Frage: Emotionale, bindungstheoretische Aspekte der Impfung

Hallo Herr Dr. Posth, unser Sohn ( 5 M, schwierige Geburt, 1 W Neonatologie, bedürfnisorientierte Erziehung ) hat bald 1. Impfung (6-fach, Pneumok). Da er eventuell eine erhöhte Vulnerabilität für psychische Beschwerden haben könnte, ist uns möglichst hohes Urvertrauen sehr wichtig. Besorgnis wg Impfung klingt viell. übertrieben, aber er hat etwas schwieriges Temperament und ist gleichzeitig ein sehr sensibles Kerlchen. Als ich einmal in der Anfangszeit erst etwas verspätet gestillt habe, hat er 2 Tage das Stillen verweigert und dabei wütend geschimpft u geklagt. Nur mit viel Liebe, Geduld und Zureden war er schließlich wieder zum Trinken zu bewegen. Wie verhalten wir uns aus bindungstheoretischer Sicht während Impfung am Besten? Beim Pieksen ablenken? Oder ist Vertrauensbruch, weil Pieks dann ja aus dem Hinterhalt kommt? Sollte Mami ihn festhalten zum impfen oder nimmt er das übel, besser Arzthelferin? Stillen während der Impfung zur Schmerzlinderung oder besser erst danach? Danke!!

von Dezemberbaby2012 am 10.06.2013, 08:47



Antwort auf: Emotionale, bindungstheoretische Aspekte der Impfung

Hallo, einen Hinterhalt kann ein Säugling nicht vermuten, weil er so komplizierte Dinge noch gar nicht denken kann. Alle Säuglinge sind überrascht von dem Stich und dem nachfolgenden Schmerz bei der Injektion. Aber sie reagieren je nach angeborener Empfindsamkeit sehr unterschiedlich. Manche weinen fast gar nicht, andere schreien los, als würden sie furchtbar malträtiert. Ablenkung ist ein wichtiges Instrument, um die Wahrnehmung zu kanalisieren. Mit Vertrauensbruch hat das alles nichts zu tun. Da sollte man nicht zu viel hinein interpretieren. Später werden Stöße und kleine Verletzungen viel öfter solche Erfahrungen verursachen. Neuerdings wird empfohlen, den säuglingen und später Kleinkindern etwas Süßes vorher in den Mund zu geben. Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich helfen kann, habe es aber auch nicht ausprobiert. Das gilt auch für ein gleichzeitiges Stillen. Bei mir hilft die geschickte Ablenkung immer ausgezeichnet. Dazu brauche ich aber auch die Mutter, die Beruhigung verbreiten soll und beim Ablenken helfen. Der Säugling muss ja gleich nach dem Pieks auf den Arm genommen werden. Dafür ist die Arzthelferin nicht geeignet. Sie ist ja ein fremde Person. Also machen Sie sich nicht so viel Sorgen. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 13.06.2013