Hallo,
meine Tochter ist nun knapp 5 Wochen alt (ich stille sie ausschließlich) und seit ca. 2 Wochen schreit sie abends vermehrt. Nun liegt die Vermutung nahe, dass sie die sogenannten Dreimonatskoliken hat. Ich habe nun gelesen, dass genauso viele Flaschenkinder wie Stillkinder unter diesen Koliken leiden. Daher komme ich selbst zu dem Schluß, dass meine Ernährung wohl kaum Auswirkungen auf die Koliken haben kann, wenn auch Flaschenkinder darunter leiden. Stimmt das?? Welche Erfahrung haben Sie gemacht?? Was für Lebensmittel und Getränke sollte ich wirklich vermeiden??
LG,
Julia
von
julikorn
am 19.10.2012, 14:07
Antwort auf:
Hat die Ernährung der Mutter wirklich Auswirkungen auf Säuglingskoliken???
Liebe Julia,
ja, es ist tatsächlich so: Die Ernährung der Mutter wirkt sich nur selten auf das Baby aus, darum gibt es auch keine klare "Stilldiät". Es ist meist ganz unerheblich, und in den Fällen, wo die Babys doch reagieren, tun sie das ganz individuell.
Eine stillende Mutter muss weder bestimmte Nahrungsmittel (z.B. Kuhmilch) zu sich nehmen, noch müssen alle stillenden Mütter bestimmte Nahrungsmittel meiden. Von Ausnahmefällen abgesehen macht die Mehrheit der stillenden Mütter die Erfahrung, dass sie alles, was sie mögen, in Maßen essen können auch Schokolade und stark gewürzte Speisen ohne dass sich dies auf ihre Babys auswirkt und viele kleine Babys haben Blähungen ganz gleich, was ihre Mütter essen. Auch wenn viele Mütter davon gehört haben, dass durch den Genuss von „blähenden" Lebensmitteln Blähungen bei ihrem Baby hervorgerufen werden, ist diese Meinung mit Vorsicht zu genießen. Darmgase entstehen bei der Verarbeitung von Faserstoffen (Ballaststoffen) durch die Darmbakterien im Verdauungstrakt. Weder Verdauungsgase noch Ballaststoffe gehen in die Muttermilch über, auch nicht, wenn die Mutter unter extremen Blähungen leidet. Genau so wenig verändern stark säurehaltige Nahrungsmittel den pH Wert der Muttermilch. Deshalb gibt es auch kein Verbot für Orangensaft.
Normalerweise können stillende Mütter alles essen, bei manchen Nahrungsmitteln ist es allerdings anzuraten, dass sie nicht im Übermaß genossen werden. Am ehesten ist zu erwarten, dass Nahrungsmittel, die bei Ihnen Blähungen hervorrufen auch bei Ihrem Kind zu Blähungen führen können. Manche Babys haben Blähungen oder Koliken, ganz gleich, was ihre Mutter isst oder nicht isst.
Letztendlich bleibt nicht anderes übrig, als auszuprobieren, ob ein Baby auf etwas reagiert oder nicht, denn das ist wirklich von Kind zu Kind unterschiedlich.
Prophylaktische Enthaltsamkeit ist jedenfalls nicht notwendig. Gut, oder??
Ich hänge dir noch einen Artikel von Prof. Dr. B. Koletzko zu diesem Thema an, der sich ebenfalls mit dem Thema beschäftigt hat.
Lieben Gruß,
Kristina
„Milch und Kohl. Schlimm für Babys Bauch?"
Stillende Mütter sollten unbedingt blähende Nahrungsmittel meiden, raten Hebammen seit Generationen, weil Kohl & Co. dem Baby Bauchkrämpfe bescherten. Doch was ist wirklich dran an derartigen Empfehlungen?
Zweifellos können blähende Lebensmittel bei der Konsumentin selbst Meteorismus auslösen, und ein Teil der im mütterlichen Darmtrakt gebildeten Gase findet sich in der Ausatemluft wieder, nicht aber in der Muttermilch zumindest nicht in nennenswerter Menge. "Muttermilch Sprudel" muss das Baby also sicher nicht trinken, stellt Professor Dr. B. Koletzko Abteilung Stoffwechselstörungen und Ernährung, Dr. von Haunersches Kinderspital, Klinikum Innenstadt, München. Möglicherweise sind es aber Metabolite aus dem mütterlichen Stoffwechsel, die dem Kind Bauchkrämpfe bescheren, z.B. kurzkettige Fettsäuren oder andere organische Säuren. In einer offenen Beobachtungsstudie mit fast 300 Stillenden kam es in der Tat signifikant häufiger zu infantilen Koliken, wenn die Mutter Kohl, Zwiebeln und Kuhmilch zu sich nahm. Allerdings war dieser Effekt insgesamt nicht sehr stark ausgeprägt und für Brokkoli und Blumenkohl gar nicht nachweisbar.
Nur was den Genuss von Kuhmilch betrifft, geht die Erklärung für einen möglichen Zusammenhang mit kindlichen Koliken über reine Spekulation hinaus. In diesem Fall handelt es sich wahrscheinlich um eine allergische Reaktion auf Kuhmilcheiweiß. Bei 10 bis 15% der Kolikkinder,
so konnten Studien nachweisen, liegt jedenfalls eine Unverträglichkeit gegen ein in die Muttermilch übergegangenes Fremdeiweiß vor. Bei heftigen infantilen Koliken rät der Pädiater den Müttern daher, sich versuchsweise eine Woche lang kuhmilchfrei (eigene Anmerkung: zwei
Wochen sind sicherer, da Kuhmilchproteine bis zu 10 Tage im mütterlichen Organismus nachweisbar sind) zu ernähren. Falls sich die Symptome darunter deutlich bessern und erneuter Kuhmilcheiweiß Verzehr wieder kindliche Beschwerden provoziert, kann diese Kost für die Stillzeit
beibehalten werden. Meist ist dann allerdings eine Kalziumsupplementierung erforderlich.
Diät hält vom Stillen ab. Vom etwaigen Verzicht auf Kuhmilchprodukte abgesehen sind nach Prof. Koletzkos Meinung restriktive Ernährungsempfehlungen für stillende Mütter jedoch nicht
wissenschaftlich begründbar. Sie können zu einem Nährstoffmangel führen, verkomplizieren unnötig das Leben während der Stillzeit und sind nicht selten Ursache dafür, dass Frauen frühzeitig abstillen.
(Quelle: AFS Rundbrief 5 6/2001)
von
Kristina Wrede
am 19.10.2012
Antwort auf:
Hat die Ernährung der Mutter wirklich Auswirkungen auf Säuglingskoliken???
Liebe Kristina,
vielen vielen Dank für Deine ausführliche und auch wirklich hilfreiche Antwort. Auch der angehängte Artikel war sehr interessant.
Dann werde ich nur Zwiebeln und Kohl möglichst selten essen und die Koliken erstmal weiter beobachten, bevor ich testweise auf Kuhmilch verzichte.
Das freut mich echt, dass ich nicht auf viele Lebensmittel verzichten muss. Es entspannt die Lage -vielen Dank.
Julia
von
julikorn
am 21.10.2012, 14:12
Antwort auf:
Hat die Ernährung der Mutter wirklich Auswirkungen auf Säuglingskoliken???
Das freut mich, liebe Julia!
Herzlichen Gruß,
Kristina
von
Kristina Wrede
am 21.10.2012