Darf nicht mitspielen

Dr. med. Ludger Nohr Frage an Dr. med. Ludger Nohr Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Frage: Darf nicht mitspielen

Hallo Herr Dr. Nohr, mein Sohn (fast 4) besucht seit drei Monaten den Kindergarten. Die Eingewöhnung verlief problemlos, allerdings spielte er kaum mit anderen Kindern, sondern mit einer Erzieherin oder alleine. Darüber war er aber nicht unglücklich. Mittlerweile möchte er mit anderen Kindern spielen, aber diese lassen ihn nicht. Er fragt, ob er mitspielen darf, bekommt als Antwort aber ein „Nein“. Die Erzieherin meinte einmal daraufhin wohl: „Das ist schade, dass du nicht mitspielen darfst“, spielte danach etwas mit ihm. Mittlerweile will er oft nicht in den Kiga, fragt abends, ob er morgen wieder rein müsse. Manchmal weint er morgens, da er „nie wieder“ in den Kiga wolle. Manchmal geht er anstandslos rein, wirkt beim Abholen aber immer traurig. Er spielt mit anderen unbekannten Kindern auf dem Spielplatz wirklich sehr schön, will aber mit ihnen gleich befreundet sein („sind wir Freunde?“). Im Kiga meint er habe er leider keine Freunde. Er erzählte mir, dass er dort meist alleine mit einer Handpuppe (Fuchs) spielt. Mit der Handpuppe ging er kürzlich zu zwei Kindern und fragte, ob der Fuchs mitspielen dürfe. Ich finde das sehr traurig, denn ich denke, er war sich bewusst, dass er als Person nicht mitspielen darf, als handpuppe evtl schon. Ich mache mir große Sorgen, dass er sich ausgegrenzt fühlt, da er selbst sagt, er habe leider keine Freunde. Wie beurteilen Sie die Situation?Herzlichen Dank

von tessa_30 am 03.12.2019, 13:25



Antwort auf: Darf nicht mitspielen

Hallo, es ist von aussen oft gar nicht so erkennbar, warum Kinder ausgegrenzt oder eingeladen werden. Ich schreibe immer wieder, dass KiGa keine "wunderbare Spielzeit" ist, sondern zumindest auch oft schwieriges und anstrengendes soziales Lernen. M.E. ist es die pädagogische Aufgabe von Erzieherinnen, die Intergration auch der Kinder zu ermöglichen, die sich im sozialen Kontakt schwer tun. Schwer tun bedeutet meist unpassend zu sein, nicht besser oder schlechter oder richtig oder falsch. Wenn dann, wie bei Ihrem Sohn, der Wunsch und das Bedürfnis dabei zu sein so sichtbar wird, gerade dann findet häufig Verletzung statt. Die verunsichert dann wieder und der Mut sinkt immer mehr. Diese Spirale gilt es aufzuhalten. Pädagogik heißt auch, Intergration verschiedener Haltungen, Vorstellungen und Eigenarten zu ermöglichen. Das erwarte ich, neben Mitgefühl, von Erzieherinnen. Ich würde diese ansprechen und ins Boot holen. Hilfreich kann sein, ihm in privaten Zweierkontakten (Nachbarskinder, Verwandte u.ä.) Erfolgserlebnisse zu ermöglichen, die über die Stabilisierung mehr Sicherheit geben können. Dies könnte dann auch die Situation im KiGa erleichtern. Wichtig ist, dass Sie ihm nicht das Gefühl vermitteln, an ihm sei was falsch oder er verhalte sich falsch. Ihn verstehen und mitfühlen heißt auch, die Schwierigkeit sozialer Kontakte ernst zu nehmen. Gerade in solchen Situationen brauchen die Kinder den eindeutigen und unzweifelhaften Rückhalt der Familie. Die Haltung dahinter liesse sich so beschreiben: "So wie du bist bist du OK, und jetzt schauen wir mal, wie du das im KiGa hinkriegen kannst". Dr.Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 03.12.2019



Antwort auf: Darf nicht mitspielen

Hallo Tessa, wie wäre es, wenn du eine Mutter/ einen Vater im Kiga ansprichst und sie um ein Spieldate bittest? Du könntest es ganz offen mit ihr/ ihm besprechen oder aber auch sagen, dass dein Kind das andere Kind interessant findet und gern mal zusammen spielen würde... so können die zwei sich ausserhalb der Kiga- Gruppe etwas kennenlernen. Ich fand es auch hilfreich einfach so Kontakt zu den andern Eltern aufzunehmen ( z.b. bei der Abholsituation ein Gespräch anzufangen), die anderen Kinder verlieren dann evtl auch die Scheu, verlieren die Angst/ Scheu vor den " Neuen".

von Silberfisch am 30.01.2020, 23:46