Hallo,
mein Mann+ich wurden noch so erzogen, dass es eine Ohrfeige gab, wenn wir nicht getan haben, wie sich unsere Eltern das vorgestellt haben. Nie käme es uns deshalb i.d. Sinn, unseren Töchtern (5+8) gegenüber handgreiflich zu werden. Immer öfter stelle ich fest, dass der Ton bei uns zunehmend lauter wird wenn etwas nicht so läuft wie es soll. Wir Eltern arbeiten viel, beide Schicht, immer entgegengesetzt um die Betreuung der Kinder zu gewährleisten. Gemeinsame Familienzeit gibts kaum. Dementspr. sind wir auch oft gereizt, es braucht nicht viel, dass wir schimpfen. Die Mädchen streiten auch so oft, wir können es nicht aushalten, dass sie es unter sich ausmachen, mischen uns leider sehr oft ein, da die beiden sich auch hauen/schupsen/mit Füßen treten. Ich habe schon einige tolle Bücher gelesen (Jesper Juul, Carlos Gonzales) u. i. d. Theorie ist es einfach u. ich bin immer sehr motiviert, von dem Gelesenen umzusetzen, aber i.d. Praxis gelingt es mir dann meist wieder nicht mehr. Auch der wertschätzende, respektvolle Umgang untereinander fehlt zunehmend. Auch heisst es bei uns ständig "wenn ihr dieses/jenes nicht macht, dann gibt's dieses/jenes nicht", also ständiges androhen (u. das dann auch durchziehen) von irgendwelchen Verboten u. irgendwie sind wir dann aber alle unglücklich damit.
Haben Sie einen Rat, wie es wieder harmonischer wird bei uns od. brauchen wir prof. Hilfe?
Danke
von
FlipFlop
am 13.11.2018, 03:48
Antwort auf:
Abnehmende Harmonie in der Familie
Hallo und vielen Dank für die sehr offene Frage.
In vielen Familien (und Beziehungen!) schleichen sich mit der Zeit unangenehme Muster ein, die anfangs wenig, mit der Zeit immer offensichtlicher das Zusammenleben stören. Die guten Bücher, die man dann liest, wissen leider nichts von der realen Belastung der Einzelnen, und da man die tollen Ratschläge auf Dauer nicht umsetzen kann, ist man noch mehr enttäuscht von sich und den anderen.
Meines Erachtens ist der erste und wichtigste Schritt, in einem gemeinsamen Familien-Gespräch (genügend Zeit, sonntags nach dem Frühstück z.B.) das eigene Unwohlsein zu benennen. (Gordon: Familienkonferenz) Keine Vorwürfe, keine Forderungen und Ansprüche, nur das Beschreiben des eigenen Missempfindens und das Angebot, dass auch die anderen mal ihren Frust benennen. Wenn klar ist, dass alle irgendwie leiden, ist die Chance, dass alle was verändern, größer. In einem nächsten Gespräch, wenn alle ein bißchen drüber nachgedacht haben, könnte man dann Wünsche formulieren, was sich verändern sollte und was man selbst dazu beitragen kann. Wenn diese Gespräche regelmäßig stattfinden, also ein sicherer Raum für dann auch Kritik und Wünsche da ist, kann sich auch was verändern. Ein Versuch ist es immer wert, weil es auf jeden Fall den Kontakt wieder intensiviert, man wieder mehr voneinander weiß.
Viel Erfolg.
Dr.Ludger Nohr
von
Dr. med. Ludger Nohr
am 14.11.2018