Frage: Bezeichnet sich selbst als "Kind"

Hallo Dr. Posth! Unser Sohn ist 21 Monate alt und eigentlich vollkommen normal entwickelt. Er spricht kurze Sätze (2-4 Wörter), versteht so ziemlich alles, ist feinmotorisch sehr geschickt (baut z.B. schon lange seine Holzeisenbahn alleine auf) und steckt mittig in der Trotzphase. Mich wundert allerdings, daß er sich selbst nicht mit Namen bezeichnet. Er sagt z.B. "Kind Aua" und nicht "Tobi Aua". Wir reden ihn natürlich mit Namen an, er kennt auch etliche Namen aus Nachbarschaft und Verwandtschaft. Ist das noch normal, oder müssen wir uns da Gedanken machen? Er plappert alles nach, nur seinen eigenen Namen nicht. Wenn wir ihn fragen, wie er heißt, sagt er entweder Kind, oder auch mal Mama, Papa, Oma ... Vor ein paar Wochen hat er schon mal für einige Tage "ich" gesagt "Ich runter", "Ich AA" etc., das macht er jetzt nicht mehr. Vielen Dank für Ihre Antwort und viele Grüße, Silke

Mitglied inaktiv - 23.10.2003, 13:32



Antwort auf: Bezeichnet sich selbst als "Kind"

Liebe Silke, die verbale Ichformulierung ist wahrscheinlich viel komplizierter im Kopf des menschen, als wir gemeinhin annehmen. Jeder von uns, psychische Gesundheit vorausgesetzt, kennt sein Ich und fühlt sich mit ihm absolut identisch. Im Gegensatz zur modernen Philosophie halte ich das Ich für ein sehr konkretes, im Kopf eines jeden Menschen eindeutig verankertes Daseinsempfinden, das wie ein Wasserzeichen jeden Gedanken durchtränkt. Das ist bei zweijährigen Kindern noch nicht so eindeutig. Die Identität schwankt noch ein bißchen zwischen mütterlicher (ehemaliges Leih-Selbst) und auch väterlicher Position (triadische Loslösung, alles in meinem Text über das emot. Bewußts.), und ihm selbst. Aus dieser Unsicherheit heraus nennt sich Ihr Sohn vorübergehend nur Kind, was aber nicht viel anders ist, als nennte er sich bei seinem Namen. Vielleicht liegt ihm Tobias, so heißt er doch, nicht besonders, wer weiß? Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 24.10.2003