Frage: Rechtswidrige BV's :-)

Sehr geehrte Frau Bader, gibt es eine offizielle Zahl, wie viele BV's tatsächlich (und tatsächlich erfolgreich) durch die Kasse oder den AG angezweifelt werden? Bei nachweislich zu Unrecht erteiltem BV, wer haftet? Meiner Auffassung nach nicht die Frau sondern Arzt oder Arbeitgeber... sofern keine wahrheitdwidrigen Angaben der Schwangeren zum BV führten . Sind Ihnen Fälle bekannt? Beste Grüße und vielen Dank.

von HeyDu! am 06.01.2019, 16:28



Antwort auf: Rechtswidrige BV's :-)

Hallo, Das ist eine interessante Frage! Grundsätzlich ist es ja so, dass, sollte ein Arzt ein Beschäftigungsverbot aussprechen, er genau dem Arbeitgeber gegenüber erklären muss, wofür dieses ist, um dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu geben, umzusetzen und Abhilfe zu schaffen. Ich glaube, dass es in der Praxis sehr viele Ärzte gibt, die sich über die rechtliche Lage zum Thema Beschäftigungsverbot gar nicht klar sind und dann " einfach mal" ein Beschäftigungsverbot aussprechen. Viele kennen noch gar nicht den Unterschied zwischen ein Beschäftigungsverbot in einer Krankschreibung. Wegen einer Risikoschwangerschaft zum Beispiel kann man kein Beschäftigungsverbot ausstellen. Das werden die Hauptfälle sein, warum unberechtigte Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden, ich gehe hier von einer hohen Quote aus, die aber im dunklen bleiben wird, da die wenigsten Arbeitgeber das Wort eines Arztes anfechten. Ich könnte mir auch vorstellen, dass es einige Frauen gibt, die ein Beschäftigungsverbot forcieren, zum Beispiel, indem sie eine Situation dem Arzt gegenüber schildern, die so dramatisch gar nicht ist. Und die, die "Schindluder treiben“ machen den Ruf von allen kaputt. Mich ärgert es schon persönlich, wenn ich hier lese, dass es Frauen gibt, die schreiben, sie hätten schon bei Teilzeitarbeit solche Rückenschmerzen, dass sie ihre Bürotätigkeit nicht ausüben können und dann fragen, ob es o. k. ist, wenn sie eine Flugreise nach Amerika zu Verwandten machen. Dann scheint es mit den Rückenschmerzen ja dann wohl nicht so schlimm zu sein. Die Gesetzesänderung von 2018 finde ich deshalb sehr gut. Der Arbeitgeber, dem der Schaden entsteht, dass seine Mitarbeiterin nicht arbeiten kann, hat so die Möglichkeit, sie umzusetzen. Schön wäre es, wenn jedes Beschäftigungsverbot von der Aufsichtsbehörde geprüft werden würde, das halte ich aber für praktisch nicht durchsetzbar. Liebe Grüße NB

von Nicola Bader, Rechtsanwältin am 08.01.2019



Antwort auf: Rechtswidrige BV's :-)

Wäre wirklich mal interessant. Arbeitsschutzbehörde hier sagt klar, das es seit dem 1.1.2018 kaum noch BV geben darf und die da hinter her sind. In Zusammenarbeit mit den Krankenkassen. Allerdings dauert das Abarbeiten wohl recht lange, das heißt da mag so manche Frau Monate nach der Geburt ein böses Erwachen haben. Geprüft wird vor allen wer das BV ausgestellt hat und ob dieses im Zuständigkeitsbereich lag, sprich vor allen wo Ärzte das BV ausgestellt haben. Nicht meine Worte, also nicht falsch verstehen. Habe nur ab und zu mit denen zu tun und dann erfährt man auch mal so was.

von Felica am 06.01.2019, 17:21



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Eine Bekannte hat eine Anzeige wegen Betrugs bekommen und der AG hat ihr fristlos gekündigt. Was bei der Anzeige rauskam weiß ich nicht, nur dass sie das fälschlich gezahlte Geld zurückzahlen musste. Sie ließ sich eine Vollzeitstelle bezahlen obwohl Kind1 keine Betreuung hatte. Dies wollte die Krankenkasse nachgewiesen haben. Da flog es auf.

von Sternenschnuppe am 06.01.2019, 17:31



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Mir geht es eher um Fälle wo sich der Arzt z.B. in die Befugnisse des Arbeitgebers einmischt oder der AG lieber ein BV ausspricht obwohl er umsetzen könnte und es am Wollen scheitert. Des Weiteren gibt es Ärzte die bei Indikation einer AU ein BV aussprechen. Mir erschließt sich nicht, warum hier im Austausch dann immer die Frau das "böse Erwachen" bekommen soll. Die Frau im Beitrag weiter unten, trägt doch keine Schuld, wenn der AG alle Erzieher ins BV schickt. Es ist letztlich das finanzielle Problem des AG's wenn er die geleisteten Zahlungen nicht über die Umlage erstattet bekommt. Es ist mir also ein Rätsel warum hier gefühlt 99 % der Leser & Schreiber die Augen verschließen, wenn Frauen angegangen werden. Schwangere sind keine Juristen! Die dürfen solche Fragen stellen! Mich interessieren also Fakten. Wie viele BV's werden angezweifelt. Wie viele mit Erfolg und wie oft lag die Rechtswidrigkeit an der Frau / dem AG oder dem Arzt. Wenn Es tatsächlich ein so heißes Thema ist, wird es wohl Zahlen geben ;-) @Sternenschnuppe: Der Fall ist dreist.

von HeyDu! am 06.01.2019, 18:01



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Kenne einen Fall von einem mit falschen Angaben zu den Arbeitsbedingungen erschwindelten ärztlichen BV. Der AG hat das erfolgreich angezweifelt. Das führte dann zu Gehaltsausfall bei der Frau und in der Folge natürlich zu einem geringeren Elterngeldanspruch. Und die Kündigung bekommt sie auch noch direkt nach der Elternzeit.

Mitglied inaktiv - 06.01.2019, 18:42



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Das Problem ist, die Schwangere darf rechtlich wohl mit dem Arzt nicht mal über die Arbeit sprechen. Kein Witz was ich jetzt schildere. Mein Frauenarzt hat mich gefragt wegen Betriebsarzt. Ich habe gesagt, wir haben keinen. Er so, das ist aber gesetzliche Pflicht. er ließ nicht locker. Also habe ich Rücksprache mit dem Amt gehalten und einen Anschiss hoch zehn bekommen. Was mir einfiele mit dem Arzt über betriebliche Belange zu reden, damit könnte ich eine Abmahnung rechtfertigen. Der Arzt würde zudem seine Kompetenzen bei weitem überschreiten weil es ihn kein bisschen angehen würde was betrieblich läuft. Auch nicht wie genau meine Tätigkeit dort aussieht. Auch darüber zu reden könnte eine Abmahnung rechtfertigen. Insofern tragen die Frauen die zum Arzt rennen und dort sagen, ich brauche ein BV weil bin Erzieher oder Einzelhandel, oder sonstwas, eine Mitschuld. Betriebliche Tätigkeit hat den Frauenarzt nicht zu interessieren, es darf keinerlei Gesprächsthema sein. So die Aussage der Mitarbeiterin. Dafür wären in dem falle alleine Betriebsärzte welche vom Ag extra für beauftragt werden zuständig, der Frauenarzt nicht. Der Frauenarzt darf lediglich dann ein BV aussprechen, mit den genauen Einschränkungen was erlaubt ist und was nicht, wenn gesundheitliche Gründe dieses begründen. Heißt, so ihre Erklärung, er darf auch nicht sagen BV wegen Einzelhandel, sondern lediglich die Tätigkeiten an sich verbieten wie zB Tragen, langes stehen, usw. Mit dieser Beschreibung was verboten ist, muss die Schwangere dann zum AG oder zum Betriebsarzt der dann schauen muss ob er das umsetzen kann oder nicht. erst nach desse Einschätzung kann dann das endgültige individuelles BV erfolgen. Alle anderen BV welche vom Arzt ausgestellt werden, sind im Zweifel nicht haltbar. leider scheint es also auch in dem Bereich so zu sein, Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Wie gesagt, kein Witz. Ach ja, wir fallen unter eine Sonderregelung und brauchen wirklich keinen Betriebsarzt, dafür sind andere zuständig. den Ärger hatte also in dem Fall auch ich als Patientin wegen Überschreiten der Kompetenzen des Arztes. Wobei mein AG sich kaputt gelacht hat wie er das mit der Abmahnung gehört hat. Was ich von der Dame halte muss ich wenig sagen, leider wie gesagt habe ich beruflich ab und zu mit der zu tun. vermeide es so aber gut es geht. Für mich ist sie zu weit weg von der echten Praxis.

von Felica am 06.01.2019, 20:37



Antwort auf: Rechtswidrige BV's :-)

wo die KK erfolgreich das BV angezweifelt hat. Das ist Jahre her und die Frau hatte eine schwangerschaftsbedingte Krankheit bei der nicht klar war, ob AU oder BV (Gefährdung des Kindeslebens war in jedem Fall gegeben). Die KK hat dann geklagt und recht bekommen. Im Prozess wurde auch die FÄ gehört, die das BV ausgestellt hat, auch die hat das BV gerechtfertigt. Leider hat die Frau verloren. Der Prozess hat solange gedauert, als das urteil gesprochen wurde, war das Kind 2 Jahre alt. Die Frau musste dann tatsächlich alles an die KK zurückzahlen was zu viel gezahlt wurde und das war eine Menge.

von ALF0709 am 06.01.2019, 21:38



Antwort auf: Rechtswidrige BV's :-)

@Alf , vielen Dank. Jedoch, genau hier verstehe ich die "Schuldfrage" nicht. Die Frau im BV erhält das Geld vom AG und nicht direkt aus der Kasse. Der Arzt hat entschieden und nicht die Frau. Wenn dann wäre doch der Arzt der "Schuldige" - nicht die Frau. Natürlich dürfen zu Unrecht erhaltene Leistungen zurück gefordert werden aber bzgl. der Schuldfrage trifft sie meiner Meinung nach keine. Wenn AU statt BV richtig gewesen wäre, muss man es eben aufwendig rückabwickeln. Zumindest Krankengeld stand ihr ja dann zu... aber betrogen hat sie in meinen Augen bei deinem Beispiel nicht. Bg

von HeyDu! am 06.01.2019, 21:54



Antwort auf: Rechtswidrige BV's :-)

Naja man hat die Differenz zwischen vollem Gehalt und Krankengeld von ihr und die erstatteten Sozialversicherungsanteile AG vom AG zurückgefordert. Die KK hätte natürlich auch das Geld vom AG zurückfordern und dieser es von der Frau, aber das wäre ja mehr als umständlich. Die Ärztin hat hier keinen Fehler gemacht. Für sie war die Krankheit (frag mich nicht mehr was) ganz klar eine Indikation für ein BV. Die KK sah das aber anders. Das Gericht hat auch erst nach Gutachten und Anhörung der FÄ für die KK entschieden. Der Prozess zog sich nicht für umsonst über 2 Jahre. Die FÄ trifft keine Schuld. Und ehrlich? Ob die Frau es nun an die KK oder an den AG erstattet, ist doch völlig egal oder? Das zu viel gezahlte Geld muss sie auf jeden Fall erstatten. Und Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.

von ALF0709 am 06.01.2019, 22:45



Antwort auf: Rechtswidrige BV's :-)

Hallo Frau Bader, vielen herzlichen Dank für die ausführliche Antwort. Vielleicht scheint es oft nicht so aber ich teile Ihre Auffassung :-) Beste Grüße

von HeyDu! am 08.01.2019, 14:10



Antwort auf: Rechtswidrige BV's :-)

So sehe ich das auch. Auch den Wunsch das es mehr kontrolliert wird, kann ich gut nach vollziehen.

von Felica am 08.01.2019, 16:17