Frage: Hirnatrophie (sorry, lang)

Hallo, Prof. Dr. Jorch, heute muss ich mich nun auch einmal an Sie wenden. Mein Sohn ist am 08.05.2007 in der 33. SSW (32 + 3) per Notkaiserschnitt wegen vorzeitiger Plazentalösung auf die Welt geholt worden. Seine Werte waren sehr gut (APGAR 9/10/10; pH-Wert 7,34) und er hat auch sofort geschrien, so dass seine Prognosen eher gut waren. Zwei noch im Krankenhaus durchgeführte Schädelsonografien waren unauffällig. Eigentlich hat er sich nach meiner Ansicht bisher auch sehr gut entwickelt, zwar hängt er mit seiner motorischen Entwicklung etwas zurück, aber dafür turnen wir auch fleißig und es ist schon etwas besser geworden. Ansonsten lacht und erzählt er sehr viel, verfolgt eine Person, die aus dem Zimmer geht, mit den Augen, reagiert auf Fingerspiele, schaut sich neue Sachen ganz genau an usw. Allerdings bin ich trotzdem sehr verunsichert. Im Juli mussten wir zu einer weiteren Schädelsonografie, eigentlich nur zur Kontrolle, da mir aufgefallen war, dass seine Arme und Beine bei starker Anstrengung (wenn er sie z.B. ausgestreckt hat), ziemlich doll gezittert haben. Damals wurde festgestellt, dass sich unter seiner Schädeldecke Wassereinlagerungen von 4,6 mm befanden. Die Ärztin meinte, dieser Befund sei nicht sonderlich besorgniserregend, meinte, dies könne aufgrund der Frühgeburtlichkeit normal sein, empfahl aber eine Kontrolle nach ca. 2 Monaten. Vor zwei Wochen waren wir nun wieder bei ihr und sie hat festgestellt, dass die Wassereinlagerungen nunmehr 8,2 mm betragen, also zugenommen haben, das Wasser aber gut abfließe, außerdem hat sie nun auch noch etwas von einer Zyste gesagt, die ihrer Aussage nach aber nicht gravierend war. Sie überwies uns an ein SPZ in der Nähe zur weiteren Abklärung. Dort waren wir nun gestern, eine weitere Ultraschalluntersuchung wurde allerdings nicht gemacht. Der Kleine wurde lediglich gewogen, gemessen, seine Reflexe und seine Entwicklung wurden überprüft. Es wurde festgestellt, dass sein Krabbel-, Lauf- und Sitzalter 1-2 Monate beträgt, seine Perzeption (?) 2-3 Monate, sein Sprechalter und Sozialalter jeweils 3 Monate. Sein Kopfumfang hat sich nach Aussage der untersuchunden Ärztin bisher unauffällig entwickelt (beträgt derzeit 41,7 cm, war aber auch schon im Bauch und bei der Geburt mit 32 cm eher groß). Weiterhin wurde uns mitgeteilt, dass eine weitere Abklärung nur per MRT erfolgen kann. Hierfür haben wir nun einen Termin am 24.10.2007. Auf dem Befund steht unter Diagnosen: "Vd. Hirnatrophie, z.A. Hirndruck". Unter Vojta-Lagereaktionen: "leichte ZKS". Was bedeutet das jeweils? Kann die ganze Sache, z. B. aufgrund seiner Frühgeburtlichkeit, noch harmlos sein oder müssen wir auf jeden Fall mit Schlimmerem rechnen? Außerdem frage ich mich, ob so ein MRT denn tatsächlich notwendig ist (wäre ja mit einer Ruhigstellung des Kleinen verbunden) oder ob eine weitere Ultraschalluntersuchung mit einem besseren Ultraschallgerät eventuell auch erstmal ausreichen würde? Was gibt es eventuell noch für Möglichkeiten? Seine Fontanelle ist wohl noch etwa 3x3 cm offen. Entschuldigung, dass es so lang geworden ist und schon mal im Voraus vielen Dank für Ihre Mühe. Viele Grüße von Anja

Mitglied inaktiv - 26.09.2007, 23:00



Antwort auf: Hirnatrophie (sorry, lang)

Erweiterungen des sogenannten Subarachnoidalraumes (Nervenwasserraum zwischen Hirnrinde und Schädeldecke)habe ich in den letzten 20 Jahren bei Frühchen mit vollkommen normaler Entwicklung häufiger gesehen. Ich glaube eher nicht, dass das wesentlichen Krankheitswert hat, wenn die Hirnrinde als solche normal strukturiert ist und auch sonst keine Auffälligekiten im Ulraschall erkennbar sind. Ich vermute eher, dass ein Ungleichgewicht zwischen Hirn- und Schädelwachstum eine Rolle spielen könnte. Für Hirndruck gibt es - ohne ein MRT zu machen - ziemlich verläßliche Zeichen: 1. Wachstum des Kopfumfanges über die altersnormale Gewschwindigkeit (3-12 mm pro Woche)hinaus. 2. Flußauffälligkeiten im Ultraschalldoppler (Absenkung der enddiastolischen Flußgeschwindigkeit). 3. Gespannte Fontanelle. Ein MRT in Narkose ist keine große Belastung, andererseits muß natürlich immer die Frage gestellt werden, welche Konsequenzen für die Therapie aus dem Befund erwartet werden. Im letzten ähnlichen Fall, den ich betreut habe, habe ich zunächst auf die Empfehlung eines MRT´s verzichtet und bisher keine Nachteile gesehen. Falls Zweifel an der Hirngesundheit weiter bestehen oder auftreten sollten, kann das MRT auch noch später durchgeführt werden.

von Prof. Dr. med. Gerhard Jorch am 29.09.2007