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Down-Syndrom und Aggression?

Thema: Down-Syndrom und Aggression?

Hallo, vielleicht kann mir jemand weiterhelfen, der Erfahrungen mit Down-Syndrom-Kindern hat: Im Zusammenhang mit Down Syndrom habe ich bisher immer nur von "Sonnenscheinkindern" gelesen/gehört, d.h. Kinder, die ein sonniges Gemüt haben, viel lachen, friedliebend und ausgeglichen sind. In die Kindergartengruppe meiner Tochter wurde vor kurzem ein Junge mit Down-Syndrom aufgenommen, der das genaue Gegenteil zu sein scheint. Er hat grundsätzlich, wann immer man ihn sieht, einen verärgerten, ja beinahe schon feindseligen Gesichtsausdruck, er ist sehr oft sehr zornig und wird den anderen Kindern gegenüber auch oft handgreiflich. Die Erzieherinnen wissen offensichtlich nicht genau, wie sie damit umgehen sollen bzw. was sie den anderen Kindern sagen sollen, wie man am besten reagiert. Ich wüsste nun gerne, ob dieses Verhalten ein Wesenszug begründet im Down-Syndrom sein kann oder ob es andere Ursachen gibt, z.B. Unzufriedenheit/Frust auf Grund mangelnder Mitteilungsmöglichkeiten, d.h. er haut, weil er sich verbal nicht wehren kann. Und, ganz wichtig: Wie geht man damit um? Dürfen die anderen Kinder sich wehren, schimpfen? Wie können Erzieherinnen eingreifen? Danke für Eure Erfahrungen! Grüße Andrea

Mitglied inaktiv - 27.05.2011, 22:57



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Hallo Andrea, ich kenn den Jungen nicht und so ist alles nur Vermutung (es gibt schließlich auch Kinder mit "Läusen und Flöhen"). Ich denk aber, deine Vermutung geht schon in die richtige Richtung. Kinder, die sich nicht so gut ausdrücken können, reagieren auch aggressiv. Zum einen weil die Ausdrucksmöglichkeiten für die Emotionen fehlen und sie auf der argumentativen Schiene klar unterlegen sind, zum anderen weil sie auch andere Dinge nicht so gut ausdrücken können, wie sie vielleicht wollen. Auch kann eine ungleichmäßige Entwicklung der unterschiedlichen Bereiche zu Frustration führen. Down-Syndrom-Kinder haben meist einen Entwicklungsrückstand in der Motorik. Das jeden Tag zu erleben, kann frustrierend sein. Oder aber das Kind wird ständig überfordert mit Anforderungen, die es nicht oder nur mit sehr großen Anstrengungen erfüllen kann. Natürlich kann aber auch etwas anderes dahinter stecken. Bloß weil er das Down-Syndrom hat, heißt das nicht, dass er den ganzen Tag glücklich und lieb sein muss. Er kann - wie jedes andere Kind auch - natürlich auch andere Gefühle haben. Vielleicht hat er Eingewöhnungsprobleme. Oder vielleicht gibt es auch bei ihm zu Hause Probleme .... Wenn das Problem in Einschränkungen auf einem bestimmten Gebiet liegen (Kommunikation oder Mototrik), dann muss man ihn da fördern und man kann versuchen Hilfsmittel zu finden, die die Behinderung ausgleichen. Bei der Kommunikation kann das die Gebärdensprache sein. Positiv würde sich auch auswirken, wenn der Junge sich als Teil der Gruppe erlebt (vielleicht kann die ganze Gruppe die Gebärdensprache bzw. Geärden nach GUK lernen) und auch etwas hat, auf das er stolz sein kann (etwas das er besser kann als die anderen). Ansonsten hilft sicher, wenn der Junge sich angenommen und geliebt fühlt. Er braucht bestimmt mehr Aufmerksamkeit und vielleicht auch zeitweise 1 : 1 - Betreuung (nicht alleine, aber eben mit einer Bezugsperson nur für ihn). Auch wenn der Junge ein Chromosom zuviel hat, gelten Regeln für ihn natürlich genauso wie für alle anderen. Bestimmte Verhaltensweisen sollten nicht geduldet werden, auch wenn der Lernprozess vielleicht etwas länger dauert. Möglicherweise helfen Piktogramme für die Verdeutlichung der Regeln: http://www.pecsforall.com/ Liebe Grüße Anja

von 4hamänner am 27.05.2011, 23:25



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Als erstes: Down-Syndrom kann noch gekoppelt sein mit anderen Behinderungen und Einschränkungen - das sollte abgeklärt sein. Dann sollte unbedingt abgeklärt werden woran es noch liegen könnte: Soziales Umfeld zuhause? Probleme? Könnte das Kind so "fit" sein, dass es seine Defizite bemerkt und dadurch kompensieren will? Bräuchte dieses Kind einen "festeren" Handlungsrahmen? Findet es sich in der Gruppe zurecht, oder ist es damit überfordert und deshalb aggressiv? Danach gehören unbedingt Regeln und Konsequenzen festgelegt, die andren Kinder dürfen darunter nicht leiden - das Down-Kind darf aber auch nicht zum "Buh-Mann" der Gruppe abgestempelt werden. Dazu müsste erst mal im Team alles genau besprochen und festgelegt werden, das Thema müsste unter den Kinder abgesprochen werden usw. Sehr komplex das alles. Habe das schon einmal so ähnlich erlebt. Sehr gut ist es auch, wenn einer vom Personal immer für den Kleinen abgestellt ist, bis es "besser" wird......Vielleicht könnte dem Personal auch ein Psychologe, oder Supervision helfen.

von Flirrengel am 28.05.2011, 09:51



Antwort auf Beitrag von Flirrengel

Down-Syndrom ist kein "Grinse-Syndrom". Die Kinder sind so unterschiedlich wie du und ich. Es gibt sehr fröhliche Downy´s und dann wieder eher die mürrischen. Was du beschreibst, ist allerdings def. auffällig. Kann viele Ursachen haben. Entweder sind die Eltern selbst überfordert und reagieren wie der Junge.. ich sag mal "unwirsch", oder grob, so dass der Junge dies vorgelebt bekommt. Oder er ist bisher nicht all zu viel mit mehreren Kinder zusammen gewesen und reagiert aus verunsicherung. Oder (und das glaube ich eher), er ist auf Grund seiner verbalen Einschränkungen frustriert und reagiert daher so. Da du es nicht schreibst, geh ich nun davon aus, dass der Junge keine Gebärden erlernt hat, stimmts? Meiner Tochter bringe ich Gebärden (GuK) bei, damit eben dies nciht passieren wird. Dass wenn sie sich später vielleicht schlechter oder wenig verbal verständigen kann, dass sie nciht frustriert, sondern dass sie eine Form der Verständigung hat.

von Abbey am 28.05.2011, 10:48



Antwort auf Beitrag von 4hamänner

normalerweise muß das Kind in einen Integrationskindergarten.Da sind dann auch geschulte Erzieher da die genau wissen wie man mit diesen Kindern umgeht und wie man sie itegrieren kann.

von Maximum am 28.05.2011, 11:21



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Vielen Dank für Eure Kommentare und den einen oder anderen Link. Die Erzieherinnen haben als Unterstützung eine Heilerzieherin (heißt das so?) bekommen, die nur für dieses Kind da ist. Dennoch wird es wohl noch eine Weile dauern, bis sich alle an die neue Situation gewöhnt haben. Ich denke, wir warten nun einfach mal ab, wie sich alles entwickelt. Gegebenenfalls kann man das ja auch mal beim nächsten Elternabend ansprechen... Viele Grüße Andrea

Mitglied inaktiv - 29.05.2011, 19:07