Schnuller statt Daumen/Finger lutschen

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Schnuller statt Daumen/Finger lutschen

hallo nochmal! danke für Ihre ausführliche antwort bzgl. meiner "mineralwasser-frage", hat mir sehr weitergeholfen. nun hab ich noch eine frage: mein erstgeborener hat schnuller ohnehin von anfang an verweigert, weshalb ich kein problem diesbzgl. hatte (obwohl ich 8 wochen milch abgepumpt habe und das stillen erst dann reibungslos geklaptt hat). meine tochter aber hat anders als er bauchschmerzen (sie kam etwas früher zur welt) und WILL gar nicht jedesmal zum beruhigen an die brust, obwohl ich sie ihr anbieten würde. ich hab lt. schwestern in der klinik in der ich entbunden habe einen ziemlich guten milchspendereflex und meiner kleinen scheint es oft ein wenig zuviel zu sein, vor allem, wenn sie sich mit dem nuckeln nur beruhigen will (zb zwischen zwei schlafphasen). dann drückt sie sich richtig von der brust weg und weint - lieber nuckelt sie dann an ihrem daumen/an den fingern. und DAS ist ja lt. arzt nicht so toll, da wird der gebrauch eines schnullers empfohlen. ich hab mir schon viel zu dem thema durchgelesen und kenne auch Ihre langen antworten dazu - es geht mir ÜBERHAUPT NICHT DARUM, weniger zu stillen, aber ich möchte meiner kleinen einfach auch helfen. meine stillzeiten schreibe ich auf, keine pause geht über 3,5 stunden und sie trinkt sehr brav. trotzdem hätte ich gern eine ehrliche antwort, es kann ja nicht sein, dass schnullis die gesamte stillbeziehung von vornherein gefährden oder gar zerstören, sonst dürften hebammen, ärzte und schwestern doch nicht empfehlen, nuckelfreudigen kindern schnullis anzubieten?! danke schonmal!

von Isamami am 15.05.2013, 10:07



Antwort auf: Schnuller statt Daumen/Finger lutschen

Liebe Isamami, ja es stimmt, Babys haben ein über das reine Nahrungssaugen hinausgehendes Saugbedürfnis und es kann anstrengend sein, dieses Saugbedürfnis so wie es von der Natur vorgesehen ist an der Brust zu stillen. Der Schnuller ist nichts weiter als eine der Brust nachempfundene Attrappe. Gelegentlich und gut überlegt eingesetzt kann der Schnuller eine Hilfe im Alltag sein. Doch leider haben wir das Problem, dass Babys nicht mit einer Gebrauchanweisung geliefert werden auf der steht „VORSICHT ich werde leicht augverwirrt!“ Oder „No problem, ich werde mit dem Wechsel zwischen Brust und künstlichen Saugern zurechtkommen!“. Da niemand vorhersagen kann, wie ein Baby auf einen künstlichen Sauger reagieren wird und da es unser tägliches Brot als Stillberaterinnen ist, saugverwirrte Babys mit viel Geduld und Mühe (und nicht selten vielen Tränen auf Seiten der betroffenen Mütter) wieder an die Brust zurückzuführen, raten wir vom Gebrauch des Schnuller, vor allem in den ersten Wochen, bis sich die Stillbeziehung gut eingespielt hat, ebenso ab, wie vom Gebrauch von Flaschensaugern und Stillhütchen. Wenn dein Kind noch saugen möchte, kannst Du ihr auch deinen Finger zum Saugen anbieten (oder lass den Papa den Finger anbieten, schließlich haben Männer auch Finger). Du kannst dein Kind auch durch herumtragen (gut geeignet dazu ein Tragetuch) beruhigen. Der Schnuller ist nicht die einzige Lösung und mit zunehmendem Alter nimmt das Saugbedürfnis ab und das Kind kann mit weniger Zeit zum Saugen zurecht kommen. Ein Schnuller ist kein zwingend notwendiger Bestandteil der Babyausstattung (eben so wenig wie die Flasche). Es ist auch nicht das Baby, das den Schnuller braucht, sondern es sind die Eltern, das sollte sich jede Mutter und jeder Vater bewusst machen. Beim Schnuller handelt es sich um nichts anderes als um eine Brustattrappe, eine Kopie. Und nun ist es eben so, dass eine Kopie nie wirklich das Original vollständig erreicht und das gilt auch und besonders für den Schnuller. Diese Attrappe kann manchmal sinnvoll und hilfreich sein, wenn sie überlegt und wohl dosiert eingesetzt wird. Aber Eltern sollten sich auch der Nebenwirkungen des Schnullers bewusst sein: • Schnuller sind künstliche Sauger und können beim Baby zum falschen Saugen an der Brust führen. Diese sogenannte Saugverwirrung kann ernsthafte Stillprobleme nach sich ziehen. • Durch Schnuller wird die Zeit, die das Baby an der Brust der Mutter verbringt eingeschränkt, was die Milchbildung der Mutter negativ beeinflussen kann. • Kinder ohne Schnuller erkranken seltener an Mittelohrentzündungen. • Schnullergebrauch kann Kieferfehlstellungen begünstigen. • Schnullergebrauch kann zu einer ungünstigen Mundatmung führen. Eine offene Mundatmung führt zu einer erhöhten Infektanfälligkeit und kann Haltungsprobleme begünstigen. • Kinder, die einen Schnuller hatten, brauchen häufiger eine logopädische Behandlung Ein Aspekt, der auch nicht zu vernachlässigen ist, ist, dass Eltern dem Kind den Schnuller zunächst angewöhnen und dann (nach einer mehr oder weniger langen Zeit) wieder abgewöhnen. Das Abgewöhnen des Schnullers kann sehr nervenaufreibend für alle Beteiligten sein. Ein „schnullerabhängiges“ Kind kann in der Nacht sehr oft die Eltern aus dem Bett springen lassen, weil es zum Wiedereinschlafen oder Weiterschlafen den Schnuller braucht und ihn alleine nicht findet. Wenn schon Schnuller, dann wirklich überlegt, wie ein Medikament überlegt eingesetzt werden sollte und auch mit Blick auf die Zukunft und nicht nur auf den momentanen „Vorteil“ Der Schnuller ist nicht die einzige Möglichkeit, ein aufgebrachtes oder sonstwie unruhiges Kind zu beruhigen, es gibt auch Alternativen. • Das Kind kann getragen werden. Durch das Tragen wird das Bedürfnis des Kindes nach Körperkontakt, Geborgenheit, Wärme und Nähe gestillt und mit einem gut gebundenen Tragetuch hat man mindestens eine Hand frei, um andere Dinge zu tun. • Das Kind kann gebündelt werden. Das Bündeln gibt dem Baby das Gefühl von Geborgenheit und lässt es seinen Körper und seine Grenzen spüren. Das Gefühl von Begrenzung hilft dem Kind sich sicher zu fühlen. • Man kann ein Nest bauen. Auch hier ist die Begrenzung der springende Punkt, der dem Kind Geborgenheit vermittelt. • Massage, eine warmes Bad oder auch ein warmes Körnerkissen können beruhigend wirken. Schaukelbewegungen (Wiege, Hängematte, Schaukelstuhl, mit Tragetuch spazieren gehen, Kinderwagen), monotone Geräusche (Staubsaugen, Auto fahren), beruhigende Musik, Singen und Tanzen mit dem Baby und auch der Schutz vor Überreizung (viele Besucher, Fernseher) helfen einem Kind sich zu beruhigen. Als Saugersatz bietet sich ein Finger (von Kind oder Vater oder Mutter) oder eventuell auch einLutschetuch an. Schnuller sind auch nicht „kiefergerecht“, wie es immer wieder behauptet wird. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 15.05.2013



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