Frage: Milchzucker in der Muttermilch??

Hallo, ich habe eine dringende Frage und zwar geht es darum, dass wir heut mit unserer kleinen (15 Monate) beim Kinderarzt waren. Da ich eine Frage zum Thema Stillen hatte (ich hab schon oft und viel mit unserem Kinderarzt rüber gesprochen), also sprach ich dies nochmal an, allerdings war die Vertretung da. Sie meinte, dass ich meine Tochter abstillen sollte und ihr warme h-milch geben könnte. So wie ich das mach, dass sie an der Brust einschläft wäre absolut nix, weil auch dad abendliche Zähneputzen hinfällig ist, da in der Muttermilch Milchzucker enthalten ist und ihre Zähne dadurch kaputt gehen könnten. Unser Arzt ist echt super und man kann mit ihm über alles reden, aber ich habe ein mega schlechtes gewissen seitdem sie mir das vorhin so gesagt hat. Wir gucken immer, dass wir nich soviel geben was sowas süßes angeht und geben regelmäßig die flour Tabletten, bemühen uns beim Zähne putzen und und und.... und nun sagt uns die Vertretung! sowas. Was sagen Sie dazu? Ich bitte um Antwort und danke Ihnen schon mal.im vorraus, Liebe Grüße

von yulyana4ka am 15.04.2013, 22:35



Antwort auf: Milchzucker in der Muttermilch??

Liebe yulyana4ka, Muttermilch enthält Laktose, das ist ein Zweifachzucker, der aus Galaktose und Glukose synthetisiert wird. Aber das ist nicht der wesentliche Punkt in dieser Diskussion. Das Problem ist vielmehr, dass sich Experten verschiedener Fachrichtungen leider nur sehr wenig mit Muttermilch und dem Stillen beschäftigen und auch in ihrer Ausbildung nur wenig darüber lernen. Es gibt Untersuchungen, die belegen, dass das Wissen über Muttermilch und Stillen beim medizinischen Personal fast ausschließlich aus den Informationen der Säuglingsnahrungsindustrie stammt! Da sie wahrscheinlich auch nicht viel über die anderen Aspekte des Stillens weiß und deshalb Muttermilch und Stillen mit künstlicher Säuglingsnahrung gleich setzt, muss sie zwangsläufig zu einer anderen Meinung kommen. Wenn ein Baby auf die Welt kommt, ist sein Mund in aller Regel noch frei von diesem Bakterium und meist bleibt dies zumindest so lange so, bis der erste Zahn da ist, bei manchen Kindern kommt es auch erst deutlich nach dem ersten Zahn zu einer Besiedelung mit Streptococcus mutans. Ein ganz wesentlicher Übertragungsweg ist übrigens das Ablecken eines runtergefallenen Schnullers durch die Mutter (oder sonst einen Erwachsenen) und das gemeinsame Benutzen eines Löffels oder das Vorkosten des Breis mit dem gleichen Löffel, wie er zum Füttern benutzt wird. Ob ein Mensch (vermehrt) Karies bekommt oder nicht, hängt auch noch von weiteren Faktoren ab: wie gut oder schlecht hat sich die Mutter in der Schwangerschaft ernährt; waren in der Schwangerschaft Antibiotika notwendig; hatte die Mutter in der Schwangerschaft Erkrankungen, die mit hohem Fieber einhergingen; kommen in der Familie genetisch bedingt gehäuft Schmelzdefekte vor; ist das Kind zu früh geboren ... Du siehst, selbst wenn wir als Mütter auf alles achten, so gibt es noch eine ganze Reihe von Dingen, auf die wir keinen Einfluss haben und es gibt im Leben keine Garantien. Gestillte Kinder und auch langzeitgestillte Kinder bzw. noch lange während der Nacht gestillte Kinder haben nicht mehr Karies als nicht gestillte Kinder und wenn es zu Karies kommt, dann nicht wegen, sondern trotz des Stillens. Selbstverständlich ist Zahnpflege ab dem ersten Zahn bei gestillten Kindern wichtig. Da gibt es überhaupt keine Diskussion, aber Stillen führt nicht zu Karies. Muttermilch greift die Zähne nicht an. Auslöser für Karies ist ein Bakterium mit dem Namen Streptokokkus mutans. Weder Langzeitstillen noch nächtliche Stillen leistet entgegen der immer wieder geäußerten Meinung dem Karies keinen Vorschub. Lange gestillte Kinder, die auch zum Einschlafen und während der Nacht gestillt werden haben nicht mehr Karies als andere Kinder, eher im Gegenteil. Beim Stillen werden die Zähne nicht ständig mit Milch umspült, da im Gegensatz zu einem mit der Flasche gefütterten Kind, die Milch erst weit hinter den Zahnleisten in den Mund gelangt und von dort geschluckt wird. Die Milch läuft aus der Brust nicht einfach aus (wie das bei der Flasche der Fall ist), das Kind muss aktiv arbeiten und schluckt dann auch. Gestillte Kinder und auch langzeitgestillte Kinder bzw. noch lange während der Nacht gestillte Kinder haben nicht mehr Karies als nicht gestillte Kinder und wenn es zu Karies kommt, dann nicht wegen, sondern trotz des Stillens. Selbstverständlich ist aber auch für gestillte Kinder Zahnpflege notwendig und wenn ein Stillkind Karies hat, dann muss das behandelt werden. Wenn Du englisch lesen kannst findest Du weitere Informationen, auch eine Presseerklärung von LLLI zum Thema Karies auf der Homepage von LLLI (www.lalecheleague.org). Gib dort einmal die Suchbegriffe "decay", "dental caries" und "dental health" ein, dann müsstest Du entsprechende Artikel finden. Harry Torney, ein britischer Zahnarzt hat in Nottingham auf der LLL Europakonferenz im letzten Sommer einen Vortrag zum Thema "Breastfeeding and Dental Health" gehalten und in seinem Vortrag aufgezeigt, dass es keinen Zusammenhang mit vermehrtem Auftreten von Karies und Langzeitstillen gibt. Er hat auch eine Arbeit darüber veröffentlicht: "Prolonged, on demand breastfeeding and dental caries an investigation, Torney PH, M Dent Sc thesis, Trinity College, Dublin 1992 LLL Großbritannien hat vor etwa einem Jahr auch eine Infobroschüre mit dem Titel "Breastfeeding and Dental Health" herausgebracht. Über die LLLI Seite kommst Du auch zu Seite von LLLGB und kannst dort eventuell diese Broschüre bestellen. LLLiebe Grüße, Biggi

von Biggi Welter am 16.04.2013