Frage: woher kommt das ?!

lieber dr. posth, meine 16. monate alte tochter hat plötzlich ihr mitgefühl für alles und jeden entdeckt, der sich weh getan haben könnte, oder der ungerecht behandelt wird...z.b. waren wir am WE in einem wildgehege mit wildschweinen und rotwild, um unsere gesammelten kastanien zu verfüttern. bei den schweinen gab es rangeleien untereinander, wegen den dicksten kastanien und lauthals protest von den ferkeln, die ständig von den größeren attakiert wurden. meine tochte war auf dem arm, beobachtete das treiben und fing plötzlich lauthals an zu weinen und hysterisch zu brüllen * aua, aua mama, aua* und beruhigte sich erst wieder, als wir die hirsche erreicht hatten, die sie dann mit liebe fütterte. selbiges, wenn der hund unseres nachbarn nicht hört und sein herrchen ihn dann am halsband nimmt und etwas unwirsch den hund in gewünschte richtung zerrt. oder wenn ein kind weint, z.b. aus trotz, dann fängt sie seit neuesten an das kind nachzuahmen und geht hin, um *ei* zu machen und es zu trösten. ist das üblich in diesem alter ?! sie hat bei uns noch nie gewalt erfahren und es herrscht ein liebevoller tonfall untereinander...wieso reagiert sie so extrem auf die von mir aufgeführten situationen ?! lg, melizon

Mitglied inaktiv - 29.09.2003, 11:46



Antwort auf: woher kommt das ?!

Hallo, Empathie, Mitgefühl und daraus später werden Mitleid sind wahrscheinlich bis zu einem gewissen Grade genetisch angelegte Eigenschaften. Solche Reaktionen, wie Sie schreiben, mit 16 Monaten sind früh, aber kommen vor. Häufiger in diesem Alter und noch früher ist Einstimmen in den Chor weinender Säuglinge und Kleinkinder. Wahrscheinlich wird hier aber nur durch das Weinen anderer Angst beim Kind selbst ausgelöst. Mitleid hat es deswegen noch nicht. Erst wenn das Kind ein ausreichendes Selbstgefühl entwickelt hat (etwa mit einem halben Jahr/Spiegeltest), kann es auch Mitleid haben. Ist es selbst eher ängstlich veranlagt, scheint seine Mitleidstärke höher zu sein. V.a. sicher gebundene Kinder können sich gut in die Gefühle anderer hineindenken, auch wenn es sich, wie im Fall Ihrer Tochter, um Tiere handelt, die sie beobachtet. Dieses Hineindenken in Gefühle anderer üben solche Kinder mit ihren Eltern ein, sowohl, was positive Gefühle angeht, also Freude, als auch, was negative betrifft. Als Eltern sollte man diesen impliziten (ungesteuerten) Lernprozeß fördern, in dem man spielerisch seine Gefühle demonstriert oder offenbart, wenn das Kind es herausfordert. Ich habe das öfter hier im Forum schon in Bezug auf das impulsive Hauen der kinder besprochen, wenn sie Wut auf ihre Eltern entwickeln. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 30.09.2003