Nabelschnurblut: Einlagerung sinnvoll?

Dr. med. Andreas Busse Frage an Dr. med. Andreas Busse Kinderarzt
Antwortet von Samstag - Mittwoch

Frage: Nabelschnurblut: Einlagerung sinnvoll?

Lieber Herr Dr. Busse, in meiner Entbindlungsklinik ist es möglich, Nabelschnurblut zu entnehmen und mit einem kommerziellen Anbieter einlagern zu lassen. Natürlich stellt der Anbieter die großen Vorteile heraus, in unabhängigen Artikeln (allerdings keine med. Fachartikel, sondern nur Infotexte im Internet) wird klargestellt, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass ein Kind das Blut wirklich mal bräuchte und dass die Menge der Stammzellen sowieso noch nicht für Therapien im Erwachsenenalter ausreichend sei. Kurz zu unserer Situation: Bin 40 und durch ICSI schwanger geworden, davor Abort in der 13. SSW (4 Jahre zuvor Geburt eines gesunden Jungen). Der Harmonytest auf 3 Trisomien war unauffällig (alles andere, was beim Test noch angeboten wurde, haben wir nicht testen lassen), allerdings hatte ich bis zur 16. Ssw immer wieder Blutungen, was ja ein Zeichen dafür sein kann, dass etwas nicht stimmt. Das 2. Feinscreening wurde durch einen Fachmann durchgeführt, der leider nur eine Nabelschnuraterie statt zwei Arterien festgestellt hat, ansonsten zum Glück ein unauffälliger Organ- und Körper-/Entwicklungsbefund beim Kind. Er meinte trotzdem, dass dies ein Softmarker für genetische Defekte sei und dass es außerdem auch zu einer Mangelversorgung kommen könnte, mehr wollte er nicht erklären und verwies darauf, dass meine Frauenärztin entscheiden solle, wie bzw. ob man weitere (ggf. engmaschig eure) Untersuchungen macht. In der Nabelschnurblut-"Werbung" des kommerziellen Anbieters heißt es u. a. dass man auch Hinrschäden therapieren könnte (und irgendwie denke ich als Laie bei Unterversorgung sofort an eine kognitive Einschränkung zB durch Sauerstoffmangel). Aber auch aufgrund der genannten Wahrscheinlichkeit möglicher genetischer Defekte denke ich nun darüber nach, ob es nicht wirklich sinnvoll wäre, Nabelschnurblut bei diesem Kind einzulagern. (Bei Kind Nr. 1 haben wir uns darüber gar keine Gedanken gemacht.) Wie schätzen Sie die Einlagerung von Nabenschnurblut generell ein? Und wie in unserem persönlichen Fall? Offensichtliche Behinderungen gibt es in unserer beider Familien keine, jedoch bei den Eltern bzw. Großeltern von meinem Mann und mir Krebs und Alzheimer, bei einem Onkel von mir Diabetes und bei einem Kind meines Bruders einen Verdacht auf Autismus. Danke jetzt schon für Ihre Antwort und herzliche Grüße

von Surja am 13.09.2021, 09:17



Antwort auf: Nabelschnurblut: Einlagerung sinnvoll?

Liebe S., der Fall, dass eigene Stammzellen aus Nabelschnurblut wirklich irgendwann zur Behandlung einer Krankheit sinnvoll wären, kommt so äußerst selten vor, dass der finanzielle Aufwand, der damit verbunden ist, meines Erachtens den möglichen Nutzen übersteigt. Zumal in vielen Fällen eben nicht die eigenen Stammzellen brauchbar sind für eine Behandlung sondern wirklich die von "passenden" Spendern. Gerade bei einem mit so mit vielen Problemen erreichten eigenen Kind halte ich es für extrem wichtig, dass man sich spätestens nach der Geburt frei macht vom ständigen sich sorgen, weil nur so das Kind unbeschwert aufwachsen kann und man selber und das Kind glücklich werden können. Alles Gute!

von Dr. med. Andreas Busse am 13.09.2021



Antwort auf: Nabelschnurblut: Einlagerung sinnvoll?

Liebe S., das Einfrieren von Nabelschnur-Stammzellen ist eine höchst spekulative Investition in die kindliche Zukunft. Konkrete Hinweise, dass die Zellen sich beim eigenen Kind nützlich machen könnten, fehlen bislang. "Mütter von gesunden Neugeborenen und ihre Familien sollten wissen, dass es nach dem heutigen Stand des Fachwissens kein Versäumnis darstellt, das Nabelschnurblut des Kindes nicht einzufrieren", heißt es klipp und klar in einer Stellungnahme der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Knochenmark- und Blutstammzelltransplantation , die völlig mit den Empfehlungen der Amerikanischen Gesellschaft für Blut- und Knochenmarkstransplantation übereinstimmt. Und: Im Fall, dass das Kind an Blutkrebs erkrankt – einem Haupteinsatzgebiet für eine Therapie mit Stammzellen – hilft die Lebensversicherung auf Eis nichts: Denn die eigenen Stammzellen enthalten meist von Geburt an die bösartigen Zellen, die den Krebs auslösen. Außerdem sind bei dieser Krebstherapie Spenderzellen sogar besser geeignet, da auch das fremde Immunsystem an der Krebsbekämpfung beteiligt ist. Ob Stammzellen aus dem eigenen Nabelschnurblut Jahrzehnte später helfen können, Erwachsenenleiden zu heilen, ist schon deshalb fraglich, weil noch niemand genau weiß, wie lange sie in kryokonservierter Form funktionstüchtig bleiben. Also sparen Sie sich das Geld bzw. machen davon etwas Schönes für die ganze Familie. Alles Gute!

von Dr. med. Andreas Busse am 24.04.2023



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