Frage: Schlaftraining

Hallo, gerne lese ich Antworten aus Ihrer Rubrik.Letztes Jahr las ich auch aufgrund Ihrer Empfehlung das Buch von William Sears oder auch ,artgerecht,, Autor grad vergessen...mir sind all diese Gedanken sehr am Herzen und kann alles nur bejahen und mache es auch so mit meinem Kind, 9 Monate alt. Heute hatten wir die U5 bei der Kinderärztin.Ich fühlte mich - vielleicht bin ich diesbezüglich schnell verletzt - an den Pranger gestellt, sie sagte, unser Kind MÜSSE lernen alleine zu schlafen - wir haben Familienbett, am besten im eigenen Zimmer und ich solle abstillen. Ich musste weinen...bin 42 jahre alt und habe seit längerem nicht mehr geweint....mache ich alles falsch ? Klar habe ich unterbrochenen Schlaf, manchmal bis zu 6x...ich beginne im August wieder 60% zu arbeiten. Da ist unsere Tochter 1 Jahr 3 Monate. Die Ärztin meinte, die Zeit bis dahin sei kurz und wenn ich es schaffen wolle zu arbeiten, müsse ich das Kind abgewöhnen. Ich teile diese Ansicht nicht - mein Vater, der sie oft und gerne betreut und mein Mann, mit dem ich halt oft anderer Meinung bin, waren dabei und fanden gut, was sie sagte. Was raten Sie mir ? Ich habe vor, diese Ärztin nochmals anzurufen und nochmals sicher zu gehen, dass sie mir DAS Schlaftraining anraten will. Damit bin ich nicht im geringsten einverstanden. In diesem Fall würde ich dann gleich gerne die Ärztin wechseln. Ich bin auch froh um andere Meinungen.... Ich bin weder gerädert von den Nächten noch habe ich mich beklagt. Dies als Zusatzinfo. Danke - LG, Nora

von Nora11 am 13.02.2020, 21:34



Antwort auf: Schlaftraining

Liebe Nora, ich würde noch einmal bei der Ärztin anrufen und genau nachfragen, warum genau sie zum Abstillen rät und ob es ihre persönliche Meinung ist oder ein ärztlicher Rat! Ich kenne unzählige Mütter, die voll berufstätig sind und voll stillen und wenn es für DICH okay ist so, dann lass Dich bloß nicht verunsichern! Was macht einen Menschen denn wirklich stark? Dass unsere Bedürfnisse, Ängste, Schwächen ignoriert oder unterdrückt werden, oder dass sie wahrgenommen, akzeptiert, ernstgenommen werden und wir das bekommen, was uns gut tut? In der Bindungspsychologie unterscheidet man verschiedene Bindungstypen, wobei die "sichere Bindung" die ist, die für das Kind am besten ist. "Ein sicheres Bindungsmuster wird mit einer feinfühligen mütterlichen Eingehensweise auf die Bindungsverhaltensweisen ihres Kindes in Verbindung gebracht. Feinfühligkeitwird umschrieben als eine aufmerksame Wahrnehmung der Bedürfnisse des Kindes,die richtige Interpretation seiner Äußerungen und die prompte und angemesseneReaktion auf die kindlichen Signale (Ainsworth, Bell, & Stayton, 2003b, S. 193-200). (...) Die Kinder erleben so ihre Bindungsperson als verlässlich und vertrauenswürdig und sich selbst als jemanden, der etwas bewirken kann (Ainsworth, 2003, S. 322-325; Ainsworth, et al., 2003b, S. 193-200). (...) Eine sichere Bindung wird im Vergleich zur unsicheren Bindung als optimalere Bedingung zur kompetenten Bewältigung von anstehenden Entwicklungsaufgaben über den Lebenslauf hinweg gesehen (Grossmann, Keppler & Grossmann, 2003, S. 96)." Das ist mal ein bisschen Theorie, die dich darin bestärken soll, dass deine Herangehensweise für dein Kind keineswegs schädlich ist (sofern du nicht zu jenen Müttern gehörst, die ihrem Kind ALLES "durchgehen" lassen...). Im Grunde sind es wirklich in erster Linie Vorurteile und eigene Ängste, die die Kritiker bewegen. "Man tut das nicht" ist leicht gesagt, wenn du aber mal nachfragst, warum eigentlich nicht, dann wirst du oft keine wirklich "gute" Antwort bekommen... Ich kann dir ein schönes Buch empfehlen, mit viel Humor geschrieben: "In Liebe Wachsen" vom spanischen Kinderarzt Carlos Gonzáles, erschienen bei La Leche Liga Deuschland und auch dort im Shop zu bekommen (oder über den Buchhandel, amazon etc.). Dein Herz liegt richtig, du macht das, was gut ist. Schau doch mal, ob es eine (LLL-) Stillgruppe in deiner Nähe gibt. Dort findest du Frauen, die ähnlich denken wie du, und kannst erleben, dass du nicht allein bist, wenn du dich "gegen den Strom" stellst :-) Lieben Gruß, Biggi

von Biggi Welter am 13.02.2020



Antwort auf: Schlaftraining

Huhu, wenn du dich nicht über den Schlafmangel beklagst, dann ist der Rat doch völliger Unsinn... wahrscheinlich ist die Ärztin gewohnt, dass sich die Mütter immer beklagen (genug Beispiele findest Du ja auch hier). Und mit einem Jahr und 3 Monaten wäre es für Dein Kind wahrscheinlich auch langfristig in Ordnung, wenn es nachts nicht mehr trinkt (anders als mit 6 Monaten oder so, wenn Du verstehst was ich meine). Aber wenn es für Dich so passt, und Du Dir vorstellen kannst, weiter nachts zu stillen, dann mach das! Außerdem ist Dein Kind im August schon 1 3/4 Jahre alt. Bis dahin trinkt sie vielleicht ohnehin weniger, oder Du kannst mit ihr besprechen, dass die Brust nachts auch müde ist oder es morgens erst wieder etwas zu trinken gibt, wenn es hell wird (im Sommer) oder ähnliches... wenn dann nötig. Richtig ist: wenn Du nachts gegen den (verständlichen) Willen des Kindes abstillen möchtest, egal, mit welcher Methode, wirst du für 1-2 Wochen wahrscheinlich weniger Schlaf bekommen als sonst. Du brauchst nicht alles zu tun, was die Ärztin Dir rät - außer, es gab irgendeinen medizinischen Grund dafür. Das kannst Du ja nochmal mit Deinem Mann besprechen, der war ja dabei und hätte isch so etwas vielleicht auch gemerkt. Ansponsten würde ich das gar nicht weiter mit ihr diskutieren (jedenfalls nicht vor der nächsten Untersuchung) - da geht es mE "nur" um Einstellung zur Kindererziehung (und nicht um Medizin), und da darf sie gern eine andere Meinung haben als Du - und Du natürlich eine andere Meinung als sie. Also, halt die Ohren steif, geh, wenn es passt, nächstes Mal zu einer anderen Ärztin - oder wieder zu dieser und sag ihr, dass Du von ihr medizinische Hinweise wünschst, aber zur Erziehung eine andere Meinung hast. Und ... ich kenn das, mein Mann sah das auch ein bisschan anders als Du. Aber ich glaube, Männern mögen das mit dem Stillen eh nicht so richtig, weil sie das nicht können. Und grad wenn sie sich engagieren, ist es auch verständlich, dass sie eben alles für das Kind wichtige genauso machen können wollen... Alles Gute!

von zweizwerge am 15.02.2020, 14:39