Frage: Berliner Modell

Lieber Herr Posth, ich bin eine regelmäßige Leserin dieses Forums - welches mir sehr hilft. Mein Sohn (26 Monate) geht seit einem halben Jahr dank (einigermaßen) sanfter Ablösung jeden Tag sehr gerne in die Krippe, ist sehr fit, lässt sich leicht führen, Loslöosung klappt gut. Wohnen in Rheinlandpfalz, deswegen muss er jetzt in einen Kindergarten wechseln (Rechtsanspruch auf einen Platz ab 2), Krippe wird nicht mehr finanziell gefördert. Dort wird das Berliner Modell zur Eingewöhnung durchgeführt; wörtlich: "für uns ist die Eingewöhnung abgeschlossen, wenn das Kind sich von der Bezugserzieherin beruhigen lässt", nicht, wenn es nicht mehr weint. Das entspricht natürlich nicht unserer Vorstellung. Ich fürchte mich vor einem erneutem Kampf mit Erzieherinnen... Fände es sehr sehr hilfreich, wenn Sie ein eigenes Modell entwickeln würden, welches man Erzieherinnen an die Hand geben könnte. Auf jeden Fall vielen Dank für Ihre Arbeit hier! Das hilft wirklich sehr!

Mitglied inaktiv - 14.06.2010, 09:44



Antwort auf: Berliner Modell

Hallo, was am Berliner Modell etwas irritiert, ist die unterschiedliche Darstellungsweise im zeitlichen Ablauf, obwohl das Ziel ja auch eine sanfte Ablösung sein soll. Grund hierfür mag der lerntheoretische Ansatz sein, der nicht so sehr den Reifungschritt des Kindes in den Vorgerund stellt als vielmehr die gelingende Anpassungsreaktion. Am besten, Sie besprechen das noch einmal mit den neuen Erzieherinnen und berufen sich auf das Prinzip der Reifung. Das Reifungsprinzip entspricht den bindungstheoretischen Grundlagen und wahrt die kindlichen Bedürfnisse. Alles, was Sie zur sanften Ablösung unter diesem Gesichtspunkt wissen sollten, finden Sie im gezielten Suchlauf unter selbigem Stichwort. Es gibt aber auch Gesellschaften, die sich mit der seelischen Gesundheit von Kleinkindern befassen und ebenfalls diese Grundlagen vertreten, wie z.B. die GAIMH oder die Deutsche Gesellschaft für Sozialmedizin und Jugendheilkunde, beide mit Internetseiten vertreten, auf denen Sie deren Stellungsnahmen und Empfehlungen nachlesen können. Viele Grüße und viel Erfolg

von Dr. med. Rüdiger Posth am 18.06.2010