Frage: Kind wird immer sensibler

Hallo Herr Dr. Posth, unser großer Zwilling (8,5 Mon.) ist noch sensibler als sein Bruder. Letzte WOche hatte ich ihnen gepostet, das er sich immer in den Schlaf schreit (wg. Krabbeln und Stehen. Es wird von Tag zu Tag eher schlimmer, selbst tragen, schaukeln und kuscheln hilft nicht. Gestern wurde er auch auf dem SPaziergang mit dem Kinderwagen panisch und schrie ohne Ende. NAch 500m mussten wir umdrehen und ihn zurück tragen. Sein Bruder hat keinerlei Anzeichen für irgendeine Beunruhigung gezeigt. Leider ist nun auch Unruhe in Familie (Ich arbeite stundenweise wieder, Papa i.d. Zeit Zuhause, Hausbauplanung (fast immer Termine bei uns Zuhause), Tagesmutter kennenlernen, Großeltern zu Besuch. Der Bruder ist mehr sachorientiert, der Große menshcenorientiert-Aufmerksamkeit heischend, nicht in sich selber ruhend. WIr machen uns große SOrge, dass wir ihn da nicht auf den richtigen Weg bringen können. Sollen wir professionelle Hilfe suchen? An wen wenden? KiA ? Besorgte Grüße M.

Mitglied inaktiv - 18.09.2006, 06:24



Antwort auf: Kind wird immer sensibler

Hallo, die entscheidenden Antworten auf das, was Sie fragen, haben Sie schon selbst gegeben. Es stimmt eben nicht, daß sich die Kinder in genau derselben häuslich-sozialen Umgebung auch gleich verhalten und entwickeln. Zu individuell sind die jeweiligen Voraussetzungen der Kinder, zu unterschiedlich die Reaktionen der Umwelt auf jedes Einzelne. In den 8,5 Monaten zuvor sind schon unzählige zwischenmenschliche Aktionen abgelaufen, die irgendwie mitbestimmend sind für das momentane Verhalten, von der Geburt und der Situation nach ihr einmal abgesehen. Gelten Ihre Zwillinge eigentlich als eineiig? Ihr großer Zwilling scheint also der "Schwächere" von beiden zu sein und entwickelt sich gerade unter den aktuellen familiären Belastungen zum Problemkind. Damit bindet er Zuwendung und Aufmerksamkeit, was als anstrengend empfunden wird und dem anderen Zwilling die Chance gibt, als der Verträgliche und damit als Vorbild zu gelten. Jede elternberatende Therapie müßte sich dafür aussprechen, daß Sie als Eltern wenigstens im Moment gerade auf diesen Schwächeren ein besonderes Augenmerk richten. Das hieße, das ausreichend Ruhe in das familiäre Tagesgeschäft zu bringen wäre, daß Fremdbetreuungsversuche im Moment auszusetzen zu haben, und daß das Problemkind eine klare Bezungsperson braucht, an der es seinen augenblicklichen Entwicklungsstand ausrichten kann. Offenbar kommt Ihr Sohn mit den wechselnden Bezugspersonen derzeit nicht zurecht. Es gehören in die Familie um des Problemkindes willen klare Strukturen und ein wohldurchdachtes Konzept, wie die Kinder von den anstehenden Veränderungen vorläufig geschont bleiben. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 18.09.2006