Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

zwillis machen probleme

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: zwillis machen probleme

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Hallo, meine Zwillinge sind 4 1/2 Monate alt und werden noch voll gestillt. Leider verkürzt sich der Rhytmus von bislang 3 Stunden auf mittlerweile 2 Stunden und in der Nacht von 6 - 9 auf anfangs 2-3, ab 3 Uhr morgens auf 1 1/2 - 2 Stunden. Dazu kommt, daß gerade Jasper ständig schreit, auch an der Brust nach ein paar Minuten anfängt zu schreien und sich kaum beruhigen kann. Mit zwei Monaten haben beide einmal ohne Probleme eine Flasche getrunken, doch jetzt verweigern sie sich völlig. Jasper reagiert mit hysterischen Geschrei und macht kaum den Mund zu (Schnuller aus Latex sind kein Problem), Solveig probiert zumindest die Milch, saugt aber auch gar nicht. Ich habe schon verschiedene Sauger ausprobiert, mein Mann hat über zwei Mahlzeiten versucht die Flasche zu geben, ohne daß ich zu Hause war und ich habe neben Pre-Milch eine 1er versucht (soll wohl süsser sein?). Die Nerven der Familie liegen blank, meine beiden Söhne kommen zu kurz und keiner weiß mehr weiter! Kannst Du uns noch ein paar Tipps geben? Ich hoffe! Liebe Grüsse, Anja


Biggi Welter

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Liebe Anja, die Trinktechniken an Brust und Flasche (künstlichem Sauger) unterscheiden sich rundlegend. Manche Kinder kommen mit dem Wechsel zwischen den beiden Techniken nicht klar und versuchen dann mit der falschen Technik an der Brust zu trinken. Das funktioniert nicht, das Kindbekommt an der Brust keine oder nur wenig Milch, ist frustriert und lehnt die Brust dann im schlimmsten Fall sogar ab. In dieser Situation spricht man dann von einer Saugverwirrung. Nun kann ein verhängnisvoller Kreislauf beginnen: da das Kind mit der falschen Technik an der Brust trinkt, wird es an der Brust hektisch, saugt an, lässt wieder los, dreht den Kopf hin und her schluckt viel Luft (die wiederum führt möglicherweise zu Bauchproblemen) und da es die Brust nicht mehr richtig stimuliert kommt es zu einem Rückgang der Milchmenge und damit zu weiterem Zufüttern, wenn dieser Kreislauf nicht unterbrochen wird. Eine Saugverwirrung lässt sich leider nie ganz ausschließen, auch nicht bei einem älteren Stillkind und auch nicht, wenn es vorher unter Umständen monatelang gut gegangen ist. Ein Versuch wäre es daher immer wert, die künstlichen Sauger wegzulassen und statt dessen einen Becher zu verwenden. Wichtig ist es im Moment, dass die Babys keine Flasche und auch keinen Schnuller bekommen, damit sie die Brust wieder korrekt nehmen. Für dich ist das sicherlich anstrengend, aber die Gefahr ist groß, dass die Kinder die Brust ganz ablehnen und sich letztendlich zur Flasche hin abstillen. Wenn das für dich okay ist, helfen vielleicht folgende Tipps: Viele Stillkinder verweigern die Flasche und zwar erstens, weil sie mit dem ungewohnten Gefühl des künstlichen Saugers nichts anfangen können und zweitens weil sie nicht wissen, wie sie aus einer Flasche trinken müssen, denn die Technik zwischen Sauger und Brust unterscheidet sich ganz erheblich. Ein Baby muss erst lernen, was sie mit dem Sauger tun soll und mit welcher Technik es aus der Flasche trinken muss. Dazu kommt, dass es sich denkt "Was soll ich denn damit? Ich kann doch die Milch meiner Mutter riechen und fühle ihre Brust und bekomme so etwas Seltsames in den Mund gesteckt". Daher funktioniert es oft besser, wenn nicht die Mutter die Flasche gibt, sondern der Vater, die Oma, ein Babysitter usw. Es empfiehlt sich auch, nicht zu warten, bis das Baby sehr hungrig oder müde ist. Müde oder hungrige Babys sind nicht unbedingt daran interessiert etwas Neues auszuprobieren. Du kannst versuchen, ob sie aus einer Trinklerntasse (Schnabeltasse) trinken mögen. Viele Mütter berichten, dass ihre Babys die Trinklerntasse von Avent mit dem weichen Schnabelaufsatz gerne (oder zumindest lieber) annehmen. Unter Umständen kann man auch löffeln. Manchmal hilft es auch, dem Baby den Sauger nicht in den Mund zu stecken, sondern so wie beim Stillen durch Berührung mit der Brustwarze der Suchreflex ausgelöst wird, mit dem Sauger die Unterlippe des Babys zu berühren und zu warten, bis es den Sauger selbst nimmt. Es kann auch helfen, den Sauger mit Hilfe von warmem Wasser auf Körpertemperatur zu bringen. Weitere Tipps sind: o das Baby beim Flaschegeben in ein Kleidungsstück der Mutter (Geruch) einwickeln o den Flaschensauger mit warmem Wasser auf Körpertemperatur bringen oder beim einem zahnenden Baby abkühlen, um die Zahnleisten zu beruhigen o verschiedene Saugerformen und Lochgrössen ausprobieren o verschiedene Haltungen beim Füttern einnehmen o versuchen das Baby im Halbschlaf zu füttern o geduldig bleiben und auch alternative Fütterungsmethoden in Betracht ziehen (z.B. Becher, Löffel) Geduld dürfte das Wichtigste sein. deine Babys werden es schon noch lernen. Es wäre bestimmt sinnvoll, wenn Du dich an eine Beraterin vor Ort wenden könntest, die dir Tipps gibt, wie es nun weiter gehen kann, wenn Du weiter voll stillen möchtest. Es ist ein normaler entwicklungsphysiologischer Verlauf, dass Babys ab dem Alter von vier bis sechs Monaten nachts (wieder) vermehrt aufwachen. Dieses Aufwachen liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Deshalb ist die Einführung von fester Nahrung oder künstlicher Säuglingsnahrung oder eben das Abstillen auch keine Garantie für angenehmere Nächte. Die Kinder beginnen die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet. Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. LLLiebe Grüße Biggi


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