Frage: "Pipiproblem" bei Sohn

Hallo Herr Dr.Posth, Sohn (3J10M) will seit 6 Wochen das Haus nicht mehr verlassen wg. "Pipiproblem" (sagt Sohn). Zuerst Angst vor Pipi-Unfall (es gab einen einzigen Vorfall vor ca. 6 Monaten). Mit einer best. "weiten" Jogginghose und Hand am Pipi schafft er es nun rauszugehen´("will Pipi zuhalten"). Hose sei "zu eng", nackt im Garten ist OK. Urolog. Abkl. erfolgt o.B. Phimose liegt jedoch vor. Psyche oder organisches Problem (Zusammenhang mit Phimose? Manipulation derzeit vermehrt, versucht Vorhaut zurückzuziehen). Windel angeboten, will er aber nicht mehr. Kleiner Bruder ist 10 Monate. Stabiles Verhältnis zu Papa. Regressives Verhalten? Überfordert ? Wenn wir dann rausgehen ist er erleichtert, dass nichts passiert und äussert das auch. Kiga erst im Sept, also keine Fremdeinflüsse. Trocken seit ca 1 Jahr, selbständig, ohne Druck. Sind alle verzweifelt, Problem belastet alle sehr. Wie können wir ihm helfen? Danke!!

von Aurora1979 am 18.06.2012, 08:04



Antwort auf: "Pipiproblem" bei Sohn

Hallo, häufig ist es gar kein äußerer Auslöser, der das Trocken- und Saubersein vorzeitig in Gang setzt, sondern eigener innerer Druck durch starke Vorbilder oder spezielle Erlebnisse. Möglicherweise hat sein Malheur vor 1/2 Jahr mit der Entwicklung zu tun. Organische Störungen verursachen andere Symptome, aber zu viel organische Abklärung fixiert die Kinder leicht auf das Symptom. Mit der Phimose hat das sicherlich nichts zu tun, und das Spielen am Genitale ist alterstypisch und unbedenklich. Nur sollten Sie Ihrem Sohn erklären, dass man seine Urinausscheidung nicht durch Zuklemmen des Penis zurückhalten kann. Das macht normalerweise der äußere Schließmuskel/Sphincter und den hat Ihr Sohn offensichtlich noch nicht im Bewusstsein. Aber das kann man einem Kind nicht nicht einfach beibringen, es ist ein Reifungsproblem, das eines Tages (normal bis zum 4. Geburtstag) plötzlich da ist. Dafür muss nämlich im Gehirn ein Netz von Bahnen geschaltet werden, das zwischen dem entsprechenden sensorischen, vegetativen und motorischen Zentrum einerseits entsteht und dem Handlungsplanungszentrum (Steuerungszentrum) andererseits. Die Zentren liegen aber nicht nebeneinander im Gehirn, sondern gehören zu ganz verschiedenen Hirnteilen oder -arealen. Daher dauert es relativ lange im Kinderleben bis das Netzwerk sitzt. Man sollte diesen Reifungsprozess so wenig wie möglich stören. Bieten Sie Ihrem Sohn ein Spezialunterhöschen an, das genau genommen nichts anderes als ein Windelhöschen für Inkontinenz ist. Es entlastet die Kinder aber vom Windeltragen und darf vollgepinkelt werden. Und dann geben Sie Ihrem Sohn ganz viel Zeit, bis ihm klar wird, wie man seine Blase kontrollieren kann. Er darf in diesem Fall auch älter als 4 Jahre werden. Sie können sich ja gerne wieder melden und berichten. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 19.06.2012