst - es wird kommen,das Verständnis! Gruß Ursel, DK


Strudelteigteilchen

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Antwort auf Beitrag von Kleine Fee

Okay, vielleicht die Frage, ob man in einer Diktatur eine glückliche Kindheit gehabt haben darf. Aber sonst ist das mMn ein durchaus allgemeines "Problem". Das Land, in dem ich aufgewachsen bin, gibt es auch nicht mehr und es fällt mir schwer, meinen Kindern dieses Land zu erklären. Das ist das Land, in dem Fernsehsender drei Programme und Telefone eine Wählscheibe hatten. An fast jeder Ecke stand eine Telefonzelle und wenn die Saudis den Öhlhahn zudrehten, gab es einen autofreien Sonntag. Familien besaßen ein einziges Auto, das hinten keine Gurte hatte. Undsoweiterundsofort. Irgendwie fände ich es schön, wenn meine Kinder dieses Land verstehen/nachvollziehen/einordnen könnten - aber das muß man wohl erlebt haben, um es zu verstehen und, vor allem, im Vergleich mit der "heutigen Jugend" einordnen zu können. Ich selber merke, daß ich das Land, aus dem meine Eltern kommen, erst langsam überhaupt beginne zu sehen - und das hat nur begrenzt mit dem Krieg zu tun, den meine Eltern (Jahrgang 1940 und 1941) auch nur ganz am Rande miterlebt haben. Mehr hat es zu tun mit Tanztees und Aussteuerkisten und solchen Dingen. Zu meinem Land gehört durchaus auch die DDR, denn ich habe in (West-)Berlin gelebt. Ich zeige meinen Kindern den ehemaligen Grenzübergang, über den ich meinen R4 schob und die Stelle, an der ich auf der Mauer stand, ich erzähle vom Tränenpalast und vom Kollegen, der jedes Wochenende nach Ostberlin zum saufen fuhr, weil es dort billiger war. Meine Kinder interessiert das durchaus - wenn auch weniger, als ich es mir wünschen würde - aber ich versuche, kein Verständnis zu erwarten. Sie lernen ja gerade, sich im Land der Gegenwart zurechtzufinden - warum sollen sie sich mit dem Land der Vergangenheit beschäftigen?


Mitglied inaktiv

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Antwort auf Beitrag von Strudelteigteilchen

Mein Vater hatte in Ostpreußen eine sehr glückliche Kindheit (er war 10, als sie fliehen mussten) und hat immer viel erzählt, genau wie meine Mutter von ihrer Kindheit. Dass gleichzeitig viel geschichtliche und politische Info vermittelt wurde, hat mir nichts geschadet, im Gegenteil. Es ist sicher leichter, über eine Kindheit unter gleich welchem Regime zu sprechen oder über ein Leben im Widerstand als über ein vielleicht erfolgreiches, angepasstes oder mitläuferhaftes Leben als Erwachsener unter einem solchen Regime, da gehört schon viel Einsicht und Mut dazu, zuzugeben, dass man dem nachgelaufen ist...


Pamo

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Ich bin fest davon überzeugt, dass man überall und auch im fiesesten Brutalo-System eine schöne Kindheit gehabt haben darf. Um so besser, wenn das klappt! Wer will mir das Recht dazu absprechen? Und warum sollte er das tun?


bärenmama1981

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Antwort auf Beitrag von Pamo

Meine Uroma ist damals aus Breslau geflüchetet und eins ihrer Töchter ist auf der Flucht erfroren, sie hat sehr oft darüber geredet und auch mit dem Hintergrund dass Uropa nie aus dem Krieg zurück kam und sie nicht wusste was passiert ist. Keine Ahnung warum aber ich habe mich Anfang 2003 auf die Suche begeben und habe sein Grab über die Kriegsgräberfürsorge tatsächlich ausfindig gemacht. Es hat ewig gedauert aber ich konnte es ihr mit Bildern noch zeigen bis sie uns am 23.11.2003 verlassen hat, ich glaube es war im Oktober bis ich alles beisammen hatte. Das war der letzte klare Moment bei ihr. Sie wusste wo er geblieben ist.


Kleine Fee

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Antwort auf Beitrag von Pamo

Es geht doch nicht um das Recht auf eine schöne Kindheit, sondern darum, wie ich meinem Kind von der DDR erzähle. Die offizielle Geschichtsschreibung bewertet die DDR als Diktatur, die die Menschenrechte seiner Bürger einschränkte. Beschreibe ich meinem Kind meine Kindheit als idyllisches Bullerbü wie ich es empfand, kann mein Kind zu dem falschen Schluss kommen, dass das Leben in einer Diktatur nicht so schlimm sein kann. Muss ich bei Kindheitserinnerungen also immer all das Negative des Systems mitbesprechen, damit mein Kind kein einseitiges Bild über die DDR hat?


Pamo

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Antwort auf Beitrag von Kleine Fee

Deine Kindheit ist deine subjektive Geschichte - so wie DU es empfunden hast. Eine Beurteilung des politischen Systems muss nichts damit zu tun haben.


Butterflocke

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Antwort auf Beitrag von Pamo

"Bullerbü" hatte ich bei meinen Großeltern auf dem Lande auch teilweise.... Aber auch dort spielten politische Themen eine Rolle. Die dortigen Kindheitserinnerungen waren/sind wunderschön, aber es gibt ein "Gesamtpaket Kindheit", in das noch andere Dinge mit hineinspielen. Die zerstörerische Ehe meiner Eltern, die politische Situation..., die nicht vorhandene Meinungsfreiheit..... Hat es Dich nicht gestört, in der Schule für dumm verkauft zu werden? Hast Du nicht die "parasitären Wurzeln des Kapitalismus" vor Augen, vor denen uns Mauer und Stacheldrahtzaun "schützen"???? Haben solche Dinge keinen Würgereiz in Dir ausgelöst????


Pamo

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Antwort auf Beitrag von Butterflocke

Vorab: ich bin nicht im Sozialismus aufgewachsen. Ich sprach generell. Ich erinnere mich an Jahre meiner Kindheit, die total schön waren. Für meine Mutter waren genau diese Jahre schrecklich, u.a. aufgrund des politischen Systems. Davon habe ich nichts gemerkt, ich hatte andere Prioritäten. Und das finde ich auch gut so!


elisabeth.die.erste

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Antwort auf Beitrag von Kleine Fee

Ich zum Beispiel hatte eine wundervolle Kindheit!!! Trotz stundenlangem Anstehen nach Weintrauben und Weihnachtskugeln... So war das halt, hat uns nicht weiter bekümmert, da wir das nicht anders kannten... Und wir sprechen nie über das frühere System an sich, sondern eher über unsere gemeinsamen Erlebnisse, wie Urlaub, Klassenfahrten, Geburtstage usw.


Butterflocke

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Antwort auf Beitrag von elisabeth.die.erste

Lass uns Ossi sagen, oder ist das an irgendeiner Stelle nicht korrekt? Ich weiß nicht, ob ich eine glückliche Kindheit hatte...und ich weiß auch nicht, woran das Glücklichsein oder NICHT Glücklichsein jeweils lag. Ich denke, das Regime hatte sehrwohl einen Anteil an meinem Befinden. Ich habe die Märchen im Geschichts- sowie Staatsbürgerkunde (hieß der so??)- Unterricht realisiert...;ich wusste, was ich in der Schule oder in der "Öffentlichkeit" sagen durfte und was nicht.....; ich konnte in der Naivität einer 7-Jährigen nicht verstehen, dass man ein ganzes Volk einsperren "durfte" und: "dass uns niemand hilft"....; ich habe meine Flucht schon in der Grundschule geplant, in dem ich den Halbbruder meiner Halbschwester um Heirat bat (ich sammelte damals "Westgeld", um ihn dafür auch zu bezahlen)....usw.... Vor der Grenzöffnung kam dann die Flucht und der Aufenthalt in verschiedenen Auffanglagern. Wie alt war ich....16 glaub ich. Schön ist anders. So, wie ich dadurch geprägt wurde, wurden andere Kinder von anderen Umständen geprägt. Umstände, die sich im Laufe der Zeit eben meist ändern und von denen die eigenen Kinder weit entfernt sind. Dennoch halte ich die Umstände in der DDR für außergewöhnlich und würde sie nicht mit einer "normalen" Kindheit in Westdeutschland vergleichen. Seine Meinung nicht frei äußern zu dürfen, weil man Angst hat, dass die Mutter, die trotz des Lehrerberufes NICHT in der Partei war, ihren Job verlieren könnte..., halte ich nicht für "normal". Angst haben zu müssen, dass der Vater, der beruflich ins Ausland reisen durfte (da er Familie als Pfand hatte), nicht mehr einreisen darf, weil man "staatsfeindliche" Äußerungen tätigte, halte ich auch nicht für "normal". Aufpassen zu müssen, was man am Telefon sagt, da alles abgehört wurde (wie später durch die Stasiakte bewiesen), halte ich auch nicht für "normal"....usw.... Es gibt schlimmere Umstände, unter denen Kinder aufwachsen müssen, aber bleiben wir mal in Deutschland UND in einem gewissen Zeitfenster. Ob ich nun darüber reden möchte oder "muss", ist mir gar nicht so bewusst. Ich werde es sicherlich tun, in dem Bewusstsein, dass meine Kinder es mit einem ähnlich mittelmäßigen Interesse aufnehmen werden wie ich damals die Kriegserzählungen meines Vaters (Jahrgang 1923). Natürlich habe ich auch schöne Kindheitserinnerungen - aber klar!!! DAS aber, was ich mit dem politischen Hintergrund in Zusammenhang bringe, empfinde ich noch heute als nicht schön..........


Pamo

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Antwort auf Beitrag von Butterflocke

Bei dir ist es offenbar untrennbar, das ehrt dich, du scheinst viel bereits als Kind kapiert zu haben. Bei anderen war es vielleicht anders, bei Kindern im gleichen Ort womöglich? Doch die Frage war doch, ob man eine schöne Kindheit haben DARF. Wenn man also die Gnade der Ignoranz hatte - darf man das als Kind? Ich sage JA.


Leewja

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Antwort auf Beitrag von Butterflocke

du bist zeitzeugin dessen, was ich zwar auch, aber auf der anderen seite, deutlich ignoranter und in sicherheit und freiheit miterlebt habe und ich finde es faszinierend, wenn menschen davon erzählen. Ich denke, die eigenen kinder sind nicht die, die dann brennendes interesse haben (zu nah dran? zeitlich wie auch emotional? keine ahnung), aber die enkel...ich hab die geschichten meiner großmutter immer irre spannend gefunden und besonders, als sie gegen ende ihres lebens auch mal die schattenseiten ehrlich zugegeben hat, ansonsten war es auch so ein bisschen verbrämt und schöngeredet.... ich denke schon, dass man von den schönen seiten seiner kindheit erzählen darf, wenn die kindheit unbelastet und bullerbüig war, dann war sie eben so. die kinder werden schon irgendwann sagen "Ja, aber: das war doch die DDR, hast du davon denn gar nichts mitbekommen?"---dann muss man ehrlicherweise 8wenn es denn so war) sagen: nein, ahbe ich nicht, wir lebten in einem kokon, in dem die miesen unds chlimmen dinge, jedenfalls in meinen kinderuagen nicht vorkamen. ddamit redet man ja nicht die gefahren und schlechtigkeiten weg, aber man kann sich doch nun auch keine "leidensgeschichte" aus den fingern saugn, wenn mans ie nun mal nicht erlebt hat.... dass man kritisch hinterfragt, auch die negativen seiten erwähnt....das sit doch klar und ergibt sich doch auch. "Wir hatten nie das gefühl bespitzelt zu werden, aber natürlich gab es die stasi und ich kenne geschichten von blablabla...


DK-Ursel

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Antwort auf Beitrag von Butterflocke

Hej nochmal! Burtterflocke, da trifft Du sicher einen wichtigen Kern: Nur haben nicht alle Menschen das ebenso schlimm/nicht-schlimm erfahren und dann auch noch so empfunden. Jeder leidet anders - ob es nun reale Schmerzen sind oder die Einschränkungen, die man in der DDR erfuhr. Das ist die persönliche Geschichte, die Familiengeschichte und sicher auch ein Stück - ja, wie soll ich das nennen: Kritikfähigkeit, veranlagubng, Dinge zu hinterfragen etc. Warum werden manche Menschen gläubig und andere nicht? Warum empfinden manche Menschen die Ausspionierung durch die Amerikaner für schilmmer als andere? Warum erträgt der eine den Verlust einer ganzen Familie mit Edelmut, während der Mensch daneben daran zugrunde geht? Sie erleiden ein vergleichbares Schicksal. Warum sind im 3. Reich nicht alle wie Sophie Scholl und die Gruppe um sie herum aufgestanden und haben etwas getan? Sie lebten in derselben Diktatur. Warum wurden nach den 68ern nicht alle aufrüherischen Studenten RAF-Mitglieder? Sie lebten im selben Staat. Warum stört den einen die Schwiegermutter und der andere freut sich über sie? Sie leben in derselben Familie. Warum wird den einen shclecht, wenn sie sehen, wieviel Plastik ver(sch)wendet wird - und der nächste kauft bei jedem Einkauf 3 neue Tüten??? Sie leben in derselben welt, die daran zugrunde geht. Warum hat nicht die gesamte Bevökerung der DDR einen Auswanderungsantrag gestellt oder gar die Flucht erwogen/gewagt, sondern nur wenige? Sie lebten in demselben Unterdrückungsstaat. undundundundundund Eben, weil sie alle anders denken, weil wir Menschen nicht alles gleich fühlen und erleiden. Und das kann man keinem vorwerfen - wir sind un mal verschieden. Allein durch die Situation Deiner Mutter, die Du erwähnst, hast Du eine andere Sicht auf die Dinge als wenn jemand eine solche Mutter eben nicht gehabt hat. Juden erzählen die dt. Geschichte anders als Nazideutsche, Ostflüchtlinge des 2. weltkriegs haben diesen anders erlebt als die Omi in der Heide, deren einziger verlust das Erb-Silberbesteck war (weil die Engländer es klauten). Meine Kinder in DK lernen dt. Geschichte anders als deutsche Kinder in Dtld., und auch der 2. Weltkrieg steltl sich bei den Dänen anders dar als bei den deutschen oder Franzosen, Engländern, Russen...) Das ist nun mal so --- jeder urteilt aus seiner Erfahrung, aus seinem Wissen, aus seinem Leidensdruck, der eben auch noch unterschiedlich ist. Und darum darf jemand auch gern von seiner behüteten, schönen Kindheit in einem ostdeutschen "Bullerbü" sprechen. Ichdenke aber auch, daneben sollte klar gemacht) werden, daß dieses Bullerbü für manche eben nicht exisitierte, daß es für manche teuer erkauft war und daß manche darunter litten, in "Bullerbü" zu leben. Es ista ber durchaus legtim, dies anders erlebt zu haben und es auch so weiterzugeben, finde ich. Subjektives Empfinden und obvjektive kritik - Du hast es selbst auch schon ähnlich angeschnitten - können nebeneinanderliegen. Gruß Ursel, DK


Butterflocke

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Antwort auf Beitrag von DK-Ursel

Ja natürlich kann es unterschiedlich EMPFUNDEN werden. Dass aber jemand GAR nicht mit den Mißständen, der Beeinflussung, der Gehirnwäsche...in Berührung kam, kann schlichtweg nicht sein. Es sei denn, man hat blind alles geglaubt, was einem erzählt wurde. Sonderbar nur, dass auf Flüchtlinge geschossen wurde, wenn sie sich freiwillig in den bösen Kapitalismus begeben wollten. Es war eine Diktatur, ein Unrechtssystem. Eines, in dem man bis zu einem gewissen Alter auch eine schöne Kindheit haben konnte, aber natürlich. Welches Kind interessiert sich schon dafür, ob es im Urlaub an der Ostsee oder am Mittelmeer baden geht. Welches (kleine) Kind interessiert sich für politische Themen, wenn es nicht gerade um Leben und Tod geht. Wenn das unmittelbare soziale Umfeld und die familiären Strukturen es hergaben, dann wurde eben eine schöne Kindheit empfunden, warum nicht.... Zum Teil ist es bei mir nicht anders - nur eben mit Einschränkungen. Ich denke, es ist auch Vieles vom Umgang der Eltern (mit der Situation) abhängig. Meine Mutter hat sich immer dagegen gewehrt, "DER" Partei beizutreten. In ihrem Beruf eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Umso intensiver wurden wir bewacht, wie wir bereits vermuteten, aber erst anhand der Akte später auch schwarz auf weiß bestätigt bekamen. Mein Vater (Musiker) durfte nur deshalb Jobs im (kap.) Ausland annehmen, weil er uns hatte. Kollegen OHNE Familie wurde das nicht gestattet. Wäre er nicht zurück gekommen, hätten wir Ausreiseanträge noch und nöcher stellen können, die NIE genehmigt worden wären. Meine Mutter hätte ihren Job verloren, mich hätte man zur Zwangsadoption "bereitgestellt" - alles wäre erledigt gewesen. Dies zu leugnen, halte ich eben für gefährlich - auch für unser aller Zukunft! Ich denke, ab einem gewissen Alter MUSS es einen einfach beeinflusst haben. Inwiefern man nun darunter gelitten oder es einen gestört hat, sei dahingestellt. Für mich persönlich ist es nur schwer vorstellbar, dass einen die Situation GAR nicht belasten konnte.....


DK-Ursel

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Antwort auf Beitrag von DK-Ursel

Hej Pamo und alle! Als ich inden 70ern in Ostberlin einen Jugendlichen traf, war der total überzeugt davopn,d aß die Mauer berechtigt war: Er hatte seine Ausbildung in der DDR bekommen - also mußte er dafür auch was zurückzahlen und nicht "einfach abhauen". Für uns i mselben Alter damals eine schier unvorstellbare Idee, denn uns war ja erlaubt, trotz guter Ausbildung ins Ausland abzuschwirren und diese Ausbildung dann dort und dem neuen Land zukommen uz lassen. Als meine Cousine einmal gegen 4.00 orgens anrief, nur um zu fragen, ob alles in ordnung sei,w eil ichso lange nicht geschrieben hatte, war ich stocksauer ---- bis ich begriff, daß die frühe Morgenstunde nicht ihre Idee war, sondern ihrem angemeldeten telefonat eben uzgetielt war. Leider begriff ich nicht, daß dieses Telfonat auch abgehört wurde ... Und als meine Brieffreundin mir vor einigen jahren erzhlte, daß unsere unshculdigen Jung-Mädchenbriefe alle bei der Stasi kopiert und abgeheftet waren, da stauenten wir beide nicht schlecht. Sicher wußten wir beide davon, daß spioniert und bespitzelt wurde, aber was hatten 2 Mädel in der Ausbildung den nso Verwerfliches zu schreiben? Politik kam damalsbei uns fast nie vor, jede hatte soviel mit den neuen privaten Dingen in ihrem Leben zu tun und davon zu erzählen! Und daß ich meine Familie/Freunde dort nicht einfach mit meinem Mann besuchen konnte, wel er in der dän. Armee schon geheimnisträger war bzw. als solcher auch (zu hoch) eingechätzt werden konnte, so daß eine simple Panne an der Transitstrecke auf beiden seiten Verwicklungen ergeben hatte, das war blöd -- aber eben nicht lebensbestimmend. Obwohl ich durch Verwandtschaft in der DDR und Freunde dort also vieles wußte, war es uns nicht immer bewußt. Es war eben auch nicht immer, nicht für alle, vordergründig und ausschlaggebend im Leben. Auch im Krieg oder in der entehrungsreichen Nachkriegszeit gab es glückliche Zeiten, Privatzeiten eben - oder wieso aben Menschen da geheiratet, Kinderbekommen und sich ihr kleines privates Glück wie in einer Oase geschaffen? Und der eine braucht dies mehr als der andere,der seine Erfüööung darin findet, Widerstand zu leisten und sich uz whren. Wieder einmal: Wir sind eben alle verschieden gestrickt. Das geht doch schon bei privaten Dingen los: Ich ion ohne Vater aufgewachsen,der früh verstorben ist --- dennoch hatte ich trotz vieler Dinge, die nicht gut gelaufen sind, wie ich heute erkenne und für meine Kinder nicht wollte, keine schlimme Kindheit! Wer von außendrauf schaut, sieht oft erstmal die Versäumnisse, die sich aus dem Tod meines Vaters ergaben - nicht die Dinge, die ich dennoch als freudig und glücklich erlebt habe. Und was hier gilt, kan ndoch durchaus auch für den Staat gelten, in dem ich lebe. Wir schauenvon außendrauf und meinen, so hätten wir nicht leben können --- aber mittendirn sucht man sich oft dann eben sein persönliches Glück, abgelöst von den äußeren Umstädnen. Und das ist nichtnur legitim, sondern manchmal auch überlebenswichtig. Die eine wahrheit löscht die andere ja nicht aus. Ich finde eigentlich nicht viel hefährlicher als jemanden,der die Wahrheiten anderer Menschen nicht uläßt und respektiert. Der spricht den anderen nämlichab, ihr Leben anders als das des anderen gelebt und empfunden zu haben - und das geht einfach nicht. Wir haben ein Recht darauf, anders zu sein als die anderen! Gruß Ursel, DK


Pamo

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Antwort auf Beitrag von Butterflocke

Ich stimme dir ja zu, aber unter Kindheit verstehe ich ungefähr unter 12 Jahren. Mit 7 Jahren wusste ich bspw. gar nicht, was eine DDR ist oder dass Deutschland geteilt worden war. Ich dachte, dass Deutschland den USA im Zusammenhang mit der Zeitverschiebung mehrere Jahre hinterher hinkte und dass es in D schwarz/weiss ist - das leitete ich von den schwarz-weissen Fotos ab. Ich wusste auch nicht, dass meine Mutter keine Krankenversicherung hatte und auch nicht bekommen konnte - ich interessierte mich für Haustiere, ich war da harmlos und ignorant. Ich erinnere mich an die heißen Sommer und die Wassermelonenscheiben leicht gesalzen und die kleinen Kätzchen, die ich mit der Flasche groß zog. Und das finde ich auch ok so!


Butterflocke

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Antwort auf Beitrag von DK-Ursel

Wovon Du sprichst, sind zwei verschiedene Dinge. Wie jeder seine Kindheit aufgrund verschiedener Umstände empfunden hat, ist unantastbar. Warum sollte man das beurteilen - das tue ich nicht! Man darf doch aber sagen, dass man es selbst anders erlebt hat und insofern nicht 100%ig nachempfinden kann. Vor allem, und DAS halte ich für wichtig, muss und sollte man trotz der eigenen und als schön empfundenen persönlichen(!) Zeit nicht vergessen, dass in genau derselben Zeit(!) und im selben Land(!) viele schlimme Dinge geschehen sind. Dinge, die nichts mit persönlichen Schicksalen (verstorbener Vater) oder dem ganz normalen Wandel der Zeit (technische Fortschritte wie Verbannung der Wählscheibe am Telefon - wer schrubs noch gleich?) zu tun haben, sondern am Land und am Regime festzumachen sind. Und, tut mir leid, genau diese 2 Punkte hat die AP (nicht ich) in Zusammenhang gebracht: Kindheit/persönliches Leben in Zusammenhang mit genau DIESEM Regime! Darauf nahm ich Bezug..... Und Vieles hat auch nichts damit zu tun, dass wir "verschieden gestrickt" sind. Dass Flüchtlinge an der Grenze erschossen wurden, kann man nicht aufgrund des unterschiedlichen "Gestricktseins" verschieden empfinden (hoffe ich zumindest) - das ist objektiv gesehen ein Verbrechen, das man nur dann als "nicht beeinflussend" hatte empfinden können, wenn man nichts davon wusste (oder es nicht glaubte). Ich sage doch auch nicht, dass ich täglich gelitten oder in Tränen aufgelöst durch meine Kindheit gerannt bin. Wahrlich nicht!!! Es gab andere Dinge (je nach Alter), die mein Leben dominiert haben. Trotzdem, und natürlich auch ein wenig rückblickend betrachtet, hat mich die Situation schon frühzeitig belastet; mir zumindest keineswegs gefallen. Ich wollte reisen, meine Meinung sagen dürfen, nicht bevormundet werden, einfach frei sein, Verantwortung für mich übernehmen, mein Leben frei gestalten......... Ich hoffe, ich habe mich nicht wieder zu dusselig ausgedrückt. Ich merke manchmal, dass meine Worte falsch interpretiert werden.... Ich greife niemanden an, der seine Kindheit in der DDR als gänzlich(!) ungetrübt empfand. Für mich war es nur eben nicht so....


DK-Ursel

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Antwort auf Beitrag von Butterflocke

Hej Butterflocke! Doch, doch, das habe ich schon bei Dir verstanden. Und auch selber geschrieben: Das eine gab es --- und von dem anderen soltle man dann auch sprechen, beides extiert nebeneinander. Und auch die Ausgangsposterin sieht das, denn ihre ganze Fragestellung zielt doch genau DARAU aus: Darf ich von einer glücklichen Kindheit erzählen, wenn ich doch gleichzeitig um die andere Seite weiß? Also, DA sind doch beide Komponenten. Also ich denke, wir drei sid doch gar nicht weit von einander entfernt. Gruß Ursel, DK


Butterflocke

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Antwort auf Beitrag von DK-Ursel

Stimmt schon... Ja und man "darf", würde ich sagen. Wäre schlimm, wenn man nicht dürfte... Ich muss übrigens noch immer lachen, wenn ich daran denke, wie tief mein Vater die von mir heiß ersehnten Bravo- und Mädchen-Hefte in seiner überdimensionalen Unterhose von West nach Ostberlin "schmuggelte", wenn er von einem Gig kam. Mein Vater, der große, übergewichtige Kerl mit den schrecklich dicken Wollunterhosen. Ich glaub, man traute sich nicht, ihn dort zu filzen... Das Geld, das er dort verdiente, trug ich in den "Intershop". Wie es da roch und wie ich mich über ein Ü-Ei oder eine (EINE!) Hanuta freute...;-) Unglaublich....:-) Oh man...., ich bin alt...


Leena

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Antwort auf Beitrag von Butterflocke

Ich bin im Westen aufgewachsen, und mit vielen Geschichten aus der Familien-Vergangenheit. Und mit vielen Geschichten, die nicht erzählt wurden, gerade aus der DDR-Zeit, ja. Mein Großvater (väterlicherseits) erzählte von seiner Kindheit in der Kaiserzeit, er erzählte begeistert, wie er es als Junge erlebt hatte, wie sein Dorf (Stück hinter Frankfurt/Oder) elektrifiziert wurde - Stromleitungen, Anschlüsse etc. haben meinen Großvater sein Leben lang begeistert. ;-) Mein Großvater und seine Schwestern erzählten auch oft von ihrem Leben als Jugendliche in der Weimarer Republik, wobei sie weniger davon erzählt haben, als mehr miteinander darüber gesprochen haben. Meine Großtante kam jeden Sonntag zu Kaffee und Kuchen, und mein Großvater und sie sprachen dann darüber, ganz viele "weißt du noch", im Grunde... manchmal war noch eine zweite Schwester dabei (meine Großmutter, mütterlicherseits), dann gab es noch viel mehr "weißt du noch"s. Und wir waren dann sonntags immer dabei, und natürlich habe ich viel mitbekommen... gebe aber zu, welche Nachbarn da was mit wem - das hat mich lange nicht wirklich interessiert. Mein Großvater hatte mir dann das, was ihm wichtig war, aufgeschrieben und mir zur Konfirmation geschenkt, mit dem Wissen, dass ich es erst viel später lesen und begreifen würde... das hat ihm nichts ausgemacht. Mittlerweile bin ich ihm dankbar dafür. (In gewisser Weise sicherlich seine Art von "ihm war es wichtiger, zu erzählen und verstanden zu werden, als es mir wichtig war, davon zu hören"). Krieg und Vertreibung bzw. Flucht aus dem Osten war für die Generation meiner Großeltern dabei auch durchaus Thema, auch wenn da gewisse Details immer erst später und häppchenweise und nie coram publico erzählt wurden. Über seine Zeit als Soldat im 2. Weltkrieg hat mein Großvater praktisch nie geredet, und über seine Zeit als Pfarrer in einem Dorf in der DDR auch nicht viel - einzelne Bilder schon, wie er z.B. von den VoPos abgeholt wurde, um wählen gehen zu "dürfen", wobei ich das dann wieder von meiner Großmutter hörte, die da stand und zuschaute und um ihren Mann (und sicher auch sich und die Kinder) Angst hatte. Anfang der 70er Jahre sind meine Großeltern dann, nach der Pensionierung meines Großvaters, in den Westen übergesiedelt. Mein Vater hat mir oft von seinen Kindheitserinnerungen erzählt, aber im Wesentlichen waren das Erinnerungen etwa von 1943 - 1947, viel von Hunger und Kartoffeln und Flüchtlingen, die bei ihnen im Pfarrhaus untergebracht wurden und in Erde gebackene Igel aßen. Von Soldaten, die Gewehre an Bäumen zerschlugen, das hat meinen Vater offenbar besonders beeindruckt. Von Nazi-Klamotten, die umgenäht wurden, und von strammen Nazis, die belastendes Zeugs im Wald vergraben haben. Ich habe immer noch Besteck vom RAD (Reichs-Arbeits-Dienst), die andere als "zu belastend" weggeschmissen hatten und die meine Großeltern als "aber das kann man doch noch brauchen und uns verdächtigt eh keiner" wieder eingesammelt hatten. Von seiner Jugend in der frisch entstehenden DDR hat mein Vater nie viel erzählt, erst rechts nicht viel "politisches". Allerdings hat mein Vater wohl auch ziemlich viel mitbekommen und miterlebt und wurde später wegen illegalen Grenzübertritts festgenommen und Wochen später, nach Vermittlung von Wolfgang Vogel, von der BRD freigekauft wurde. Aber darüber hat mein Vater nie sprechen wollen. Mein Großvater hat mir einiges erzählt, als er mir ein antiquarisches Buch über Berliner Justizgebäude geschenkt hatte, mit einem Bild des Gerichts, in dem er damals lange gesessen und gewartet und gebangt hatte. Mein Großmutter sprach später davon, als Anfang der 90er Verbindungen von Vogel und der Stasi etc. publik wurden und er in die Kritik geriet, und meine Großmutter fand, für ihn war er einfach nur ein Held, der eben unter schwierigen Bedingungen erreicht habe, was erreichbar gewesen sei. Wir haben in den 80ern öfter die Geschwister meines Vaters in der DDR besucht, und ich habe bei unseren Besuchen genug Angst und Bedrohung mitbekommen, und vor allem Ausgeliefert- und Rechtlos-Sein. Ganz blödes Beispiel - wir fuhren bei Helmstedt über die Grenze, die DDR-Grenzer durchsuchten unser Auto, ob wir auch niemanden rausschmuggeln würden, und rissen dabei mit Kraft die Rückbank aus dem Auto. Dass die Rückbank bis dahin NICHT aufzuklappen oder rauszunehmen ging, interessierte nicht. Allein die Fahrt danach, in dem zerrupften Auto auf der wackelnden Rückbank... und der Schaden war natürlich allein UNSER Problem, klar. Andererseits erinnere ich mich aber auch an einer Jugendweihefeier, auf der wir auf etwas krummen Wegen bei Nachbarn von Bekannten von Freunden gelandet waren, und die Eltern (vor allem der Vater) des zu befeiernden Kindes war ein sehr strammer Parteisoldat. Der konnte auch problemlos und überzeugt erklären, wieso es moralisch gerechtfertigt und nur im Interesse aller war, Republikverräter beim Versuch des illegalen Grenzübertritts zu erschießen. Und - nein, für ihn waren das keine Flüchtlinge, sondern Verräter. Natürlich hat das niemand von uns auch nur ansatzweise mit ihm diskutiert hätte, um Himmels Willen. Das war mir dann auch schon klar... Aber - dieser Mann hat nicht daran gezweifelt, dass an der Grenze geschossen wurde, aber für ihn war es gerechtfertig und richtig und gut, von daher war für ihn da nichts, was er als "nicht beeinflüssend" hätte empfinden können... Andererseits habe ich aber auch gelernt, dass auch in der BRD nicht immer alles frei und ungetrübt war und man auch nicht immer seine Meinung frei sagen durfte, ohne negative Folgen tragen zu müssen. Besonders geprägt hatten mich da Erzählungen bzw. zum Teil aus offensichtlich Nicht-Erzähltes eines Lehrers von mir, der im Rahmen der 68er Bewegung auch einiges erlebt hatte. Wobei mir schon bewusst ist, dass man das auch ansatzweise nicht vergleichen kann. Dennoch war auch hier im Westen nicht alles "frei" und "gut". Aber im Grunde - Geschichte wird immer von den "Siegern" erzählt...


Kleine Fee

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Antwort auf Beitrag von Kleine Fee

Vielen Dank für die interessanten Beiträge, insbesondere von Butterflocke und DK-Ursel. Natürlich kannte ich auch als Kind die schlechten Seiten des Systems. Aber die vielen schönen (privaten) Momente überwogen und dominieren auch die Kindheitserinnerungen, die ich an mein Kind weitergebe. Der Zeit-Artikel hat mir aber klar gemacht, dass ich dem Kind ab einem bestimmten Alter auch die kritischen Dinge bewusster vermitteln muss. Im Idealfall entsteht ein Gespräch über den Gegensatz, in einer Diktatur persönliches Glück zu empfinden. Wirklich beschäftigt hat mich aber der andere Artikel mit der Aussage des Kindes, dass es für die Eltern wichtiger sei zu reden und verstanden zu werden als für das Kind zuzuhören. Liebe DK-Ursel, vielen Dank für die treffenden Parallelen zu früheren Generationen. @Ossis: Wie schon im Ausgangsposting geschrieben, fand ich die Nachwendezeit belastender und für mich rückblickend prägender. Das mag vor allem daran liegen, dass es zusammenfiel mit dem Übergang von Kindheit zur Jugend. Alles, was war - im Großen wie im Kleinen - war plötzlich vorbei. Die Zukunft ein großes Fragezeichen und die eigenen Eltern waren genauso ratlos wie man selbst. - Ging das jemanden von Euch genauso?


Butterflocke

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Antwort auf Beitrag von Kleine Fee

Oh ja, das ging mir auch so. Wir sind noch kurz vor Grenzöffnung geflüchtet und befanden uns in 3 verschiedenen "Auffang-Lagern" (Kasernen, Turnhallen, usw.). Eine kleines Zimmer in einer ehemaligen Pension (auch umfunktioniert zum Flüchtlingslager) war dann lange Zeit unser neues zu Hause. Da war ich gerade 16 und musste mir meine Kleidung aus der Altkleidersammlung zusammenstellen. Später bekam ich dann von Schulfreundinnen Klamotten vererbt bzw. geschenkt. Es gab wirklich viele liebe Menschen hier in Bayern, die uns halfen - das nur nebenbei!!! Das ging ein paar Monate so, bevor wir eine ordentliche Wohnung fanden. Auch wieder durch die Hilfe völlig fremder Menschen, die ein gutes Wort für uns einlegten und uns vertrauten. Die Vorurteile (dies nun wieder als eine negative Erinnerung) gegen die Geld kostenden (faulen, schlampigen...- ach die Liste war lang) Ossis waren leider damals groß. Es ging in manchen Lagern auch schlimm zu - das muss ich zugeben.... Nun haben sich meine Erfahrungen "nach der Wende" auf die Zeit in den alten Bundesländern beschränkt. Wir erhielten eine zeitlang staatliche Leistungen, bis meine Mutter ihr Studium hier nachgeholt hatte und mein damals bereits berenteter Vater wieder Musikunterricht gab. Dann ging es langsam bergauf.... Auch für mich war alles neu. Ich musste eine Klasse wiederholen, obwohl ich in (Ost) Berlin bereits die Aufnahmeprüfung für mein Lehrerstudium bestanden hatte (welche ein Glück, dass ich das nie angetreten habe - besonders für die Kinder;-)).... Ich musste eine Fremdsprache lernen (Bayerisch;-)) und auch sonst war alles anders..... Wir hatten/haben aber auch viele Verwandte, die in den neuen Bundesländern geblieben sind. Ich denke, dass man dort die "Nachwehen" noch länger und schmerzvoller spürt(e). Bis Heute teilweise....!


Leewja

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Antwort auf Beitrag von Butterflocke

habe ich, glaube ich, noch nie diese ganze geschichte aus der sicht eines jungen mädchens gehört....es wäre ein gutes, sehr gutes jugendbuch! meine beste freundin ist ganz ähnlich aus polen hergekommen, sie hat dann ja tatsächlich erstmal deutsch lernen müssen...krass, ich bin wirklich behütet und beschützt groß geworden...


DK-Ursel

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Antwort auf Beitrag von Butterflocke

Hej nochmal! Ja, das ist ja auch eine interessante Diksussion!!!! Natürlich unterscheiden sichdie Kindheitserlebnisse und das gefühlte Glück von den Jugenderinnerungen, diesem doppelten Aufbruch. Wenn dann sogar die Eltern - egal ob wegen Flucht oder Wiedervereinigung - plötzlich in einem neuen Gesellschaftssystem klarkommen müssen ,ist das doppelt schwer für die jungen Menschen. Oben schrieb jemand, das Land seiner Kindheit sei auch verschwunden. Nun ja, das geht uns allen so ---- und doch läßt sich das kaum damit vergleichen, daß ein ganzer Staat verschwunden ist und in der Betrachtung der anderen immer als Unrechtsstaat bezeichnet wird, obwohl die ihn meist nur von außen kannten. Wir alle, die wir mit Telefonen aufgewachsenen sind, die noch eine Drehscheibe hatten oder die noch Autos ohne Gurte kannten etc., wir haben ja die entwcklung zu den Mobiltelefonen und Gurten miterlebt. Das kam nicht ALLES von 1 Tag auf den anderen. Wir haben die Entwicklung mitgefördert und wir sehen sie als kontunierliche Entwcklung - nicht als Kehrtwende. Allein die Ausgangsfrage zeigt ja, daß es eben nichts Vergleichbares (mehr) gibt. Oder fragt sich einer von uns Wessis ernsthaft, wie wir unseren Kindern eine glückliche Kindheit erklären (können), ob wir das überhaupt dürfen, obwohl es doch noch keine Mobiltelefone oder Gurte in den Autos gab??? Also, der Vergleich hinkt sehr, wenn er überhaupt möglich ist. Butterflocke, ja, ich denke auch, daß die, die blieben, noch ganz andere Probleme hatten. Denn für die Ausreisenden, wie auch immer, war es ein Aufbruch in eine neue Welt - den haben viele Auswanderer erlebt, ich auch. Aber dort zu bleiben und doch in einem neuen Land aufzuwachen, das muß wirklich sehr verstörend sein - manchmal, egal wie sehr man vielleicht die Veränderung begrüßt. Das Lland der Kindheit verschwindet wohl für alle Menschen, denn die Welt ist noch nie stehen geblieben. Aber es macht einen Unterschied, ob es sich langsam verändert, aufbauend auf dem was war, oder ob alles, was damals war, ins Gegenteil verkehrt und sogar negativ beurteilt wird. Ich denke gerade so, daß die Kriegsgeneration nicht nur ihr Kindesland verloren hat (Hitlerdeutschland wurde ja zum Glück auch besiegt), sondern auch ihr Leid wurde nihiliert - weil sie sich diese Suppe "selbst eingebrockt hatten". Ich weiß noch, wie erleichtert ich war, als Anfang der 90er in einem Spiegel bei Freunden als Titel entdeckte, wie diese nihilierte Generation ENDLICH gefragt wurde: Wie war das eigentlich damals - auf der Flucht, im Bombenkeller, an der Fronst, in Kriegsgefangenschaft? Ohne den zeigefinger auf die Suppe - s.o. Gruß Ursel, DK


Butterflocke

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Antwort auf Beitrag von Leewja

Soll ich eins schreiben... ? Titel: "Die Unterhosen meines Vaters" Aber sag mal....solche Bücher müsste es doch geben. Es gibt doch alles; alle möglichen Filme - gute und schlechte. Jedes (gesellschaftliche ODER von hoher Anteilnahme geprägtes PRIVATE) Ereignis wird doch heutzutage gewinnbringend verwertet. Nicht? Ich erzähl dir einfach mal alles haarklein;-) Als Gegenleistung verpflichtest Du Dich, mich - das Ärzte hassende und ewig misstrauische, zweifelnde/quasi paranoide Wesen - ein Leben lang medizinisch zu beraten. Mit heldenhafter Geduld. Wär das was? PN ist sowieso mal wieder überfällig....*räusper*


Leewja

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Antwort auf Beitrag von Butterflocke

ja, das ist gar keine schlechte idee, meine schwester schreibt nämlich wirklich gut! thema und autor zusammengebrahct, prima, ich geh mit, wenn sie einen pulitzer bekommt dafür, du hast dermatologische beratung for free, meine schwester verdient viel kohle...da haben wir doch alle was von!


DK-Ursel

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Antwort auf Beitrag von Leewja

von Isolde Heyne aus den 80ern immerhin Kinder- und Jugendbücher zum Thema. Da war die "Wende" natüröich noch vollzoegen, aus dieser Zeit kenne ich leider nur noch wenig Kinder- und Jugendliterartur, aber in Bibliotheken und guten Buchhandlungen kann man da sicher fragen und beraten werden. Gruß Ursel, DK


Nomadin13

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Antwort auf Beitrag von Butterflocke

Mich interessieren Einzelschicksale/Biographien seeeehr!


mondstaub

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Antwort auf Beitrag von DK-Ursel

Ich war 16, als die Mauer fiel, bin im Osten geboren und aufgewachsen. Meine Ausbildung stand plötzlich auf der Kippe und die ganzen neuen Eindrücke waren fast zuviel für mich. Meine Kindheit war schön, was aber weniger mit dem politischen System als mit dem familiären Umfeld zusammenhing. Irgendwie habe ich manches aber bewusst oder unbewusst verdrängt, wie ich beim Lesen dieses Strangs feststellte.


Mitglied inaktiv

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Antwort auf Beitrag von mondstaub

...kann ich so auch unterschreiben, hatte selber eine schöne Kindheit, da ich überwiegend bei meiner OMa aufgewachsen bin...sie hat mir jeden Wunsch mit ihren wenigen Mitteln erfüllt. Gewisse Themen hat man in unserem Alter ( gleicher Jahrgang!!) ignoriert, dafür war man zu jung, man hat aber vieles mitbekommen, auch was man wann sagen durfte oder eben nicht. Meine beruflichen Pläne, auch die meines Mannes, waren dahin, vieles wurde abgeschafft, was jetzt teilweise wiederkommt..., an diese wendezeit erinnere ich mich intensiver.... Kontakt mit der Stasi gab es hier bewußt nicht. man konnte zwar nicht alles kaufen, musste ewig auf bestimmte Sachen warten, aber wir waren ganz normale Menschen. PS. mich hat mal eine 50zigerin gefragt, ob wir zu DDRzeiten auch Friedhöfe gehabt haben?? ?? Ich möchte wirklich nicht wissen, was bestimmte Wessis für ein Bidl von den Ossis hatten?? Höhlenmensch??


Osterhase246

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in kanada gibt's menschen, die glauben, wir haben zu DDR-Zeiten in zelten gewohnt....