Frage: Schnuller?

Hallo, ich bräuchte mal ihren Rat. Meine Tochter ist 4 Wochen alt und wird voll gestillt. Seit der Entlassung aus dem KH hat sie 1 kg zugenommen (wiegt jetzt 4 kg). Nachmittags und Abends möchte sie eigentlich durchgehend gestillt werden. Dabei ist es so, dass sie oft an der Brust einschläft, die zweite Seite gar nicht mehr will und sobald man sie hinlegen will wach wird und sich nur durch Stillen wieder beruhigen lässt. Lasse ich sie auf meinem Arm schlafen, schläft sie durchaus aber 2 Stunden. Leider ist es nicht immer praktikabel sie 2 Stunden auf meinem Arm schlafen zu lassen. Meine Hebamme sagt, das könne kein "echter" Hunger sein, da sie ja wenn man sie nicht weglegt keinen Hunger hat. (nachts und vormittags hält sie ohne Stillen 3-4 Stunden durch). Sie und auch alle um mich herum sagen, ich solle ihr einfach einen Schnuller geben. Halten sie das für sinnvoll? Ich bin da sehr zwiegespalten, weil ich es eigentlich absurd finde ihr einen Brustersatz aus Silikon in den Mund zu stecken statt auf ihr eigentliches Bedürfnis einzugehen. Andererseits habe ich schon sehr wunde Brustwarzen und kann dann auch nur unter Gebrüll mal auf die Toilette gehen etc. Jetzt habe ich auch noch gelesen, dass Schnuller vor plötzlichem Kindstod schützen sollen. Ich will mir natürlich auch nicht vorwerfen, sie davor nicht ausreichend geschützt zu haben. Vielen Dank für ihre Einschätzung! Julchen

von Julchen_03 am 14.03.2013, 14:32



Antwort auf: Schnuller?

Liebe Julchen, das von Ihnen beschriebene Verhalten entspricht schon fast „lehrbuchmäßig" dem eines wenige Tage oder Wochen alten Babys, das eben nicht zehn bis 15 Minuten an der Brust trinkt und danach zufrieden einschläft (Baby, die sich so verhalten, sind so schwierig zu finden, wie eine Nadel im Heuhaufen). Babys haben ein über das reine Ernährungssaugen hinausgehendes Saugbedürfnis und diesem „non nutritiven" Saugen kommt eine sehr große Bedeutung zu. Nun werden viele Menschen sagen: „Dafür gibt es ja einen Schnuller". Doch das ist eine sehr zweifelhafte Antwort. Der Schnuller ist eine Brustattrappe und von der Natur ist vorgesehen, dass das non nutritive Saugen an der Brust stattfindet. Wird der Schnuller eingesetzt, kann es nicht nur zu Saugproblemen kommen, er kann auch dazu führen, dass das Kind zu wenig Zeit an der Brust verbringt, so dass die Brust nicht ausreichend stimuliert wird und das Kind nicht die Milch bekommt, die es braucht. Der Gebrauch des Schnullers ist sehr kritisch zu sehen. Die anderen Nebeneffekte, wie häufiges Aufstehen der Mutter, weil das Kind den Schnuller verliert, sind natürlich auch nicht gerade angenehm. Die Studien, die Hinweise darauf geben, dass der Schnuller eventuell vor SIDS schützen könnte, sind nicht unumstritten und vor allem beziehen sie sich auf Kinder, die immer einen Schnuller hatten (nur nicht in der letzten Nacht vor dem schrecklichen Ereignis des Plötzlichen Kindstodes). Im Gegensatz zu der Behauptung, dass der Schnuller vor SIDS schütze, sind die positiven Eigenschaften und Auswirkungen des Stillens durch zahlreiche Studien gut belegt, auch dem Schutz vor SIDS. So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys (und keinesfalls ein Einschlafproblem). Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Alterstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Ein Wachstumsschub ist mit etwa vier bis sechs Wochen zu erwarten. Dazu kommt: Menschenbabys sind Traglinge, die den Kontakt zur Mutter brauchen. Es ist von der Natur nicht vorgesehen, dass sie alleine sind und auch nicht, dass sie alleine schlafen. Das widerspricht dem Bild vom süß in der Wiege schlummernden Baby, das fast alle Frauen (zumindest beim ersten Baby) haben. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn Ihr Kind nicht pausenlos schlafen will und ständigen Körperkontakt sucht. Außerdem schlafen die meisten Babys sehr viel weniger als es von den Eltern angenommen wird. Babys sind soziale Wesen, die die Welt, in die sie hineingeboren wurden erkunden und kennenlernen wollen und das geht nicht im Schlaf. Lassen Sie Ihr Kind an Ihrem Leben teilnehmen. Integrieren Sie Ihr Kind in Ihr Leben und versuchen Sie nicht, Ihr früheres Leben einfach wieder aufzunehmen. Es gibt auch noch weitere Gründe, warum Ihr Kind aufwacht, sobald Sie es hinlegen. Es wird einfach deshalb wach, weil es durch die Lageveränderung von senkrecht zu waagerecht geweckt wird. Eine solche Lageveränderung reizt das Gleichgewichtsorgan im Ohr und kann dazu führen, dass das Baby aufwacht. Wenn ein Baby liegend (an der Brust) einschläft und liegen bleiben kann, die Lageveränderung also wegfällt, sind die Chancen, dass es weiterschläft erheblich besser. Das gemeinsame Schlafen hat eine ganze Reihe von Vorteilen und verhilft der Mutter zu mehr Schlaf. Möglicherweise wird Ihr Kind auch wach, weil das Bett kälter ist als der Körper von Mutter oder Vater. Diese Temperaturunterschiede können ebenfalls zum Aufwachen führen. Hier hilft es, das Baby in eine Decke zu wickeln und in die Decke eingewickelt hinzulegen. Auch der Kopf sollte in der Decke liegen. Ich kann Ihnen nur dringend empfehlen, einmal ein Stillgruppentreffen zu besuchen oder zumindest einmal mit einer Stillberaterin in ihrer Nähe ein direktes Gespräch (auch am Telefon) zu führen. Viele Unsicherheiten lassen sich im direkten Gespräch sehr viel besser ausräumen und der Austausch mit anderen stillenden Müttern kann sehr ermutigend sein und vor allem werden Sie sehen und erleben, dass sich andere Babys genau so verhalten wie Ihr kleines Menschlein. Adressen von Stillberaterinnen finden Sie im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). LLLiebe Grüße, Biggi

von Biggi Welter am 14.03.2013



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