Besseres Verständnis kindlicher Verhaltensweisen

Dr. med. Ludger Nohr Frage an Dr. med. Ludger Nohr Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Frage: Besseres Verständnis kindlicher Verhaltensweisen

Guten Morgen Herr Nohr, wir haben eine meist fröhliche und aufgeweckte Tochter, die im Januar ihren vierten Geburtstag feiert. Obwohl wir die meiste Zeit ein sehr gutes Verhältnis zu ihr haben, stoßen mein Mann und ich hin und wieder an unsere Grenzen,was den Umgang mit verschiedenen alterstypischen Verhaltensweisen angeht. Daher unsere Frage an Sie: Können Sie uns ein Buch empfehlen, welches fachlich fundiert erklärt, warum sich ein Kind so benimmt, wie es sich eben benimmt als Kind, welche Prozesse dabei im Gehirn ablaufen und was die Unterschiede zu einem Erwachsenen sind? Wir suchen keinen Erziehungsratgeber, sondern vielmehr ein faktenbasiertes wissenschaftliches Werk, welches es ermöglicht, das Verhalten eines Kindes auf rationaler Ebene verstehen und nachvollziehen zu können. Vielen Dank schon im Vorhinein für Ihre Mühe!

von Josi94 am 10.12.2019, 08:48



Antwort auf: Besseres Verständnis kindlicher Verhaltensweisen

Hallo, ich kann Ihr Bedürfnis gut verstehen und kann ja auch leicht sagen, dass ich die meisten Ratgeber/Erklärungsbücher für überflüssig halte und mehr auf das Gefühl und die Einfühlung der Eltern setze. Falls Sie trotzdem ein fundiertes Buch lesen wollen, dann nehmen Sie von Dr.Rüdiger Posth: Gewaltfrei durch Erziehung. Darin ist viel Entwicklungspsychologie verbunden mit neuropsychologischem Wissen. Ein anderes Buch, das sowohl Hintergründe erklärt und erst daraus Verhalten und Umgang beschreibt, ist das bekannte "Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten...., von Graf und Seide. Der Nachteil all dieser Werke ist, dass keiner Ihr Kind kennt, es also immer um "Mittelwerte" geht. Und viele Eltern übersehen über dem "Gewussten" dieses eine Individuum. Wenn Sie doch was gelesen haben, vergessen Sie am besten wieder alles und verlassen sich auf sich selbst. Dr.Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 10.12.2019



Antwort auf: Besseres Verständnis kindlicher Verhaltensweisen

Klar gibt es diverse medizinische oder entwicklungspsychologische Abhandlungen darüber, welche Entwicklungsschritte Kinder idR wann vollziehen und wodurch sie idR gekennzeichnet sind. Bspl: die früher so genannte "Trotzphase" - heute spricht man eher davon, das Kinder einen Entwicklungsschritt durchlaufen, bei dem es um Selbstbestimmung geht. Und das man darauf auch eingehen sollte - diese Phase nicht als "das Kind tanzt uns auf der Nase herum" abtun und entsprechend hart reagieren. Aber: ein Kind kann in dieser Phase eher leicht zu handlen sein - oder aber ein echter Wüterich. Dann geht es ja darum herauszufinden, was eurer Kind speziell triggert, SO wütend zu reagieren: zu viele Regeln daheim, zu wenig Regeln daheim, mangelndes Selbstbewusstsein, Eifersucht auf Geschwister, Stress im KiGa - das wird euch ein Buch nicht faktenbasiert sagen können. Das müsst ihr individuell herausfinden. Unser Kind zB war ein Wüterich - und das klassische "konsequent bleiben" hat so nullkommagarnicht geholfen. Auch nicht das Wissen darum, das die Phase grundsätzlich normal ist. Geholfen hat nur, Kind genau zu beobachten und selbst herauszufinden, wann/was zu den Ausrastern führt und vor allen Dingen zu erkennen, das er einfach selbst keinen Weg herausfindet und ihn das immer verzweifelter - nicht wütender - werden lässt. Im Endeffekt habe ich Werbeprospekte gesammelt, die dann wie zufällig herumlagen und die er dann in kleinste Schnippsel zerrissen hat. Das hat ihn beruhigt und er hat darüber gemerkt: es gibt einen Weg, die Wut abzubauen. Die Schnipsel haben wir dann zu Kugeln gerollt und gemeinsam in den Papierkorb geworfen - als Spiel. Hört sich bekloppt an? Hat aber geholfen - er ist ein ziemlich soziales Kind geworden und braucht schon seit langem keine Werbung mehr ;-) Ich will euch euer Ansinnen nicht ausreden! Ich habe selber viel über Entwicklungspsychologie gelesen - aber letztendlich benötigt es dann dennoch genaues Hinsehen und die Individualität, den Charakter des eigenen Kindes sehen und auf diesen eingehen. Kein Mensch lässt sich in ein Schema pressen. Egal, wie viel ihr theoretisch wisst - die Praxis verlangt schlussendlich individuelle Lösungen :-)

von cube am 10.12.2019, 12:34



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