Frage: Schattenangst

Sehr geehrter Dr. Posth, meine Tochter (18 M.)hat in den letzten Tagen Angst vor ihrem eigenen Schatten.Alles fing damit an, dass wir vor 1 Woche spazieren waren und sie ihren Schatten entdeckt und plötzlich panisch schrie.Noch nie hat sie so geschrien.Ich habe sie beruhigt,getröstet und gewartet bis sie wieder laufen wollte.Das gleiche passierte 10 Minuten später wieder, ich hab wieder gleich reagiert. Nun hat sie seit 3 Tagen immer wieder Furcht vor ihrem Schatten. Sie läuft ganz staksig, als wöllte sie den Schatten mit den Füßen nicht berühren?Sie sieht immerzu nach unten und läßt sich oft tragen.Heute geht es halbwegs, aber einen Tag ist sie keinen Meter weit gelaufen. Wir haben versucht es ihr zu erklären, Schattenbilder gemacht,zusammen den Schatten angefaßt und mit Licht experientiert.Wir haben auch versucht, nicht großartig drauf einzugehen und abzulenken.Aber sie sieht nach unten und jammert und weint oft.Woher kommt das? Sie ist sonst kein ängstlicher Typ. Danke und Grüße

Mitglied inaktiv - 03.03.2008, 09:38



Antwort auf: Schattenangst

Stichwort: Angst und Furcht Hallo, mit gut 1 Jahr fangen Kinder an sogenannte Objektängste zu entwicklen. Angst vor einem bestimmten Objekt nennt man im Deutschen Furcht. Eine solche Furcht kann sich theoretisch auf alles beziehen, es gibt aber viele typische Formen der Furcht. Furcht kann natürlich auch einen konkreten Auslöser haben. Furcht vor dem eigenen Schatten ist keineswegs ungewöhnlich. Sie hat geradezu lyrische Qualität. Psychoanalytiker würden diese Furcht als Furcht vor den dunklen Mächten im eigenen Selbst, d.h. im Es deuten. Oder als Verinnerlichung von frühen Ängsten im Beziehungskonstrukt mit der Mutter oder dem Vater. Aber das sind ja nur Versuche, das Geschehen irgendwie zu erklären. In Wirklichkeit ist es nicht erklärbar als nur durch die grundsätzliche Angst eines Kindes vor einem von ihm selbst nicht steuerbaren Geschehen. Und der Schatten ist nicht veränderbar außen durch die eigene Bewegung, d.h. er lebt durch die eigene Person ohne tatsächlich Leben zu sein. Sie können nichts anderes machen, als Ihrer Tochter Geschichten erzählen, in den der Schatten etwas Gutes und Wertvolles im menschlichen Leben ist. Genauso macht es auch die Kultur, die in literarischer Form versucht, die unerklärliche Macht des Schattens in der guten Wesenhaftigkeit des Menschlichen zu bannen. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 05.03.2008