Frage: cortison und schwanger werden

Sehr geehrter Herr Prof. Paulus! Ich habe eine etwas komplizierte Frage, entschuldigen Sie schon jetzt, wenn es länger wird. Ich leide seit Jahren an einer in Schüben verlaufenden chron. Urticaria. Der aktuelle Schub dauert seit November 2004. Da ich bis April noch gestillt habe, habe ich bis zu diesem Zeitpunkt Cetirizin genommen und bin einigermaßen klar gekommen. Nach dem Abstillen bin ich sofort wieder schwanger geworden und habe auf Fenistil 3-4x 1mg umgestellt (wie auch in der 1. SS). Damit bin ich dann auch ganz gut zurecht gekommen. Leider hatte ich jetzt in der 10 SSW eine missed abortion und seit der Abrasio (21.6.) spielt meine Haut (ich nehme an i.R.d. Hormonumstellung) total verrückt. Fenistil und Cetirizin helfen gar nicht mehr. Ich habe Telfast versucht (hat mir früher schon mal ganz gut geholfen) - keine Besserung. Jetzt nehme ich Xusal - keine Besserung. Gestern hat mein Arzt mir nun eine Cortisonstoßtherapie empfohlen. Ich habe heute mit 1x60 mg Prednisolon angefangen und soll immer nach 3 Tagen um 10 mg reduzieren, insgesamt soll ich es ca. 3-4 Wochen nehmen. Nach der Fehlgeburt möchte ich so schnell wie möglich wieder schwanger werden. Aber unter der Cortisontherapie habe ich wirklich Angst, dass etwas passieren könnte. Das Xusal werde ich natürlich sofort wieder absetzen, wenn ich merke, dass ich schwanger bin. Außerdem habe ich ja die Hoffnung, dass bei erneuter SS meine Urtikaria wieder besser wird und ich wie in den beiden anderen SS mit Fenistil hinkomme. Ist es für den sich entwickelnden Embryo gefährlich, wenn ich in der Zeit vor der Befruchtung und ggf. in den ersten SSW Cortison bzw. Xusal nehme? Vielen herzlichen Dank für Ihre Antwort, mit freundlichen Grüßen, Ulli

Mitglied inaktiv - 01.07.2005, 10:57



Antwort auf: cortison und schwanger werden

Bei Levecetirizin (Xusal)handelt es sich um die linksdrehende Form des schon länger bekannten Antihistaminikums Cetirizin. Eine Verabreichung von Cetirizin führte in Tierversuchen selbst in 500-facher humantherapeutischer Dosierung nicht zu einem Anstieg angeborener Anomalien (Kamijima 1994). Eine Publikation berichtet von 39 Neugeborenen ohne Auffälligkeiten nach Exposition mit Cetirizin in der Schwangerschaft (Einarson 1997). Wir überblicken selbst 150 Schwangerschaftsausgänge nach Exposition mit Cetirizin (n=144) bzw. Levocetirizin (n=6) im ersten Trimenon: 9 x Schwangerschaftsabbruch (darunter 1 x Trisomie 18) 18 x Spontanabort 116 x unauffälliges Neugeborenes 7 x Fehlbildung (1 x Fußanomalie, 1 x Aortenstenose, 1 x Herzfehler, 1 x Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte, 1 x Hautanhängsel Ohren bds., 1 x Leistenbruch) Ein einheitliches Fehlbildungsmuster lässt sich aus den Angaben nicht ableiten, so dass ein ursächlicher Zusammenhang mit der Medikation unwahrscheinlich ist. Unter den Antihistaminika finden sich keine nachweislich fruchtschädigenden Substanzen. Allerdings liegen bei vielen neueren Präparaten lediglich größere Erfahrungen aus Tierversuchen vor. Nach langjähriger Anwendung ergaben sich keine Anhaltspunkte für eine Fruchtschädigung bei Chlorphenamin Clemastin, Dexchlorpheniramin, Dimetinden, Diphenhydramin, Hydroxyzin und Pheniramin. Da die älteren Wirkstoffe häufig sedierende Effekte besitzen ist bei Langzeitbehandlung bis zur Geburt auf Schlaffheit und Entzugssymptome (Diarrhoe, Zittrigkeit) beim Neugeborenen zu achten. Für das neuere Antihistaminikum Terfenadin, das kaum sedierende Eigenschaften besitzt, liegen inzwischen auch über 1.000 dokumentierte Expositionen in der Frühschwangerschaft ohne auffällige Häufung von Anomalien vor. Entsprechendes ist für den neuerdings statt Terfenadin im Handel befindlichen Metaboliten Fexofenadin anzunehmen. Das bekannte Antiemetikum Meclozin, das häufig bei Schwangerschaftserbrechen eingesetzt wird, ist auch als Antihistaminikum wirksam. Das Collaborative Perinatal Project stellte bei 1.014 Schwangeren nach Anwendung von Meclozin im ersten Schwangerschaftsdrittel keine Häufung angeborener Anomalien fest (Heinonen et al 1977). In einer anderen Studie mit 613 Schwangeren wurde nach Medikation mit Meclozin im ersten Schwangerschaftsdrittel ebenfalls keine Zunahme von Fehlbildungen beschrieben (Milkovich & van den Berg 1976). Bei drei Fall-Kontroll-Studien über insgesamt ca. 1.300 Kinder mit angeborenen Störungen war Meclozin nicht überdurchschnittlich häufig vertreten (Mellin 1964; Nelson & Forfar 1971; Greenberg et al 1977). Eine Metaanalyse berücksichtigte 123.175 Schwangere unter oraler Glukokortikoidtherapie im ersten Schwangerschaftsdrittel. Dabei zeigte sich ein leichter Anstieg von Gesichtsspaltbildungen (Park-Wyllie et al 2000). Eine neue kontrollierte Kohortenstudie mit 311 Schwangeren unter oraler Glukokortikoidtherapie ergab keine Zunahme angeborener Anomalien (Gur et al 2004). Das erhöhte Risiko für ein niedrigeres Geburtsgewicht und Aborte unter systemischer Glukokortikoidtherapie lässt sich auch häufig durch die zugrundeliegenden Erkrankungen der Mutter erklären (Park-Wyllie et al 2000). Bei zahlreichen Erkrankungen wie Kollagenosen, chronisch entzündlichen Darmkrankheiten, Asthma bronchiale, Autoimmunprozessen ist eine Fortsetzung der Therapie mit Glukokortikoiden auch in der Schwangerschaft erforderlich. Sofern die Anwendung im Zeitraum der Alles-oder-Nichts-Regel (innerhalb von zumindest 14 Tagen nach Empfängnis) erfolgt, ist bei schädigenden Einwirkungen entweder ein Abort oder ein Neugeborenes ohne erhöhtes Fehlbildungsrisiko zu erwarten. Die anfangs pluripotenten Zellen können in dieser Zeit noch geschädigte Zellen ersetzen, so dass die weitere Entwicklung ungestört verläuft, sofern der toxische Schaden nicht so groß ist, dass die Frucht mit der nächsten Regelblutung abgeht. Die Weiterentwicklung einer in diesem frühen Stadium geschädigten Frucht ist demnach nicht zu befürchten. Der Eintritt einer Schwangerschaft unter Prednisolon und Xusal ist demnach nicht mit hohen Risiken für die kindliche Entwicklung verbunden.

von Dr. Wolfgang Paulus am 02.07.2005



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