Frage: Bedürfnisbefriedigung

Hallo Dr. Posth, erstmals herzlichen Danke für Ihre tolle & wertvolle (auch gesellschaftlich) Arbeit hier! Unsere Tochter (8 Mo) haben wir forumsgerecht "betreut". Wir haben stets auf prompte Bedürfnisbefriedigung geachtet. Wir tragen heute auch noch viel. Nun habe ich in Ihrem Buch dazu nochmals nachgelesen u. bin unsicher, ob ich es etwas falsch verstanden & übertrieben habe. Ich habe nicht nur nicht weinen lassen, sondern auch schon beim stärkeren Quengeln auf den Arm genommen etc. I.d.R. wusste ich auch, d. daraus später Weinen werden würde. Sie ist daher ein glückliches & ausgeglichenes Baby. Ich lass nun, d. man bis zum bestimmten leichten Weinen auch kurz warten kann, ob sich Baby beruhigt, was fürs Selbstbewusstsein gut ist. Habe ich somit etwas falsch gemacht? Wie kann ich es jetzt ändern, wo meine Tochter daran gewöhnt ist, ohne d. sie dann durch die Änderung "Schaden" nimmt. Vielen Dank. lg Ankup

von Ankup am 11.06.2012, 07:53



Antwort auf: Bedürfnisbefriedigung

Hallo, das Quengeln eines Säuglings hängt mit den Gefühlen von Ärger, Unzufriedenheit und Unlust ganz allgemein zusammen. Natürlich steht dahinter auch ein Bedürfnis, aber die Dringlichkeit dieses Bedürfnisses ist nicht gleichzusetzen mit Hunger, Angst oder Schmerzstillung. Das heißt, beim Quengeln darf schon ein bisschen zuwarten und sehen, ob sich das Kind nicht von allein wieder beruhigt, z.B. indem es plötzlich von einer Wahrnehmung erfasst wird, die es ablenkt. Auch das ist Ko-regulation und zwar durch den Eindruck der Umwelt und keine "Selbstregulation", wie sie von Verhaltenstheoretikern immer wieder beschworen wird. Aber die Bindungspersonen sind entlastet und können sich anderen Dingen widmen. Nur wenn aus der Unlust echte Unzufriedenheit wird und der Säugling zu schreien anfängt, dann geht man hin und beruhigt ihn. Ich würde auch nicht sagen wollen, dass die Selbstberuhigung ohne Hilfe der Bindungsperson das Selbstbewusstsein stärkt. Das geht in diesem frühen Stadium ohnehin noch gar nicht, weil es noch kein fertiges Selbst gibt. Aber prompte Bedruhigung durch die Bindungspersonen stärkt das Urvertrauen und aus diesem speist sich dann später das Selbstvertrauen, welches wiederum Selbsstbewusstsein schafft. Viele Grüße und danke für Ihr großes Lob

von Dr. med. Rüdiger Posth am 11.06.2012