Hi,
bin jetzt Ende der 36. Woche und meine Kleine will sich einfach nicht drehen. Alle Versuche (Moxen, Indische brücke etc.) haben rein gar nichts gebracht. Eine äußere Wendung kommt für mich nicht in Frage, da ich viel zu viel Angst davor habe und meine Kleine auch zu nichts zwingen will. Nun soll ich mich entscheiden, ob ich eine spontane Geburt versuchen möchte oder auf einen KS gehe. Da dies mein erstes Kind ist, raten mir die meisten zu einem KS, um das Risiko für mich und die Kleine zu minimieren. Wie sehen Sie das?
LG Marion
Mitglied inaktiv - 09.05.2008, 07:23
Antwort auf:
Spontangeburt aus BEL?
Liebe Marion,
„Die sicherste und einfachste Art, das fetale geburtsmechanische Risiko bei Beckenendlagen zu vermeiden, ist die systematische Schnittentbindung“ Kubli 1975
Die Überzeugung Kublis und die technische Aufrüstung der Kreißsäle durch fetales und maternales Monitoring führte dazu, dass in Deutschland den vermeintlichen fetalen Risiken bei einer vaginalen Entbindung mit einer Sectio begegnet wurde.
Kubli hat seine Aussage in späteren Jahren relativiert, aber das hat niemanden interessiert.
Viele Geburtsmediziner konnten sich zu Beginn der 80er Jahre noch kein Bild von der Größe und Lage des Feten machen, da sie schlecht oder gar nicht in der Ultraschalltechnik ausgebildet waren. So erklärt sich, dass 1984 im Bericht der Standardkommision Beckenendlage (Berg et al 1984), der unter anderem auch Kubli angehörte, die Indikationen für eine Sectio weit gefasst wurden. Die Technik des Kaiserschnittes hatten alle angehenden Frauenärzte anlässlich einer Weiterbildung erlernt.
Rauskolb (2005) analysierte die Daten der niedersächsischen Perinatalstatistik und kommt zu dem Ergebnis, dass die Rate bei Erstgebärenden bei fast 100% und bei Mehrgebärenden zwischen 84 und 90% liegt. Da für das gesamte Land kongruente Zahlen angenommen werden können, bedeutet dies, dass die aktuelle Kaiserschnittrate in Deutschland bei Beckenendlage bei 90% liegt. Diese Zahlen betreffen nicht nur Deutschland, sondern sind weltweit zu finden. (Alexandersson 2005)
An dieser Entwicklung war eine im Jahr 2000 veröffentlichte, prospektiv randomisierte Studie von Hannah et al maßgeblich beteiligt. Der so genannte „Term Breech Trial“ untersuchte 2088 Geburten aus Beckenendlage. Hannah et al kamen zu dem Schluss, dass kindliche Mortalität und schwere Morbidität bei Beckenendlage bei einem geplanten Kaiserschnitt signifikant geringer waren als bei geplanter vaginaler Geburt. 5% der vaginal geborenen Kinder starben oder waren ernsthaft geschädigt, aber nur 1,6% der Kaiserschnitt-Kinder.
Aus diesen Zahlen wurde geschlossen, dass die vaginale Entbindung bei Beckenendlagen ein höheres Risiko für die Kinder beinhaltete als die Sectio.
Nach Veröffentlichung des „Term breech Trial“ (TBT) änderte sich weltweit der Geburtsmodus für Beckenendlagen und die Sectio-Raten stiegen überproportional an (Krause & Feige 2002; Alexandersson 2005)
Mittlerweile gibt es deutliche Zweifel an der Gültigkeit der Ergebnisse des TBT.
Der Studie von Hannah et al. werden erhebliche methodische Schwächen
nachgewiesen in Bezug auf die Vergleichbarkeit der Krankenhäuser und der Erfahrung der geburtshilflichen Teams.
Bei aktuellen Re-Analysen lösten sich die Unterschiede hinsichtlich Morbidität (Erkrankungen) und Mortalität (Sterblichkeit) der Neugeborenen auf. (Glezerman, 2006; Dirschlmayer 2006; Alarab 2004; Keirse 2002). Nichtsdestotrotz gilt das Ergebnis der Studie jetzt als Evidenz für die Überlegenheit des Kaiserschnittes bei Beckenendlage.
Die Rechtsprechung weißt umgekehrt aber kaum Fälle auf, bei der die Sectio als ein für die Mutter gefährliches Verfahren bestraft wird (...) . Die vaginale Geburt bei einer BEL wird dagegen als Vorgehen mit hohen kindlichen Risiko gesehen.
(..........)
In Deutschland wurde 1994 eine Weiterbildungsordnung für Ärzte verabschiedet, die das Fach Geburtshilfe in drei Spezialgebiete ( spezielle operative Gynäkologie - Endokrinologie und Reproduktionsmedizin- spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin) aufteilte (Weiss 1994). Dies hat zur Folge, dass sich zwei Drittel der Mediziner gedanklich nicht mehr mit der vaginalen Entbindung bei BEL auseinandersetzen. Diese Ärzte betreiben heute Schwangerenvorsorge und beraten Frauen über ein Thema, von dem sie eigentlich keine oder nur wenig Fachkenntnisse besitzen (Rockel-Loenhoff 2005).
Die Folge davon ist, dass sich nach entsprechender Aufklärung, immer mehr Frauen für eine Sectio als Geburtsalternative entscheiden. "
So - und nun?
Die primäre Sectio sicherer als die normale Geburt? Die Kinder nach Kaiserschnitt aber schlechter drauf als nach vaginaler Geburt? Und die Frauen? Nach einer der größten Bauchoperationen auch ein stückweit um die Möglichkeit gebracht, das zu tun, was Ihre Bestimmung und ihr Wunsch ist - nämlich zu gebären.
Das hört sich pathetisch an - aber wir betreuen oft genug Frauen, die nach einem Kaiserschnitt psychische Probleme haben. Denen einfach etwas fehlt.
Und ein Kaiserschnitt ist auch nicht ohne: Wundheilungsstörungen, Thrombosegefahr, die Verletzung der Blase usw.
Und das Folgerisiko für weitere Entbindungen, denn die Gebärmutter ist mit einer Narbe versehen!
Der "Trick" bei alledem ist doch: was will die Frau und was kann ich ihr anbieten?
Eine Frau mit einem 5000g Kind im Bauch wird eine Sectio bekommen - da das Kind zu groß ist. Kein Thema.
Die Frau, die Angst vor einer spontanen Entbindung hat, wird ebenfalls ihre Sectio bekommen. Auch kein Thema.
Aber nicht jede Frau will einen Kaiserschnitt und dann ist die normale Geburt dran.
Dafür müssen ein paar Voraussetzungen gegeben sein: ein erfahrener Arzt und eine erfahrene Hebamme sollten vor Ort sein und ein OP-Team in Rufbereitschaft. Und dann ist auch eine BEL-Entbindung eine sichere Alternative!
Fakt ist:
Der Kaiserschnitt ist eine der größten Bauchoperationen die wir haben. Die Frau wird bis in die Mitte aufgeschnitten - eine Schicht tiefer und man ist schon wieder auf dem Weg nach draußen!
Die Risiken für die Frau sind: Narkoserisiko (Embolie, Kreislauf etc.)
Verletzungsrisiko (Blase, Blutgefäße)
Wundheilungsstörungen (Entzündung der Naht bis hin zur Sepsis)
Spätere Verwachsungen (kleinste Narben im Gewebe - machen unter Umständen massiv Probleme)
Verschleppung von Schleimhautgewebe in das umliegende Binde- und Muskelgewebe = Endometriose
Die Gebärmutter hat eine Narbe, d.h. festes Bindegewebe. Dieses ist nicht mehr so dehnbar. Gefahr der Uterusruptur (aber nur 2%- also zu vernachlässigen). Dazu paßt aber wiederum die Sudie, die SilkeB zitiert. Das Risiko für die Frau ist somit um das 4-10fache gegebüber der vaginalen Geburt erhöht.
Fakt ist auch, dass Kaiserschnittkinder oft massive Anpassungsstörungen (Wärmeregulierung, Atmung etc.) haben, da sie ohne Vorwahrnung aus ihrer Umgebung gerissen werden. Nicht umsonst ist es wünschenswert, dass Frau vor dem Eingriff Wehen hat!
Über die Entwicklung von Wunschkaiserschnittkindern gibt es noch keine Langzeit-Studien, da die Kaiserschnittraten erst in den letzten Jahren so rapide gestiegen sind! Und Studien über Bindung, etc. über Jahrzehnte laufen.
Auch eine vaginale Entbindung hat Ihre Risiken - natürlich!
Der Trick ist es, diese Risiken durch eine gute Betreuung rechtzeitig zu erkennen und durch geeignete Maßnahmen abzuwenden.
Für den Notfall ist das z.B. der Kaiserschnitt!
Liebe Grüße
Martina Höfel
von
Martina Höfel
am 10.05.2008
Antwort auf:
Spontangeburt aus BEL?
liebe grüße, nicole
Mitglied inaktiv - 09.05.2008, 13:25
Antwort auf:
Spontangeburt aus BEL?
Mit "die meisten raten zum KS" sind wahrscheinlich Laien gemeint, die leider von Geburtshilfe keine Ahnung haben, aber "mal gehört haben, daß eine BEL supergefährlich ist und gar nicht normal geboren werden kann".
Tatsächlich ist die spontan Entbindung aus BEL weder für Kind noch Mutter miot größeren Gefahren verbunden als aus Schädellage - wenn alles "paßt".
Das aber kann heutzutage vorher schon gut beurteilt werden, und wenn erfahrene Geburtshelfer ihr okay geben dann kannst Du ganz beruhigt auf Wehen warten und Dein Kind spontan gebären - selbstverständlich auch dann, wenn es Dein erstes ist.
Mitglied inaktiv - 09.05.2008, 15:45
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Spontangeburt aus BEL?
Bei mir war es genauso. Ich hatte schlussendlich einen Kaiserschnitt, weil sich in meiner damaligen Heimatstadt kein Arzt fand, der eine normale Geburt machen wollte - das ist ja auch so eine Sache... Viele haben keine Erfahrung damit und natürlich auch Angst, dass etwas schiefgeht - Ärzte sind halt auch nur Menschen. Jetzt wohne ich in einer Stadt, in der es an einem Krankenhaus einen Arzt gibt, der fast darauf spezialisiert ist - vielleicht erkundigst Du Dich einmal in Deiner Stadt, ob es dort auch jemanden gibt. Oft können Geburtshäuser oder andere Hebammen mit Informationen weiterhelfen. Viel Glück!
Mitglied inaktiv - 09.05.2008, 16:01
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Spontangeburt aus BEL?
ich persönlich würde es wagen. versuch maht klug! meine schwiegermama hat 8 kinder, 2 davon spontan aus bel und das alles nur mit der hilfe einer hebeamme oder der eigenen mutter.natürlich nicht in deutschland, aber generell ist es doch so, das die meisten "naturvölker" gar keine andere wahl haben und zum allergrößten teil gehts ja selbst da gut.
hier in deutschland mit ctg und der option zum sekundären ks sehe ich da kein problem, vorausgesetzt es "passt" alles.
Mitglied inaktiv - 09.05.2008, 18:23