Hallo Frau Welter,
meine Tochter (5 Wo.) wird voll gestillt. Dabei haben wir (oder ich?) folgendes "Problem":
Die Kleine trinkt zunächst, dann nickt sie ganz kurz ein. Wenn sie wieder wach wird, nehme ich sie hoch zum Aufstoßen (klappt aber nur manchmal). Dann nehme ich sie auf den Arm (wg. spucken sollen wir sie gem. Kinderarzt erst eine Weile halten bevor wir sie wickeln = ob das allerdings so viel bringt, bin ich mir nicht sicher, da sie trotzdem spuckt).)
Dann drückt und "knattert" sie und streckt sich sehr stark. Manchmal hat man den Eindruck, dass sie sich windet.
Meine Fragen:
1. Ist das normal? Für mich sieht das so aus, wie wenn sie sich ziemlich quält.
2. Was kann man noch gegen spucken tun? vorher wickeln ist nicht so gut, da sie beim Trinken häufig nochmal in die Windeln macht.
3. Kann es sein, dass sie meine Milch nicht verträgt?
4. Seit ein paar Tagen bzw. Nächten weint sie spät abends ohne für uns ersichtlichen Grund. Nimmt man sie aus dem Bett, beruhigt sie sich kurz, schläft manchmal ein. Sobald man sie wieder hinlegt, weint sie wieder. Auch "Beruhigung" mit Schnuller klappt nicht bzw. nur sehr kurz. Das zieht sich über Stunden hin. Was sollen wir noch machen ???
(hat nicht direkt was mit Stillen zu tun, aber vielleicht wissen Sie trotzdem Rat).
Vielen Dank schon im Voraus für Ihren Rat
Ulrike
Mitglied inaktiv - 03.12.2001, 13:35
Antwort auf:
Unwohlsein und spucken
?
Liebe Ulrike,
Babys sind an zwei Stellen undicht: oben und unten. Es ist nicht ungewöhnlich, das ein Baby beim Aufstoßen wieder Milch mit nach oben bringt. Wenn ein Kind beim Aufstoßen etwas Milch mit hoch bringt, dann liegt das meist daran, dass es beim Trinken Luft geschluckt hat und sich im Magen unter der Milch eine Luftblase gebildet hat. Sobald die Luft aus dieser „Blase" ihren Weg nach oben findet, nimmt sie einen Teil der Milch mit, die über ihr lag. Insbesondere sehr hastig trinkende Babys haben dieses Problem oft. Manchmal trinkt ein Baby auch mehr, als sein kleiner Magen verkraften kann, auch dann kann ein Teil der Milch wieder hochkommen. In beiden Fällen sieht es fast immer nach sehr viel mehr Milch aus, als tatsächlich wieder herauskommt.
Gelegentlich ist auch einfach der Verschluss am oberen Ende des Magens noch unreif, so dass Milch wieder herausfließt.
Das ist im Normalfall nicht besorgniserregend. Das Spucken von Babys ist ohnehin in den meisten Fällen ein Wäscheproblem und kein medizinisches Problem. Solange das Kind gut zunimmt und gedeiht, besteht normalerweise kein Anlass zur Sorge. Problematisch wäre immer wieder (immer häufiger) auftretendes schwallweises Spucken in hohem Bogen, verbunden mit zu geringer Gewichtszunahme oder sogar einer Gewichtsabnahme.
Das Spucken sieht auch in fast allen Fällen für die Mutter schlimmer aus, als es für das Baby ist. Wenn Sie sich jedoch große Sorgen machen, dann lassen Sie Ihre Kleine vorsichtshalber nochmals von der Kinderärztin/arzt anschauen.
Sehr wichtig ist, dass Sie auf absolut korrektes Anlegen und richtiges (An)Saugen achten. Ein gut angelegtes Baby schluckt weniger Luft beim Trinken und Luft, die nicht verschluckt wird muss auch nicht wieder heraus.
Haben Babys Spuckprobleme, wird empfohlen, sie während und nach den Mahlzeiten aufrecht zu halten, sie häufig aufstoßen zu lassen und sie häufig, aber für kürzere Zeit anzulegen. Ein allgemein eher sanfter Umgang mit dem Baby hat sich in vielen Fällen bewährt.
Es gibt nur eine wirkliche Situation, in der ein Baby keine Muttermilch bekommen darf und dies ist eine seltene Stoffwechselerkrankung, die Galaktosämie. Bei einer weiteren Stoffwechselerkrankung der Phenylketonurie darf nur teilgestillt werden, doch beide Erkrankungen sind selten und die betroffenen Kinder sind wirklich krank und können auch nicht mit handelsüblicher künstlicher Säuglingsnahrung ernährt werden, sondern brauchen Spezialnahrungen.
Eine echte Muttermilchunverträglichkeit gibt es nicht. Es kann vorkommen, dass ein Baby auf manche Bestandteile aus Nahrungsmitteln, die die Mutter zu sich nimmt reagiert, doch auch dies ist deutlich seltener als immer wieder angenommen wird. Ganz oben auf der Hitliste der Nahrungsmittel, die solche Probleme verursachen können, stehen Kuhmilch und Kuhmilchprodukte. Doch nur bei zehn Prozent der Mütter, die eine solche Eliminiationsdiät durchführen, stellt sich heraus, dass das Spucken, die Verdauungsprobleme oder sonstigen Probleme dadurch besser werden. Viel häufiger ist es einfach so, dass das Spucken „normal" ist und sich mit zunehmendem Alter verliert.
Das Trinken an der Brust und die damit verbundene Füllung des Magens, regen die Verdauung an und so ist es absolut normal, dass das Baby während oder kurz nach dem Stillen Stuhlgang hat. Auch hier ist es so, dass die Babys zwar oft das Gesicht verziehen und vor allem auch die Beine anziehen (mit der Bauchpresse wie Erwachsene können Babys noch nicht drücken), doch nur in wenigen Ausnahmefällen ist damit wirklich ein Problem verbunden.
Auch fünf Wochen alte Babys nehmen ihre Umwelt wahr und können träumen. Außerdem ist es von der Natur nicht vorgesehen, dass Babys und Kleinkinder alleine (ein)schlafen. Das widerspricht dem Bild vom süß in der Wiege schlummernden Baby, das fast alle Frauen (zumindest beim ersten Baby) haben. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Ihre Tochter weint, wenn sie (wieder) abgelegt wird.
Außerdem schlafen die meisten Babys sehr viel weniger als es von den Eltern angenommen wird. Babys sind soziale Wesen, die die Welt, in die sie hineingeboren wurden erkunden und kennenlernen wollen und das geht nicht im Schlaf. Lassen Sie Ihr Kind an Ihrem Leben teilnehmen.
Die Lösung, wie das Baby am Alltag teilnehmen kann und sich bei der Mutter geborgen fühlt und die Mutter sich um den Haushalt oder andere Dinge zu kümmern kann heißt Tragetuch. Für meine Begriffe gehört ein (ausreichend langes) Tragetuch zu den wichtigsten Teilen einer Babyausstattung. Ein Tragesack kann ebenfalls als Tragehilfe verwendet werden, ist jedoch lange nicht so vielseitig, wie ein Tuch und ein korrekt gebundenes Tuch ist aus orthopädischer Sicht günstiger zu beurteilen als ein Tragesack.
Ein Tragetuch ist fast ein Zaubermittel. Ihr Baby kann Ihre Nähe spüren, es wird sich an Ihrem Körper beruhigen, die Koliken verringern sich, es wird weniger weinen, vielleicht sogar recht gut schlafen und Sie haben mindestens eine Hand frei (und auch Ihren Kopf, weil das Baby wieder ruhiger ist), um andere Dinge zu tun. Versuchs einmal. Eine Autorin nennt dies so schön „Perspektive teilen". Das Tragetuch ermöglich es dem Kind, am Leben der Familie problemlos teilzunehmen und mit Ihnen die Perspektive zu teilen.
Dass ein Baby beim Umbetten bzw. Hinlegen wieder aufwacht ist ganz normal. Versuchen Sie einmal Ihr Kind nach dem Einschlafen nicht mehr umzubetten. Also legen Sie sich zum Beispiel mit ihm zusammen hin, so dass es liegen bleiben kann. Es kann sein, dass es einfach deshalb wach wird, weil es durch die Lageveränderung von senkrecht zu waagerecht geweckt wird. Eine solche Lageveränderung reizt das Gleichgewichtsorgan im Ohr und kann dazu führen, dass das Baby aufwacht. Wenn sie also liegend (an der Brust) einschläft, fällt die Lageveränderung weg.
Möglicherweise wird Ihr Kind auch wach, weil das Bett kälter ist als der Körper von Mutter oder Vater. Diese Temperaturunterschiede können ebenfalls zum Aufwachen führen. Hier hilft es, das Baby in eine Decke zu wickeln und in die Decke eingewickelt hinzulegen. Auch der Kopf sollte in der Decke liegen.
Der lange Text hat Sie nun hoffentlich nicht erschlagen.
LLLiebe Grüße
Biggi Welter
von
Biggi Welter
am 03.12.2001