Sehr geehrter Herr Dr. Paulus,
Ich habe einen Kinderwunsch. Nehme aber seit zwei Jahren die Antidpressiva Olanzapin 5 mg und Venlafaxin 200 mg. Soll ich die Dosierung herunterfahren, falls ich schwanger werde oder gegebenfalls auf das Olanzapin verzichten?
Herzlichlich Dank
Sane
von
Sane
am 20.11.2015, 14:59
Antwort auf:
Kinderwunsch mit Antidpressiva
Eine prospektiv kontrollierte Multicenterstudie berichtet von 150 Schwangerschaften unter Medikation mit Venlafaxin im I.Trimenon: Neben 7 Schwangerschaftsabbrüchen und 18 Fehlgeburten wurden 125 Neugeborene registriert. Darunter befanden sich zwei Kinder mit einer schwereren Anomalie: 1 x Hypospadie (Harnröhrenfehlmündung), 1 x Neuralrohrdefekt mit Klumpfuß. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe fanden sich keine signifikanten Unterschiede im Schwangerschaftsausgang (Einarson et al 2001).
Im Rahmen einer prospektiven Followup-Studie wurden von unserem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 1997 und 2007 100 Schwangerschaftsausgänge nach Anwendung von Venlafaxin in der Frühgravidität dokumentiert. Die Befunde wurden mit den Daten eines Kontrollkollektives (n=439) aus demselben Zeitraum verglichen, das nicht oder unproblematisch exponiert war. Unsere prospektive, kontrollierte Followup-Studie konnte kein fruchtschädigendes Potential von Venlafaxin nachweisen.
Nach mütterlicher Behandlung mit Venlafaxin in der sensiblen Phase der Organdifferenzierung (I.Trimenon) beobachtete man im schwedischen Schwangerschaftsregister unter 505 Neugeborenen keine Zunahme angeborener Anomalien (Lennestål & Källén 2007).
Ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko aufgrund der Medikation ist angesichts der aktuellen Datenlage nicht zu erwarten. Eine Fortsetzung der aktuellen Medikation mit Venlafaxin ist auch in der Schwangerschaft durchaus möglich.
Bei Olanzapin handelt es sich um ein neueres Pirenzepin-Derivat, das sich im Tierversuch ähnlich unproblematisch verhielt wie die verwandten Substanzen.
Eine Studie auf der Basis des Swedish Medical Birth Registry fand drei Kinder mit angeborenen Anomalien unter 79 Fällen einer mütterlichen Therapie mit Olanzapin (Reis & Kallen 2008).
Im Rahmen einer prospektiven Followup-Studie wurden von unserem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 1998 und 2013 132 Schwangerschaftsausgänge nach Anwendung von Olanzapin bei Schwangerschaftseintritt dokumentiert.
Unsere Followup-Studie konnte ein spezielles fruchtschädigendes Potential von Olanzapin nicht nachweisen. Allerdings sollten weitere reproduktionstoxikologische Daten gesammelt werden, um Patientinnen unter Therapie mit Olanzapin beruhigen zu können.
Da mögliche Wechselwirkungen auf die embryonale Entwicklung nicht völlig ausgeschlossen werden können, wäre grundsätzlich eine Beschränkung auf ein Präparat in der Schwangerschaft vorzuziehen (z. B. Venlafaxin).
von
Dr. Wolfgang Paulus
am 22.11.2015