Frage: Ist das noch "normal"?

Hallo, Herr Dr. Posth, ich habe vor genau vier Wochen nach 3 3/4 Jahren abgestillt. Seitdem war unsere Tochter krank (Fieber, dann Schnupfen, seither Bindehautentzündung) und ist außerdem extrem trotzig und aufsässig. Wenn Ihr etwas nicht passt, schreit sie, dass man denken könnte, wir misshandeln sie, genauso, wenn sie ihren Willen nicht sofort erfüllt bekommt. Außerdem beißt sie mich, ich habe schon blaue Oberarme. Das kommt tw. ganz ohne Vorwarnung, plötzlich rastet sie aus. Holt sie nur jetzt die Trotzphase nach (hatten wir kaum)? Sind das Nachwirkungen des Abstillens, obwohl der Abschied von der Brust und das Einschlafen super klapp(t)en? Oder kommt sie mit der neuen Beziehung zu mir nicht klar, dass sie nicht mehr an die Brust darf/ versucht sie sich zu lösen/ fehlt ihr die Beruhigung am Abend? Schon probiert, Kuschelstunde einzuführen, nicht geklappt. Schlimm: Mein Mann geht auf das Schreien ein, wenn ich sie auswüten lassen will. Ist das nicht das falsche Signal? Danke!!

Mitglied inaktiv - 12.07.2010, 20:39



Antwort auf: Ist das noch "normal"?

Hallo, in welcher Form geht Ihr Mann auf das Schreien Ihrer Tochter ein? Die Probleme des Langszeitstillens sind in meinem Forum ausführlich diskutiert worden (s. gezielter Suchlauf). Es liegt in Ihrem Fall schon sehr nahe, dass die momentanen aggressiven Verhaltensweisen Ihrer Tochter etwas mit der Umstellung in ihrem Leben zu tun haben. Zwar gibt es bei Ihrer Tochter auf der einen Seite einen kognitiven (geistigen) Fortschritt in Richtung auf die Selbstständigkeit zu, was sie selbst positiv an sich merkt. Andererseits erfährt sie emotional einen Rückschritt, weil ihr das Trostzentrum, die Mutterbrust, fehlt. Ein Übergangsobjekt hat sie vermutlich auch nicht, was man bei sehr vielen langzeitgestillten Kinder findet. So sind Sie als die Mutter im Moment Projektionsfläche aller Kümmernisse, Ärgerlichkeiten und Stimmungsschwankungen Ihrer Tochter. Sie können Ihrer Tochter jetzt nur mit viel Verständnis und Nachsicht helfen. Das Verhalten wird sich in absehbarer Zeit bessern, wenn Sie jetzt nicht auf Konfrontationskurs gehen. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 16.07.2010