Frage: Loslösungsphase? Gerne auch an alle!

Hallo Dr. Posth, ich habe eine Frage bezüglich meiner 15 Monate alten Tochter. Sie läuft jetzt seit zwei Wochen und seit einer Woche ist sie extrem anhänglich. Sie will bei niemanden auf dem Arm bleiben oder in den Arm genommen werden außer bei mir. Sobald ihr jemand zu nahe kommt, rennt sie weinend zu mir. Das ist auch bei ihrem Papa so. Dazu muß ich sagen, daß er sich auch nie richtig mit ihr beschäftigt oder von sich aus sich für sie interessiert. Er hat gar keinen richtigen Bezug zu ihr. Jetzt habe ich Angst daß sie sich nicht richtig loslösen kann und ihn als Bezugsperson nicht akzeptiert. Außer bei Ihrer Tante da geht es noch einigermaßen. Aber sie sieht sie natürlich nicht jeden Tag. Außerdem weiß ich nicht ob ich mit ihren Wutanfällen richtig umgehe. Sobald ein Nein kommt, weint und schreit sie und wirft Sachen vom Tisch. Ich weiß das man da konsequent sein muß, aber das gelingt mir nicht immer. Ich gebe dann auch mal nach. Im voraus schon danke für Ihre Antwort!

Mitglied inaktiv - 01.11.2004, 11:49



Antwort auf: Loslösungsphase? Gerne auch an alle!

Stichwort erschwerte Loslösung Liebe Michaela, für die Loslösung aus der primären Bindung benötigt ein Kleinkind ein Vorbild, das ihm den Weg in die Autonomie (des Selbst) leitet. Dazu eignet sich der Vater natürlich am besten. Aber er muß auch einfühlsam sein und konstant zur Verfügung stehen! Sagen Sie das Ihrem Mann. Es geht nicht, daß man ein Kind zeugt und sich dann um seine seelsich gesunde Entwicklung nicht intensiv genug kümmert. Die Tante könnte Ersatz sein, wenn sie quasi in die Rolle des Vaters schlüpfte. Aber das erzeugt eine hohe Verantwortung für sie und die wenigsten Anverwandten sind hierzu bereit. Am ehesten übernimmt eine solche Rolle noch die Großmutter. (Auch nicht ideal wegen der Geschlechtsgleichheit mit der Mutter). Ein Kleinkind ohne Loslösungsvorbild löst sich erschwert und zunehmend unter Zuhilfenahme aggressiver Anlageelemente. Es trotzt demzufolge auf energetisch "höherem Niveau". Das erzeugt zwangsläufig Spannungen zwischen Mutter und Kind. Manchmal bleibt die Loslösung sogar unvollständig und die Trotzphase verlängert sich bis weit in die Schulzeit als sog. aggressiv-oppositionelles Verhalten. Man tut also gut daran, in der Familie dem Kind die Chance zur erfolgreichen Loslösung zu geben. Die frühen Widerstandshandlungen mit dem Sich-widersetzen und Nicht-hörenwollen, z.B. auf das elterliche Nein gehört in seinen Auswirkungen schon mit dazu. Hier bitte ich Sie, unter dem Stichwort "Nein-sagen" erst einmal den Suchlauf zu bemühen. Viele Grüße.

von Dr. med. Rüdiger Posth am 01.11.2004