Frage: Beziehungsstörung?

Hallo Herr Dr. Posth. Ich habe noch eine Frage zu dem Verhalten unseres einjährigen Sohnes.Seit Geburt betreue ich unseren Sohn und war auch immer seine Hauptbezugsperson.Seit ein paar Tagen ist es allerdings so, dass er lieber zu seinem Vater möchte.Er hatte bisher auch schon eine gute Bindung zu ihm,allerdings kommt es jetzt vor,dass er bei mir ist und anfängt zu weinen,weil er zu ihm möchte.Wenn sein Vater aus der Tür geht,dann weint er auch.Wenn ich aus der Tür gehe, dann interessiert ihn das nicht.Wenn er bei seinem Vater ist, dann weigert er sich auch wieder zu mir zurückzukommen.Letztens hat er sich weh getan und ich wollte ihn trösten.Auch das durfte ich nicht mehr.Obwohl bisher ihn niemand außer mir,auch nicht sein Vater,trösten durfte.Bei seinem Opa verhält es sich ähnlich.Auch da möchte er nicht wieder zu mir zurück oder weint,wenn er fährt.Jetzt frage ich mich,ob irgendetwas unsere Bindung zerstört hat.Muss ich sein Vertrauen wieder neu gewinnen? Vielen Dank.

von Jojo166 am 07.05.2012, 07:11



Antwort auf: Beziehungsstörung?

Hallo, mit etwa 1 Jahr beginnt die Loslösung (s. gezielter Suchlauf). Ist der Vater schon in der Säuglingszeit sehr engagiert gewesen, gibt es bei der Loslösung so gut wie keine Startschwierigkeiten. Das heißt, der Vater ist dann erst einmal die absolut begehrte Person. Die primäre Bindung zur Mutter bleibt aber vollkommen erhalten, nur stünde sie der Loslösung im Wege, wenn sie permanent aufrecht erhalten würde. Die Mütter tun also ihren Kindern keine Gefallen, wenn sie jetzt versuchen, ihr Kind wieder stark an sich zu binden. Eine vorübergehende Phase des Wiedereinsetzens der primären Bindung kommt mit etwa 1 1/2 Jahren als Wiederannäherungskrise (s. ebenfalls gezielter Suchlauf). Dann begreift das Kind, dass es eine völlig eigenständige Person ist, und weder mit der Mutter noch mit dem Vater als Individuum verbunden bleibt. Allerdings müsste es so sein, dass Ihr Sohn sich doch zu Ihnen zurück flüchtet, wenn eine völlig fremde Person sich ihm nähert oder wenn er Angst hat und Sie nicht rechtzeitig findet. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 08.05.2012