Auswirkung Depression Vater auf fast 4-jährige

 Ingrid Henkes Frage an Ingrid Henkes Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

Frage: Auswirkung Depression Vater auf fast 4-jährige

Liebe Experten, mein Mann leidet seit kurz vor der Geburt unserer Tochter vor bald 4 Jahren unter schweren Depressionen. Er hat eine diagnostizierte bipolare Störung, es gibt gute und schlechte Tage/Wochen. Er war letztes Jahr 10 Wochen in stat. Behandlung, in der Zeit nur an einem Tag pro Woche Zuhause. Zeitgleich wurde unsere Tochter in der Kita eingewöhnt. Sie hat in der Zeit ihren Vater kaum vermisst, unsere Bindung war schon immer eng. Er ist ihr ein guter Vater, spielt mit ihr, schimpft nicht und hat sich unter Kontrolle. Mir gegenüber allerdings nicht, er ist oft gereizt und laut. Nun ist es so, dass unsere Tochter mit zunehmendem Alter noch anhänglicher mir gegenüber wird. Das macht mir die Situation auch nicht leichter. Sie schläft nicht ohne mich ein und braucht sehr viel Körperkontakt. Das ist an sich für mich in Ordnung und sie war schon immer "verschmust", nun beobachte ich aber im Freundeskreis eher das Gegenteil : Autonomie steigt, eher mehr alleine machen. Mein Mann macht in Ermangelung freier Therapieplätze keine Therapie, so kann ich hier keinen Fachmann fragen. Wie sehr kann sich die Depression meines Mannes auf die geistige Gesundheit unserer Tochter auswirken und was wären Warnzeichen für mich, dass es so nicht weitergehen kann? Unsere Tochter geht tagsüber bis 14:30 in die Kita, dort läuft alles bestens. Können Sie vielleicht auch Literatur o. Ä empfehlen ? S.

von pülpülüm am 03.12.2020, 15:51



Antwort auf: Auswirkung Depression Vater auf fast 4-jährige

Guten Tag, gewiss spürt Ihre Tochter auch mit vier Jahren schon, dass das Verhalten des Vaters ganz anders ist als Ihres. Damit ist sie aufgewachsen und kennt es nicht anders. Sie scheint es ja auch gut zu tolerieren. Vermutlich kann sie das Verhalten des Vaters schlechter einschätzen, denn sie ist viel enger an sie gebunden. Diese sichere Bindung muss Ihre Tochter sich durch das starke Bedürfnis nach Körperkontakt immer wieder bestätigen. Autonomie zeigt sie aber durchaus, wenn auch noch nicht so wie andere Kinder, die Sie kennen. Schließlich geht sie gerne in den Kindergarten. Es könnte sinnvoll sein, dass Sie bezüglich dieses Themas mit dem Kinderarzt sprechen und eventuell auch den Rat eines Kinderpsychotherapeuten suchen. Eine so schwere psychische Erkrankung wirkt immer in die Familie hinein, auch wenn sich jetzt noch nicht sagen läßt, wie genau das geschieht. Die Erkrankung Ihres Mannes bleibt ja und ihre Tochter wird mit zunehmendem Alter immer mehr mitbekommen. Da wäre es hilfreich, die Erfahrungen Ihrer Tochter gut aufzufangen. Möglicherweise können Sie auch ein Gespräch mit dem behandelnden Psychiater Ihres Mannes führen. Ich habe leider keine Literaturempfehlung für Sie. Es gibt jedoch bestimmt Selbsthilfegruppen, Beratungsstellen- auch Erziehungsberatungsstellen oder den Kinderschutzbund, die sich des Themas "Kinder psychisch kranker Eltern" angenommen haben und Ihnen weiterhelfen können. Das Thema ist in den letzten Jahren stark in den Blickpunkt gerückt. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes

von Ingrid Henkes am 03.12.2020