Hallo Herr Dr. Paulus!
Mein FA hat mir empfohlen, in der jetzigen 2. Schwangerschaft (z. Zt. 13. Woche) ab der 14. Schwangerschaftswoche zur Vorbeugung einer Gestose (ist in der 1. Schwangerschaft in der 36. Woche aufgetreten) ASS 100 in Form von Godamed 100 TAH einzunehmen.
Ich würde dazu gerne noch eine Meinung hören. Gibt es irgendwelche Risiken oder Nebenwirkungen? Gibt es speziellere oder bessere Medikamente? Muss man damit wirklich schon so früh beginnen?
Ich bin mit Medikamenten in der Schwangerschaft sehr vorsichtig und habe einfach große Angst, irgendetwas falsch zu machen.
Vielen Dank für Ihre Hilfe!
Gruß
Lisa
Mitglied inaktiv - 10.12.2004, 14:29
Antwort auf:
ASS 100 in der Schwangerschaft zur Vorbeugung einer Gestose
In mehreren Studien konnte die Häufigkeit einer schwangerschaftsinduzierten Hypertonie bei Patientinnen mit einem hohen Risiko für eine Präeklampsie durch niedrig dosiertes ASS (Tagesdosis: 60 bis 100 mg) signifikant gesenkt werden. Einige dieser Studien zeigten einen signifikanten Anstieg des Geburtsgewichtes nach ASS-Prophylaxe bei normalem Blutdruck unter Schwangeren mit erhöhtem Präeklampsierisiko. Bei Schwangeren mit mäßiger Hypertonie und pathologischem Dopplerbefund ließ sich unter niedrig dosierter ASS-Therapie eine Zunahme von Geburtsgewicht, Kopfumfang und Plazentagewicht erreichen. Bei ausgeprägter Hypertonie verbesserte ASS den Schwangerschaftsausgang nicht signifikant. Eine randomisierte, plazebokontrollierte Doppelblindstudie konnte eine Abnahme der Häufigkeit von Wachstumsretardierung, intrauterinem Fruchttod und Plazentalösungen unter ASS-Prophylaxe bei Schwangeren nachweisen, die in ihrer Vorgeschichte entsprechende Komplikationen erlitten hatten. Besondere Störungen der Neugeborenen nach intrauteriner ASS-Exposition ließen sich nicht erkennen.
Um die Mängel vieler kleinerer Studien zur ASS-Therapie in der Schwangerschaft auszuschalten, wurde die internationale Collaborative Low-dose Aspirin Study in Pregnancy (CLASP) mit über 9.000 Schwangeren durchgeführt (CLASP 1994). In dieser Studie ergab sich unter einer Tagesdosis von 60 mg ASS kein Nutzen für Frauen mit einem erhöhten Risiko für Präeklampsie oder intrauteriner Wachstumsretardierung. Allerdings senkte niedrig dosiertes ASS die kindliche Erkrankungshäufigkeit in einer Untergruppe von Schwangeren mit sehr früh beginnender Präeklampsie. Bei diesen Patientinnen lagen typischerweise chronische arterielle Hypertonie, Nierenerkrankungen oder eine Präeklampsie vor der 32.SSW in einer früheren Schwangerschaft vor. Die ASS-Anwendung führte nicht zu Nebenwirkungen bei Mutter, Fet oder Neugeborenem (CLASP 1997). Eine Nachuntersuchung von intrauterin exponierten Kindern im Alter von 12 und 18 Monaten ließ keine Entwicklungsstörungen erkennen (CLASP 1995). Allerdings wurde in der CLASP-Studie die Aspirin-Therapie bei 38% der Schwangeren erst nach der 20.SSW begonnen. Analysiert man das Kollektiv von Patientinnen, die vor der 20.SSW mit der ASS-Einnahme begonnen haben, lässt sich eine Abnahme der Präeklampsie erkennen.
Aus den bisherigen Studien lässt sich kein eindeutiger Nutzen einer Gabe von niedrig dosiertem ASS (Tagesdosis: 60 bis 100 mg/d) in der Schwangerschaft ableiten. Allenfalls bei Schwangeren mit erhöhtem Risiko für eine früh beginnende und schwere Präeklampsie könnte sich ein Vorteil ergeben. Des weiteren sollte die Anwendung von ASS zwischen SSW 12 und 16 beginnen sowie zwischen SSW 34 und 36 enden. Eine Anwendung des Präparates erscheint nur dann sinnvoll, wenn - wie von Ihrem Frauenarzt vorgeschlagen – bereits früh damit begonnen wird.
von
Dr. Wolfgang Paulus
am 14.12.2004