Frage: auf Beerdigung mit 5 Jahren?

Sehr geehrte Herr Dr. Posth, ich habe eine Frage und zwar geht es darum das mein Vater todkrank ist (kleinzelliges Bronchialkarzinom mit unzähligen Metastasen) er wird nicht mehr lange zu Leben haben, meinten die Ärzte, ich weiß nicht wie ich meiner Tochter Lena das erklären soll, das ihr Opa sterben muß oder soll ich gar nichts sagen? Sie ist im Dezember 5 Jahre alt geworden.... was meinen Sie, wenn es so weit sein sollte kann ich sie mitnehmen auf die Beerdigung? Oder ist das zu "viel" für Lena? Ich wäre Ihnen sehr dankbar für eine Antwort. Mit freundlichen Grüßen Burki

Mitglied inaktiv - 05.01.2003, 14:08



Antwort auf: auf Beerdigung mit 5 Jahren?

Liebe Burki, Kinder kennen solche Gedankenvorgänge, wie wir Erwachsenen sie haben, nicht. Insofern darf man sich nicht wundern, wenn bei ihnen keine wirkliche Trauer erkennbar ist. Kinder mit 5 Jahren haben keinen Todesbegriff. Sie kennen die Endgültigkeit der Trennung nicht. Das macht sie aber frei dafür, relativ unbeschwert mit dem Sterben umzugehen. Wie man seinem Kind die Endgültigkeit des Todes begreiflich zu machen versucht, hängt von den eigenen, persönlichen Voraussetzungen ab. Auf keinen Fall sollte man Bestandteile des Lebens, wie den Schlaf, zur Erklärung heranziehen. Man sollte schon sagen, daß der Tod etwas Besonderes ist, das das Leben eines Menschen für immer verabschiedet. Dafür versammelt man sich und dafür trauert man. Erklären sollte man nur das, was das Kind genau hinterfragt. Dann benutzt man verständliche Bilder, vielleicht aus der Natur, in welcher immer wieder Neuanfänge und Untergänge stattfinden. Ob der Himmel als Stätte für die Toten ein gutes Bild ist, möchte ich offen lassen. Warum sollen Verstorbene nicht auf dem Friedhof weiter "wohnen"? Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 07.01.2003



Antwort auf: auf Beerdigung mit 5 Jahren?

Hallo! Ich kann dir jetzt nur das erzählen, wie wir es mit meinem Neffen gemacht haben. Als mein Papa starb, war mein Neffe auch 5 Jahre. wir haben ihn erzählt das der Opa im Himmel ist und auf ihn aufpasst. Er war damit einverstanden. Er war zwar traurig, weil Opa so weit weg ist, aber ok. Zur Beerdigung haben wir ihn nicht mitgenommen, weil er das noch nicht verstand. Nachmittags ging dann mein Bruder mit ihm an Opas Grab und legte dort ein Blumenherz nieder und es wurde ihm erklärt, daß das die Stelle ist wo man Opa einen Gruß ausrichten lassen kann. Jetzt geht er jede Woche ans Grab und bringt Bilder hin, die er selbst gemahlt hat. Ich bin der Meinung das die Kinder es noch nicht verstehen, was passiert. Erklär deinem Sohn das sein Opa krank ist und das er bald eine lange Reise macht wo es ihm besser geht. Aber ich würde ihn nicht mit zur Beerdigung mitnehmen. Ich wünsche dir und deiner Familie Kraft. Viel Glück LG Äfflein

Mitglied inaktiv - 06.01.2003, 23:00



Antwort auf: auf Beerdigung mit 5 Jahren?

Hallo Burki! Erstmal: Es tut mir leid, dass es Deinem Vater so schlecht geht, ich wünsche Dir viel Kraft, um die kommende Zeit zu überstehen! Was Deine Frage angeht: Ich denke ja, wenn ich betroffen wäre, würde ich das Kind auf die Beerdigung mitnehmen. Natürlich kann ein Fünfjähriges nicht alles begreifen, was da geschieht, aber eine Beerdigung ist ja schließlich ein Abschiedsritual von dem Verstorbenen, das allen Betroffenen hilft. Ein Grab ist ja auch ein Ort, an dem man in Ruhe trauern und in Gedanken mit den Toten "sprechen". Ich finde, diese Möglichkeit sollte man auch einem Kind nicht nehmen. Ich bin selbst nicht unbedingt religiös, finde es aber auch ein schönes Bild, wenn man Kindern erzählt, dass Verstorbene in den Himmel kommen, wo es ihnen gut geht. Das ist, denke ich, eine tröstliche Vorstellung für die Kleinen, dass die Person nicht ganz verschwunden ist, aber keine Schmerzen und kein Leid mehr hat. Ich habe in meiner Bekanntschaft einmal den Fall erlebt, dass der Vater eines kleinen Mädchens (ar damals dreieinhalb) starb (ebenfalls an Krebs) und sie konsequent aus allem ausgeschlossen wurde, was mit der Beerdigung, etc. zu tun hatte. Begründung der Verwandten: Sie sollte nicht Angst bekommen, weil ihr Vater da unter der Erde in einer dunklen Kiste läge. Ich halte das aber für Blödsinn. Ich glaube, Kinder denken eher konkret und brauchen gerade deshalb solche sicht- und erfahrbaren Rituale wie Beerdigungen noch dringender als Erwachsene. Man sollte einfach nicht das Denken von Erwachsenen auf Kinder projizieren. Im Fall dieses kleinen Mädchens war es dann irgendwann so, dass sie auf Spaziergängen im Wald allein ein Stück weit ins Gestrüpp hineinging und dann nach dem Zurückkehren meinte, sie hätte mit ihrem "Himmelpapa" gesprochen. Ich hätte es schön gefunden, wenn man ihr diese Möglichkeit auch am Grab ihres Vaters gegeben hätte. Ich drücke Dir fest die Daumen für die richtige Entscheidung und wünsche Dir ganz viel Kraft für die kommende Zeit Nicole

Mitglied inaktiv - 07.01.2003, 07:08



Antwort auf: auf Beerdigung mit 5 Jahren?

wir haben unsere kleine (damals 4,5) mit zur beerdigung der oma genommen. haben es vorher erklärt und sie hat das auch verstanden. das dumme war nur: als wir am grab standen, fing die kleine an zu singen "häschen in der grube" *schäääm* aber es war halt ihre art "tschüss" zu sagen, das lied hat sie immer mit der oma gesungen....

Mitglied inaktiv - 07.01.2003, 17:02



Antwort auf: auf Beerdigung mit 5 Jahren?

Liebe(r) Burki, ein trauriger Anlass :o( - aber ich denke, dass das Sterben eigentlich zum normalen Leben dazugehört, auch wenn wir es in üblichen 3-Personen-Familien vielleicht nicht mehr so oft mitbekommen. Unsere beiden Kinder (3 und 4) haben schon oft etwas vom Tod mitbekommen - durch Fragen, was ist, wenn man immer älter wird - durch tote Tiere - durch Warnungen vor Unfällen - durch den Tod ihrer Uroma ... Sie stellen viele interessierte Fragen dazu, und es stimmt, dass sie noch nicht so erschüttert vom Tod sind, wie wir es sind. Warum kommt die Uroma in so eine Kiste ? Warum werfen wir Blumen da drauf ? Warum weint die Oma ? Für uns war das zum Teil recht makaber, darauf zu antworten - dass die Uroma vergraben wird, weil sie sonst anfängt zu stinken und verwesen, ist ja nicht so leicht zu erklären ... Durch die Gespräche ist unseren Kinder aber inzwischen recht bewusst, dass alle mal sterben, dass die meisten Leute erst sterben, wenn sie alt sind, und dass man nicht vorher wissen kann, wann man stirbt. Häufig gehen sie recht unbefangen mit dem Thema um, und natürlich kommt auch mal eine traurige Phase, die man dann zulassen und begleiten kann, wenn sie kommt. Die 4jährige stellt sich vor, dass die Toten dann Engel sind - diese Interpretation hat sie vom KiGa übernommen. Für den 3jährigen ist es noch nicht so weit, dass er darüber nachdenkt, was denn mit denen dann ist. Meine Schwiegermutter hat Krebs und wird nicht mehr lange leben. Das Abschiednehmen möchte ich wieder mit den Kindern machen, und diesmal möchte ich die Kinder sogar die Tote im Sarg noch mal angucken lassen. Ich hoffe, mit dieser Offenheit alles an Verarbeitung zuzulassen, was die beiden brauchen. Freundliche Grüße, sun

Mitglied inaktiv - 10.01.2003, 20:31