Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Wie stille ich ab?

Frage: Wie stille ich ab?

Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Mein Sohn ist jetzt 14 Monate alt und ich stille ihn noch Abends zum Einschlafen, wenn er Nachts wach wird und Morgens nach dem Aufwachen. Langsam möchte ich ganz abstillen, weiß aber nicht, wie. Er läßt sich durch nichts anderes beruhigen, wenn er wach wird (2-3 Mal), nimmt keine Flasche und keinen Schnuller. Habe schon von der "Schlaferziehung" gehört, weiß aber nicht, ob ich das schaffe, ich finde es ziemlich brutal, ihn einfach nur schreien zu lassen....


Biggi Welter

Biggi Welter

Beitrag melden

Liebe monal2908, lassen Sie sich und Ihrem Kind Zeit. Je krampfhafter Sie versuchen Ihr Kind in eine Selbstständigkeit zu zwingen, für die es noch nicht reif ist, um so verzweifelter wird Ihr Kind sich an Sie klammern. Gelassenheit und Geduld sind die Schlüsselwörter, die den „Erfolg“ bringen werden. Es herrscht zur Zeit in unserer Gesellschaft ein immenser Druck in die Richtung, dass Babys und Kinder so früh wie möglich alleine einschlafen müssen/sollen. Der Trend geht zu immer früherer Anwendung sogenannter Schlaftrainingsprogramme und Eltern von Babys, die sich nicht dieser „Norm“ anpassen, wird mehr oder weniger direkt vermittelt, dass sie selbst schuld sind, ja manchmal kommt unterschwellig sogar dazu, dass dies Eltern sich als Versager fühlen sollten. Menschenbabys sind von Natur aus nicht dazu konzipiert alleine (einzu)schlafen. Sie sind Traglinge, die den engem Körperkontakt mit der Mutter (oder auch dem Vater) brauchen. Die Fähigkeit alleine einzuschlafen entwickelt sich bei jedem Kind zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt, bei dem einen Kind kann dies vielleicht schon vor dem ersten Geburtstag sein, beim anderen dauert es wesentlich länger. Das liegt einfach in der Natur des Kindes und so wenig, wie Sie beschleunigen können, dass Ihr Kind krabbelt, läuft oder spricht, so wenig können Sie die anderen Reifungsprozesse beschleunigen. Nun werden die Anhänger der Schlaftrainingsprogramme einwenden „aber mein Kind hat durch das Training gelernt alleine einzuschlafen“. Doch es stellt sich die Frage, ob das Kind wirklich „gelernt“ hat alleine einzuschlafen, oder ob es nicht einfach resigniert hat und es stellt sich auch die Frage, wie sich ein solches Training langfristig auf das Kind auswirkt. Jede Familie muss für sich selbst ausprobieren, was am besten funktioniert, doch nach meiner Erfahrung ist es wenig sinnvoll zuerst das nächtliche Stillen ausfallen zu lassen. Günstiger ist es in den meisten Fällen zuerst das mittägliche Stillen einzuschränken und schließlich wegzulassen, dann das abendliche Stillen und zuletzt das Stillen in der Nacht. Wenn Sie nun abstillen wollen, dann sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber, dass eure Stillzeit nun langsam zu Ende geht und zeigen Sie ihm, dass Sie es selbstverständlich noch genau so lieb haben wie schon immer. Sie entziehen ihm die Brust aber nicht Sie selbst und Ihre Liebe. Dazu können Sie die Stillzeiten immer weiter verkürzen. Viele Mütter haben festgestellt, dass es wirksam und relativ wenig belastend ist, ein Kind so oft anzulegen, wie es möchte, aber es nicht so lange zu stillen. Sie können Ihr Kind eine kleine Weile anlegen und es dann ablenken oder ihm etwas zu essen oder zu trinken anbieten. Eine andere Möglichkeit ist es, dass statt Ihnen, Ihr Partner die Nachtschicht bzw. das zu Bett bringen zum Teil übernimmt. Also nicht Sie wenden sich jedesmal Ihrem Kind zu, sondern ihr wechselt euch ab und da ein Mann keine Brust zum Stillen hat, wird er euer Kind auf andere Weise beruhigen müssen. Sie können Ihr Kind ja zuerst (kurz) stillen und dann Ihrem Partner übergeben. Das Verändern von Ritualen kann helfen. Das kann auf verschiedene Art und Weise möglich sein. Ihr könnt ein festes Ritual mit Kuscheln und Vorlesen oder Geschichte erzählen einführen. Viele Eltern beginnen auch bereits bei einem wenige Monate alten Baby damit, den Tag am Abend noch einmal Revue passieren zu lassen und so ein Gespräch (das sich im Laufe der Zeit dann entwickeln wird) über die Erlebnisse, Freuden, aber auch Sorgen und Nöte des Kindes zu führen. Durch solch ein Gespräch bleiben Eltern dann auch in engem Kontakt mit ihrem Kind und der leider viel beobachtet Sprachlosigkeit zwischen Eltern und Kind kann entgegengewirkt werden. Wenn Ihr Partner nicht einspringen kann, bleibt es an Ihnen, Ihr Kind auf andere Weise zu trösten und zu beruhigen und ihm einen Ersatz für die Brust anzubieten. In dieser Situation ist ein Nachthemd bzw. Kleidung, die sich vorne nicht öffnen lässt oft hilfreich. Wichtig ist, dass Ihr Kind weiterhin Ihre Liebe und Zuneigung spürt und Sie nicht gleich die Geduld verlieren, wenn es nicht so schnell klappt mit dem Abstillen. Viele Frauen glauben, dass sie sich beim Abstillen vom Kind distanzieren müssen, aber genau das Gegenteil ist der Fall. Deshalb halte ich auch nicht viel von der Lösung, dass die Mutter einige Tage alleine verreist. Diese plötzliche Trennung kann das Kind in tiefe Trauer und Verzweiflung stürzen und vor allem: Was macht die Mutter, wenn das Kind nach der Rückkehr doch wieder an die Brust will? Probieren Sie es einmal mit immer kürzerem Stillen und viel Kuscheln. LLLiebe Grüße Biggi Welter


Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Vielen, vielen Dank für diese Antwort!! Sie bestärkt mich in meiner eigenen Haltung, meinem Sohn seine Zeit zu finden, wann er so weit ist. Man bekommt eben von der Umwelt soviel eingeredet und manchmal auch ein schlechtes Gewissen gemacht, dass man dann doch verunsichert ist. Wenn es dann soweit ist, dass wir beide bereit sind, mit dem Stillen aufzuhören, werde ich gerne ihre Tips beherzigen und ausprobieren! Vielen Dank, Monika H.


Biggi Welter

Biggi Welter

Beitrag melden

Liebe Monika H., ich freue mich sehr, dass die Antwort Ihnen geholfen hat! Ganz liebe Grüße Biggi


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.