Sehr geehrter Dr. Hellmeyer, ich tue mich sehr schwer mit der Entscheidung für oder gegen einen Kaiserschnitt und hoffe Sie können vielleicht Erfahrungen aus der Praxis beisteuern, die mir dabei helfen könnten. Leider war es bisher schwierig für mich hilfreiches Feedback zu bekommen, da der Proktologe einerseits und die Gynäkologen andererseits sich logischerweise auf ihren jeweiligen Fachbereich fokussieren und auf die jeweils anderen "Baustellen" nicht eingehen wollen oder können. Ich hoffe Sie verzeihen mir, wenn ich etwas weiter aushole, um die Situation möglichst umfassend zu beschreiben. Ich bin 35 Jahre alt und vor zwei Jahren habe ich mein erstes Kind spontan an 41+1 (3200g, 52cm, KU 32.5cm) geboren. Ich habe während der Geburt einen Analprolaps und Scheidenrisse erlitten (bis heute habe ich beim Geschlechtsverkehr leider Schmerzen und leichte Blutungen, ich vermute das Nähen der Scheidenrisse hätte besser gemacht werden können) und hatte wochenlang starke Schmerzen beim Sitzen. Wegen anhaltender Blutungen im Analbereich habe ich mich 4 Wochen nach der Geburt erstmalig beim Proktologen vorgestellt. Dieser hat mir etwas flapsig "absolutes Pressverbot" erteilt. Vorsichtshalber wurde eine Darmspiegelung vorgenommen, um weitere Ursachen für die Blutungen auszuschließen. Die Entwicklung wurde zunächst einmal abgewartet und da ich das Problem mittlerweile durch Einnahme von Flohsamenschalen und Achtsamkeit bei der Ernährung ganz gut im Griff habe und ein weiteres Kind haben wollte, wurde das überschüssige Gewebe auch bisher nicht entfernt. Alle paar Wochen habe ich weiterhin Probleme mit Blutungen, aber nicht andauernd. Der Proktologe hat mir bei meiner anstehenden zweiten Geburt zu einem Kaiserschnitt geraten. Er sagte, dass ein Stück Darm herausgepresst wurde obwohl es keine besonders schwere Geburt war (und bei mir auch bereits Anfang 20 das erste Mal Probleme mit Hämorrhoiden festgestellt wurden) spricht für eine entsprechende Veranlagung und es besteht dadurch die Gefahr, dass bei der nächsten Geburt einen massiven Prolaps erleide und dadurch mein Leben lang Probleme haben könnte und man den Darm ja eben nicht wieder herstellen kann, wenn er einmal herausgepresst wurde. Ich habe mich jetzt monatelang mit dem Thema auseinandergesetzt und tue mich immer noch sehr schwer damit die verschiedenen Einschätzungen einzuordnen. Ich habe Angst vor einem Kaiserschnitt, aber natürlich auch vor größeren Problemen mit dem Darm. Zumal ich die Situation bereits jetzt als sehr unangenehm empfinde und ich immer wieder feststelle, dass sich wenn ich Probleme mit dem Darm habe (sei es auch nur etwas Verstopfung) sich mein Allgemeinbefinden stark verschlechtert. Mit meiner Frauenärztin konnte ich das Thema leider kaum diskutieren. Sie sagte einfach nur ich müsse selbst entscheiden, ob ich einen Kaiserschnitt machen möchte oder nicht. Was natürlich auch richtig ist, aber man hätte gerne mehr Anhaltspunkte für die Entscheidung. Beim Vorgespräch in der Klinik war es ähnlich. Ich wurde selbstverständlich auf die Risiken eines Kaiserschnitts hingewiesen und darauf, dass eine spontane Geburt für die Mutter generell immer besser sei. Man könne vorher nicht wissen, ob und wenn ja wie ausgeprägt Probleme auftreten und ich müsse selbst entscheiden was für mich wichtiger sei, Bauch oder Po. Das ist für mich natürlich absolut nachvollziehbar, wenn auch unbefriedigend. Leider konnte auch hier das Thema Analprolaps nicht wirklich diskutiert werden, es wurde nur wiederholt darauf hingewiesen, dass Beckenbodenproblematiken sich langfristig angleichen unabhängig ob man spontan oder per Kaiserschnitt entbindet. Der Beckenboden ist ja aber nicht mein zentrales Problem. Die Wahl, die sich mir stellt, ist ja, dass ich eine bereits unangenehme Situation verschlimmern könnte oder eben eine neue "Baustelle" hinzukommt. Das Gespräch mit meiner (sehr erfahrenen) Hebamme hatte mir allerdings geholfen mich in Richtigung Kaiserschnitt zu orientieren, da ich mit ihr über beide Problematiken sprechen konnte. Wie zu erwarten ist sie natürlich auch dafür möglichst spontan zu entbinden, konnte aber meine Ängste gut nachvollziehen und konnte auch von einer Reihe von Fällen aus ihrer 30jährigen Berufspraxis berichten. Ich bin nun bereits in der 37. Woche und habe auch schon einen Termin für einen Kaiserschnitt an 39+0. Trotzdem hadere ich immer noch mit mir. Ich weiß, dass mir niemand die Entscheidung abnehmen kann, aber eine weitere Einschätzung würde mir sehr weiterhelfen. Ich danke Ihnen im Voraus ganz herzlich für Ihre Antwort!
von MiriT am 12.08.2014, 07:02