Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Wie stille ich am besten ab?

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Wie stille ich am besten ab?

AnnaKallinger

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Mein Sohn ist 15 Monate alt. Wir versuchen nun schon seit ca drei Monaten abzustillen. Leider erfolglos. Untertags trinkt er schon länger nicht. Zu Mittag geht er auch problemlos mit mir oder meinem Mann schlafen. Das Problem ist das abendliche einschlafen und die Nacht. Mit einem kurzen Protest zu Beginn, geht er manchmal auch mit meinem Mann schlafen. Teilweise schläft er bei ihm sogar schneller ein als bei mir. An guten Tagen schaffe auch ich es, dass er ohne Brust einschläft. Dann gibt es jedoch wieder Tage an denen es in bitterlichem Weinen endet und ich nicht anders kann, als ihm die Brust zu geben. Genauso gibt es Tage, an denen er bei meinem Mann nicht nur fünf Minuten weint, sonder bis er vor Erschöpfung einschläft. Ich kann gar nicht sagen von was das abhängt, ist er dann zu wach oder zu müde... Ich gehe seit seinem ersten Geburtstag zwei Mal die Woche arbeiten, aber es sind nicht immer jene Tage an denen ich arbeiten war, wo er schwer/gar nicht ohne Brust einschläft... In der Nacht klappt es mit dem Nicht-Stillen gar nicht. Wenn er nicht innerhalb kürzester Zeit die Brust bekommt, muss er ganz bitterlich weinen. Da hilft kein guten zureden, kein Singen, kein Schnuller und keine Flasche mit Wasser. Mein Mann kann ihn dann auch nicht beruhigen. Es hilft nur die Brust. Ich habe auch schon versucht mir mehr anzuziehen und einen anderen Duft auf mein Shirt zu geben, damit er mich/die Brust nicht so leicht riecht - nutzlos... Aber auch beim Trinken an der Brust haben wir ein Problem. Ich habe das Gefühl, dass er dann nicht richtig einschlafen kann. Er bewegt dann sehr viel die Hände und ist nur im Halbschlaf. Sobald ich ihn von der Brust weg nehme, beginnt er wieder zu weinen, obwohl er nur mehr nuckelt. Den Schnuller möchte er dann auch nicht. Wir brauchen dann oft zwei-vier Versuche in zur Seite zu legen und dass er weiterschläft. Es gibt Nächte in denen er nur einmal wach wird und es gibt Nächte wo er öfter Mal wach wird. Das Problem ist aber eher, dass er dann so lange an der Brust nuckelt und ich eben lange brauche bis ich ihn wieder zur Seite legen kann. Liegt das lange nuckeln vielleicht daran, dass er Angst hat die Brust hergeben zu müssen oder kann es auch sein, dass er ev doch noch mehr braucht und ich nicht mehr genug Milch habe? Wasser möchte er aber keines, bzw. wenn er manchmal davor doch ein paar Schlucke macht, macht das auch keinen Unterschied. Wir haben schon einmal versucht, dass ich ein paar Nächte nicht im selben Zimmer wie er schlafe und mein Mann ihn in der Nacht zu beruhigen versucht, aber das hat leider nicht so richtig funktioniert. Jetzt denken wir darüber nach es noch einmal zu versuchen, vielleicht war er (oder ich) vor ein paar Monaten noch nicht so weit... Hundertprozentig bin ich aber noch nicht davon überzeugt. Was mich auch noch nicht ganz überzeugt - sollte es wider Erwarten doch funktionieren, vergisst er dann nach drei/vier Tagen, wenn ich wieder im selben Zimmer schlafen, die Brust und möchte tatsächlich nicht mehr trinken? Da bin ich ein bisschen skeptisch. Der Gedanke, dass ich ihn dann wenn er mich doch so gern hätte und mich braucht, irgendwie im Stich lasse, lässt mich nicht los... Habt ihr vielleicht einen Tipp, wie wir nun am Besten weitermachen bzw. ob wir am richtigen Weg sind oder ob wir was falsch machen? Vielen Dank im Voraus!


Biggi Welter

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Liebe AnnaKallinger, ein Baby muss eine gewisse Reife erreichen, um längere Zeit schlafen zu können. Wann dieser Zeitpunkt erreicht wird, ist von Kind zu Kind unterschiedlich. Eine Flasche mit künstlicher Säuglingsnahrung (oder ein Abendbrei) verbessern das Schlafverhalten nicht (das wurde in Studien nachgewiesen). Es gibt nicht wenige Kinder, die dann sogar noch weniger schlafen. Auch wenn das Kind am Tag viel isst, schläft es nicht besser, denn es wacht ja nicht nur wegen dem Hunger auf, sondern sucht Nähe und Geborgenheit! Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist es so, dass Mütter ihre Babys in den Schlaf stillen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses „natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit „Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben. Es hat seinen Grund, warum stillende Mütter die besten Einschlafhilfen SIND. Beim Saugen an der Brust findet ein Baby das, was es braucht: Trost, Nahrung, Sicherheit. Es liegt vermutlich an einer gewissen neurologischen Unreife, wenn einige Babys das mehr brauchen als andere, und es "verwächst" sich wirklich von alleine!! Dein Baby braucht also vor allem eines: Zeit zum Reifen. Vielleicht "schenkst" Du ihm einfach noch ein bisschen von dieser Zeit, in der du ihm gestattest, so zu sein, wie es ist. Gerade in diesem Alter schlafen viele Babys erst einmal wieder schlechter, bevor sie dann durchschlafen. Natürlich kannst Du trotzdem versuchen, in der Nacht nicht mehr zu stillen. Ganz ohne Tränen und Wutausbrüche wird es wohl noch nicht gehen, eben weil für sie die Zeit noch nicht reif ist. Was ja nicht bedeutet, dass du nicht trotzdem die Entscheidung zum Abstillen (in der Nacht) treffen dürftest. Hast du schon von der Pantley-Methode gehört, mit der eine stillfreie Zeit in der Nacht eingeführt werden kann? Diese stillfreie Zeit lässt sich dann immer weiter ausdehnen... Vielleicht wäre das eine Möglichkeit auch für euch? Allerdings noch einmal: Ob ein Baby nach dem Abstillen besser schläft kann leider nicht vorhergesagt werden. Nicht bei allen ist das nämlich so, was in erster Linie damit zusammen hängt, dass die Kleinen ein ganz anderes Schlafmuster haben als wir Großen, und von Natur aus dafür "programmiert" sind, häufig aufzuwachen. Erkläre deinem Kind schon bei Tag, was sich in der Nacht ändern wird, und versuche, Signale zu definieren, die es wieder erkennen kann (z.B. "erst wenn der Radiowecker angeht, dann darfst Du trinken") und die sich eventuell anpassen lassen (den Radiowecker kann man etwa jeden 2. Tag eine viertel Stunde nach hinten programmieren, so dass die Pause immer länger wird). So wird die Nacht allmählich stillfrei. Wenn sich dein Kind dann beim Einschlafen oder in der Nacht beschwert, dass es nicht trinken darf (und das kann es natürlich nur durch weinen oder schreien), dann tröste es und sprich liebevoll-beruhigend mit ihm, und gestehe es ihm auch wirklich zu, sauer zu sein, aber bleib konsequent beim "Nein", bis der vereinbarte Zeitpunkt (z.B. der Radiowecker geht an) für das Stillen gekommen ist. Dann jedoch solltest Du auch von dir aus deinem Kind die Brust anbieten - so lernt es, dass es sich auf dein Wort verlassen kann. Ehrlicherweise muss ich dazu sagen, dass die ersten Nächte zwangsläufig sehr unruhig sein werden. Doch in der Regel akzeptieren Kinder relativ schnell die neuen "Spielregeln", und je älter sie sind, desto einfacher. Einen "Knacks" beim Kind brauchst du nicht befürchten, wenn du ihm wirklich beistehst und ihn nicht "strafst" für seine natürliche Reaktion auf diese Veränderung. Nur wenn sich dein Kind über mehrere Tage hinweg gegen diese stillfreie Zeit sperrt, oder gar tagsüber extrem anhänglich bzw. weinerlich wird, oder gar eine Hautreaktion zeigt, dann weißt du, dass es noch zu früh ist und du vielleicht einfach noch ein paar Wochen warten und durchhalten solltest. Dieser Vorschlag stammt von Elizabeth Pantley, Autorin des Buchs "Schlafen statt Schreien: Das liebevolle Einschlafbuch: Das 10-Schritte-Progamm für ruhige Nächte", das erst im Herbst auf Deutsch erschienen ist und das ich wärmstens empfehlen kann. Pantley hat ein Programm entwickelt, mit dem man älteren Babys, auch Stillkinder, dabei helfen kann, auch ohne Brust oder ständiges Stillen die Nacht zu schaffen. Auch wenn man nicht alle ihre Schritte anwendet haben viele Mütter doch gute Erfahrungen mit diesem Buch gemacht. Natürlich kannst du zum Einschlafen und während der Nacht einen Schluck Wasser oder auch immer wieder einen Schnuller anbieten, doch sei nicht allzu überrascht, wenn das anfangs mit Wut abgewiesen wird. Wichtig ist auch, dass du ihn nicht allein lässt, wenn er zornt. Seine Gefühle sind ja plausibel und verständlich, darum bleib bitte bei ihm, bleib ruhig und liebevoll, und strafe ihn nicht, nur weil er seiner Natur folgt. LLLiebe Grüße Biggi


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