Monatsforum Dezember Mamis 2020

Mein Vater - silpo

Mein Vater - silpo

Thiara82

Hallo zusammen, ich weiß gerade nicht wohin mit meinen Gedanken. Meine Mutter ist ja im Mai plötzlich, wenn auch nach längerer Pflege Zuhause, verstorben. Mein Vater geht, soweit ich das weiß, jeden Tag zum Friedhof. Jedenfalls trifft er sich gerade mit einer Bekanntschaft aus dem Internet. Meine Schwester sagte es mir gerade und ich weiß genauso wenig meine Schwester damit umzugehen. Klar, von einem Treffen entsteht keine Beziehung und am Ende ist es auch seine Sache, aber ich finde diesen Gedanken gerade noch ganz furchtbar. Das wird emotional eh ein schlimmes Jahr für mich. Wir hatten schon vier Geburtstage ohne meine Mutter (die waren wirklich schlimm, weil mein Mutter schon vor ihrem Tod für uns alle Geburtstagsgeschenke besorgt hatte). Dann die Geburt unseres Kindes ohne sie und auch das erste Weihnachten ohne meine Mutter. Das alles ist so schwierig für mich, aber mit dem Gedanken, dass da dann eine fremde Frau sein soll, komme ich gar nicht klar. Ich für mich hätte lieber ein ganzes Trauerjahr um dieser eben bei solchen Daten auch ihren Raum zu geben. Hach, ich weiß auch nicht. Das ist gerade nicht leicht für mich zu verdauen... Tut mir leid, für diesen sinnlosen Post, aber irgendwie musste das mal raus...


Monia93

Antwort auf Beitrag von Thiara82

Das willst du sicher nicht hören.. aber sei doch froh das dein Vater weiter lebt und sich nicht einigelt... wie schön das er sich ablenken kann und ihm das gut tut... jeder trauert einfach anders. Ich finde es wäre egoistisch ihm das zu nehmen.


Thiara82

Antwort auf Beitrag von Monia93

Nein, du hast schon Recht. Das weiß ich auch. Ich hab auch nicht wie meine Schwester die Trauer-Brille auf, sondern sehe schon, dass die letzten Jahre der Pflege (auch wenn meine Mutter geistig noch topfit war) nicht leicht waren und ich weiß auch, dass die Ehe vorher eigentlich nicht mehr existiert hatte. Sie hatten eher nebeneinander her gelebt. Hätten dieses Jahr im Sommer Goldene Hochzeit gehabt... Aber wahrscheinlich gehört es zu meiner Trauer einfach dazu, dass ich da jetzt noch niemand neues sehen möchte. Aktuell fühlt sich der Gedanke einfach falsch an. Auch wenn ich mich generell für meinen Vater freuen würde...


Hope3103

Antwort auf Beitrag von Thiara82

Huhu... Natürlich kann ich es verstehen das es für dich schwer ist.... Aaber auch ich finde das dein Vater ein eigenes Leben hat... Er sitzt allein zu Hause... Es ist absolut egoistisch ihm das nicht gönnen...auch wenn du es nicht nachvollziehen kannst... Er hat ein recht darauf und muss sich vor niemandem rechtfertigen... Es heißt ja nicht das deine Mama vergessen ist...


Thiara82

Antwort auf Beitrag von Hope3103

Entschuldige bitte, aber ich habe nirgendwo geschrieben, dass ich ihm das nicht gönne oder das er uns gegenüber Rechenschaft ablegen müsste. Egoistisch bin ich wohl kaum, aber ich habe eben auch ein Recht auf meine Trauer und ein Recht auf Zeit das zu verarbeiten.


Sophie143

Antwort auf Beitrag von Thiara82

Hallo meine Liebe, ich kann Deine Gedanken und Gefühle gut nachvollziehen. Natürlich willst Du, dass es Deinem Vater gut geht und er nicht sein Leben lang allein ist - der Gedanke an eine neue Frau ist trotzdem so kurz nach dem Tod nicht einfach und daher nachvollziehbar schwierig. Wir hatten bei uns eine ähnliche Situation vor 3 Jahren. Die Großeltern meines Mannes sind für ihn wie Eltern - er ist größtenteils bei ihnen aufgewachsen, vom Alter her waren sie ebenfalls fast "passend". Die Bindung daher sehr eng, wir haben mit ihnen zusammen im Haus gewohnt. Sein Opa war seit einigen Jahren an Krebs erkrankt und es ging ihm stetig schlechter. Seine Oma hat ihn überall hin begleitet, war immer an seiner Seite. Aber natürlich ist das eine sehr schwere Zeit. Die goldene Hochzeit haben sie im Herbst 2016 noch gefeiert, im März 2017 ist er verstorben. Trotz Krankheit auch relativ plötzlich. Nun war es so, dass sie nach gut 3 Monaten über einen Wanderclub einen neuen Mann kennengelernt hat. Sie hat es verheimlicht, keiner wusste etwas davon - er war auch nie zuhause bei uns, daher haben wir es nicht mitbekommen. Im September war dann eine Hochzeit in unserer Familie und dort kam es irgendwie raus, dass sie seit 2 Monaten einen Freund hat. Das kam in der gesamten Familie nicht gut an und alle fanden es zu früh. Die ganze Situation hat die Familie leider auseinander gerissen. Sie war zu dem Zeitpunkt erst 68 und natürlich soll sie nicht ihr restliches Leben alleine in Trauer leben. Das hätte Opa auch nie gewollt. Dennoch war es vielleicht auch die Art und Weise und der Zeitpunkt so schnell nach dem Tod, dass es für viele nicht leicht bzw. nachvollziehbar war. Jeder gönnt ihr das - aber sie hat es leider auch nicht nachvollziehen können, dass man es nicht "gutheißt" bzw. ihren neuen Freund nicht "lieb haben" muss. Sie hat es leider direkt auf sich bezogen. Wer ihn nicht mag, mag sie nicht. So in der Art... Nun nach gut 3 Jahren sind sie immer noch zusammen und das ist ja auch schön so. Man kann sich nicht aussuchen, wann man sich verliebt oder wie das alles läuft. Das ist in jungen Jahren schon so und in älteren Tagen scheinbar auch. Sprich offen mit Deinem Vater darüber, dass es Dir schwer fällt und (falls es etwas ernstes ist), Du auch Zeit brauchst damit umzugehen. Dass sie Deine Mutter nie ersetzen wird ist völlig klar. Ich wünsche Dir möglichst viel Einfühlungsvermögen - das gleiche wünsche ich aber auch Deinem Vater, denn für Euch als Kinder ist es natürlich ebenso schwer. Alles Liebe!


Thiara82

Antwort auf Beitrag von Sophie143

Danke für deine Worte! Mir ist ja auch klar, dass niemand alleine sein sollte, wenn er das nicht will. Ich hoffe wirklich, dass mein Vater Verständnis hat, dass wir dieses Jahr noch etwas Abstand brauchen, aber wer weiß, ob daraus überhaupt was wird. Und Weihnachten wird ja durch unser Baby dieses Jahr ja eh ganz anders. Ich glaube, da trifft es meine Schwester (sie leben in einem Haus zusammen) wesentlich schwieriger.


ChaosMistress

Antwort auf Beitrag von Thiara82

Ich möchte dir gerne so viel schreiben und doch finde ich keine Worte. Du machst deinem Papa keinen Vorwurf sondern sprichst nur davon, dass es dir schwer fällt. Das finde ich ganz wunderbar von dir und verstehe trotzdem deine Sorgen und Gedanken. Jeder Mensch trauert anders. Vielleicht braucht dein Papa gerade einfach nur Kontakt zu einer anderen Person. Ablenkung und versucht aus dem Haus zu kommen. Wenn man plötzlich alleine ist entwickelt man seltsame Verhaltensweisen. Vielleicht kannst du ja mal mit ihm darüber reden. Vielleicht stellt sich heraus, dass er es gerade einfach nur nicht aushält alleine zu sein. Oder er erzählt dir, dass da vielleicht mehr entstehen könnte. Dann, finde ich, hast du auch das Recht offen zu sagen, dass du diese Person dann bitte noch nicht bei bestimmten Feiertagen und Festen dabei haben möchtest. Du lehnst sie ja nicht direkt ab, du brauchst nur einfach noch viel mehr Zeit. Es ist dein Papa. Rede mit ihm über all deine Gefühle, Gedanken, Bedenken oder schreibe erstmal nur einen Brief für dich selbst, um deine Gedanken zu ordnen. Wenn du ihm das genau so sagst, wie du es uns schreibst, dann kann er dir doch nicht böse sein, oder? Du möchtest ja, dass er wieder glücklich wird aber hast selbst noch nicht alles überwunden. Ich kann mir deine Schmerzen und Trauer unmöglich vorstellen, aber ich kann dir versprechen, dass es irgendwann leichter wird. Nur wann, das entscheidet jede Seele für sich. Da hilft nur ganz viel reden, weinen und trauern dürfen und Zeit. Ich wünsche dir alles Gute.


-Stubsi-

Antwort auf Beitrag von ChaosMistress

Das ist so wunderbar geschrieben, dass ich mich hier einfach nur anschließen möchte. Ich hätte keine besseren Worte finden können. Fühl dich unbekannterweise einfach einmal fest in den Arm genommen.


Thiara82

Antwort auf Beitrag von ChaosMistress

Vielen lieben Dank für deine Worte! Sie treffen wohl zu 1.000% zu. Reden war nie die Stärke meines Vaters. Das war immer der Part meiner Mutter. Ich glaube, mich hat das heute einfach kalt erwischt. Wir leben ja 200km getrennt und das kam dann irgendwie ganz plötzlich. Ich warte jetzt erstmal ab, was sich da überhaupt entwickelt. Das muss wohl das erste Treffen gewesen sein. Wobei das jetzt auch schon 7 Stunden geht. Ich muss mal die Tage mit meiner Schwester sprechen, wie sie das ganze wahrnimmt. Heute kann ich das nicht... Vielen Lieben Dank nochmal!!!


ValentinsMum

Antwort auf Beitrag von Thiara82

Jeder hat seine ganz eigene Art mit der Trauer umzugehen. Du möchtest deinen Gefühlen Raum geben, das ist richtig und wichtig damit DU abschließen kannst. Dein Vater versucht weiter zu leben. Wenn deine Mama schon so lange nicht mehr richtig am Leben Teil genommen hat, vllt hat sich dein Papa schon vor langer Zeit verabschiedet. Das ist auch Okay. Der Tod ist für Familien immer eine schwierige Situation aber wenn jeder jedem seine Art zu Trauern lässt, dann verliert man sich nicht. Ich wünsche dir alles Liebe für die noch kommende Zeit und vergiss bei all der Trauer nicht die Freude über euer Kind.


Thiara82

Antwort auf Beitrag von ValentinsMum

Danke dir!!! Doch, meine Mutter stand bis auf eine halbseitige Lähmung und dem damit einhergehenden Pflegeaufwand noch voll im Leben. Sie saß im Rollstuhl, machte aber noch täglich ihre Laufübungen usw. Die Trauer hatte in der Tat die erste Zeit der Schwangerschaft überschattet. Meine Mutter starb an dem Tag, an dem sie das Herz von unserer Maus im Video hat schlagen sehen. Manchmal glaube ich, dass ich eigentlich zu wenig getrauert habe. Denn immer mal wieder, alle paar Wochen, bricht es raus, wenn auch nicht stark. Aber vielleicht ist das ja auch normal...


ValentinsMum

Antwort auf Beitrag von Thiara82

Bei der Trauerbewältigung ist alles normal was gut tut. Aber ja, vllt hast du zu wenig getrauert. Du musst der Trauer ihren Raum geben. Es gibt so viele verschiedene Phasen der Trauer, aber sie befolgen keine Reihenfolge. Aber freue dich auch auf dein Kind. Das ist sowas positives und schönes! Was deinen Vater angeht akzeptiere einfach seine Art zu Trauern - ich denke nicht dass er neue Bekanntschaften gleich in die Familie einführen möchte. Wie gesagt vllt ist es einfach Ablenkung. Dass deine Mutter bis zum Schluss am Leben Teilnahm Ist doch wunderbar. Und sie hat das Herz schlagen gesehen. Ein schöner moment. Und ich denke sie ist bei dir und dem ungeborenen. Kopf hoch, Liebes!


Civica84

Antwort auf Beitrag von Thiara82

Mensch, du arme. Lass dich mal virtuell drücken, wenn du magst. Auch wenn das meiste ja bereits gesagt ist, mag ich mich dennoch auch kurz zu Wort melden. Meine Mama ist gestorben, da war ich grade 17 geworden. Die Situation war ein bisschen anders, denn mein Papa hatte damals bereits eine Freundin gehabt und eigentlich wollten die beiden sich auch grade trennen bzw. stand grade der Umzug bevor. Ich kannte die neue Freundin damals nicht, kann daher aber das Gefühl in etwa nachempfinden dass ich gehabt hätte, wenn Papa sie danach zu Familienfeiern eingeladen hätte. Das ist so intim und traurig und das kann man in dem Moment nur mit Menschen teilen, die das genauso nachempfinden können. Das heißt ja nicht, dass man jemanden das Glück nicht gönnt. Aber es ist alles einfach nicht so leicht. Übrigens hat mein Papa auch trotz neuer Freundin sehr getrauert, das habe ich allerdings auch erst vor kurzem so erfahren. Irgendwie war mir das nie so bewusst gewesen. Ich denke auch, dass ihr reden solltet und wer weiß... Ich habe auch erst nach dem Tod meiner Mutter ein ganz neues, innigeres Verhältnis zu meinem Papa entwickelt, in dem man plötzlich auch über solche Dinge reden kann. Also nur Mut. Und ich glaube auch nicht, dass du zu wenig trauerst. Das muss Stück für Stück verarbeitet werden, das geht nicht "alles auf einmal". Grade jetzt durch die besondere Situation der Schwangerschaft kommt es mir auch als wieder hoch, es fehlt da doch ganz gewaltig jemand. Ganz wichtig ist nur drüber reden. Immer und immer wieder, wenn dir danach ist.


Maxi4

Antwort auf Beitrag von Thiara82

Ich finde es absolut normal, dass man da ein „Wörtchen“ „mitzufühlen“ hat wenn der Vater so kurz nach dem Tod der Mutter eine neue Frau an der Seite hat. Es betrifft einen nunmal ganz natürlicherweise. Jahrzehntelang gab es den Vater nur mit der Mutter und für Kinder bleibt das immer eine Einheit, trotz allen Wissens über den Beziehungszustand der Eltern. Man kommt auf die Welt und das erste und größte, was einen prägt, ist die Familie. Da dann negative, traurige Gefühle zu haben, ist nicht egoistisch. Vor allem nicht wenn alles so frisch ist. Man hat dann auch das Recht, so damit umzugehen wie es einem gut tut, solange man dem Vater nicht absichtlich weh tut.


Leo engel

Antwort auf Beitrag von Thiara82

Ich schleich mich mal kurz rüber aus dem November (hab inzwischen ET aber 1.12. Und les hier mit)... Hier hatten wir ähnliches bei meinem Schwager. Er hat seine Krebskranke Frau Jahre gepflegt, bis zum Ende und es war ein sehr langer Leidensweg und am Ende einfach nur noch Erlösung für sie und auch ihn. Er hatte nach 6 Monaten eine neue Partnerin an seiner Seiten und es gab einige die dafür kein Verständnis hatten und er musste sich viel negatives anhören, dass er seine Frau so schnell vergessen hätte etc. Das fand ich ganz schlimm. Er ist 10 Jahre mit seiner Frau durch die Krebserkrankung gegangen, die letzten zwei Jahre als voller Pflegefall und das mit unter 50 Jahren. Er hat alles für sie gegeben und in meinen Augen hatte er dieses Glück verdient. Ich kann deine Trauer und Gedanken verstehen, du bist noch nicht so weit. Aber dein Vater ist es und hat das Glück verdient und auch das Verständnis, dass die Partnerin akzeptiert wird.