Hallo Herr Dr. Posth,
von der Loslösung eines Kindes von der Mutter ist schon viel hier geschrieben worden. Dass sie sehr wichtig ist und wie es vonstatten geht.
Gibt es auch beschriebene Loslösung vom Vater? Und wenn ja, wie sieht diese aus?
Mein Sohn ist nun 4 1/2 Jahre alt und er muß sich im Moment sehr viel an seinem Vater messen. Z.b. wer ist der Schnellste, wer ist der Stärkere.
Vielen Dank Herr Dr. Posth
Stephanie
Mitglied inaktiv - 30.08.2004, 13:18
Antwort auf:
Loslösung vom Vater
Liebe Stephanie, Ihre Frage ist völlig berechtigt und interessant. Loslösung vom Vater ist ebenso relativ wie Loslösung von der Mutter. Das familiäre Band zwischen Eltern und Kindern bleibt normalerweise lebenslang bestehen. Später sind die Kinder als Erwachsene dann bereit, soweit es ihre Kräfte zulassen, für ihre Eltern zu sorgen. Ein Fremder machte das nur gegen Bezahlung als Job.
D.h. die Loslösung findet eigentlich nur im Inneren im Kindes, in seiner Selbstvorstellung, in seinem Selbstbewußtsein statt. Das Kind fühlt sich auf einmal selbstsicher und kompentent im Umgang mit anderen Menschen, erst altersgleichen, dann auch älteren und jüngeren gegenüber. Dafür braucht es ein Selbstwertgefühl. Es muß wissen, "wo es steht", wie die Hierarchie der Gruppe gestaltet ist, wie es auf andere Menschen wirkt und v.a., ob es erfolgreich oder erfolglos agiert. Ich bezeichne das als positive und negative Selbstattributierung. Die positive muß die negative überwiegen, sonst agiert das Kind erfolglos und für sich selbst glücklos. Dafür Schämt es sich.
Mit der Zeit würde es schüchtern und verhielte sich scheu in seiner Gruppe. Erwachsenen gegenüber, die ja in den Augen des Kindes hauptsächlich bewerten, ohnehin.
Jetzt verstehen Sie also, warum sich Ihr Sohn auch gerne mit seinem Vater "mißt". Dabei kann er dessen Überlegenheit gut anerkennen, denn er ist ja sein Vorbild. Manchmal möchte aber auch er überlegen sein. Dann wächst sein Stolz (und mindert Schamgefühle in sich). Jeder Vater läßt diese Konstellation zum Wohl seines Sohnes auch gerne zu. Mädchen und Mütter tragen übrigens etwas ganz ähnliches aus. Hier geht es dann Jungen wie Mädchen bereits um Rollenmodelle. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 01.09.2004