Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Was tun bei mangelnder Gewichtszunahme?

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

zur Vita

Frage: Was tun bei mangelnder Gewichtszunahme?

carolin_ha

Liebe Biggi, ich schreibe Ihnen aufgrund der zu geringen Gewichtszunahme meiner Tochter (9 Wochen). Ich bin so langsam mit meinem Latein am Ende und weiß nicht mehr, was ich noch ausprobieren kann, um ihre Gewichtszunahme zu verbessern und das langfristige Stillen zu schützen. Leider ist mein Eindruck, dass Kinderärzten das Stillen nicht so wichtig ist und sie schnell auf Zufüttern von Pre-Milch drängen. Ich stille meine Tochter derzeit nach Bedarf zwischen 8 und 12 mal in 24h, sie trinkt zwischen 5 und 20 min, allerdings nur an einer Brust. Danach signalisiert sie mir, dass sie satt ist, indem sie die Brust loslässt oder den Kopf wegdreht. Meistens ist sie zufrieden. Ich habe auch schon versucht, ihr noch öfter die Brust anzubieten, vorallem wenn ich den Eindruck hatte, dass sie zuvor "zu kurz" getrunken hat, aber sie nimmt die Brust dann nicht und ist eher genervt, dass ich sie ihr ins Gesicht halte. Ich habe eine „normale“ und eine Schlupfwarze. Leider wurde mir erst letzte Woche von einer erfahrenen Stillberaterin gezeigt, wie ich sie auch dort ohne Stillhütchen anlegen kann. Da dies etwas umständlicher und schwerer, als an der anderen Brust ist, trinkt meine Tochter an dieser Brust nur, wenn sie sehr entspannt ist. Ich stille sie inzwischen also fast ausschließlich an der „guten Seite“. Wechselstillen, um die Gewichtszunahme anzukurbeln, ist deshalb leider keine Option für uns. Laut Stillberaterin habe ich genug Milch und auch mein persönlicher Eindruck bestätigt dies. Wenn ich z.B. Milch abpumpe, bekomme ich an der guten Brust in 15min 70-80ml zusammen. Sowohl meine Hebamme, als auch die Stillberaterin haben die Anlegetechnik überprüft und als korrekt eingestuft. Ich habe keine Schmerzen beim Stillen und empfinde das Stillen (bis auf den Druck durch die Gewichtszunahme im Hinterkopf) als sehr schön. Mit drei Wochen wurde meiner Tochter das Zungenband auf Empfehlung der Hebamme durchtrennt. Bei der Kinder-Osteopathie waren wir auch. Ich weiß so langsam nicht mehr, was ich noch tun kann. Es ist mir wichtig, das langfristige Stillen zu schützen und nicht durch das regelmäßige Zufüttern von Pre-Milch zu gefährden. Die Kinderärztin sagt, meine Muttermilch sei nicht fettig genug - kann das sein? Ich kann eigentlich nicht glauben, dass Pre-Milch in ihrer Zusammensetzung besser als Muttermilch sein soll. Ist das einseitige Stillen das Problem? Grundsätzlich ist mein Kind zufrieden und wach, sie weint nicht mehr als andere Babys und sieht nicht unterernährt aus. Nur die Zahl auf der Waage stimmt halt nicht. Haben Sie noch Ideen was ich ausprobieren kann? Ich bin durch die vielen Meinungen und Perzentilenkurven schon ganz durcheinander und weiß so langsam nicht mehr weiter.


Biggi Welter

Biggi Welter

Liebe carolin_ha, lass dich zunächst einmal virtuell umarmen, ich kann deine Verzweiflung gut verstehen. Wie genau ist denn die Zunahme deines Kindes? Babys nehmen in den seltensten Fällen immer gleichmäßig zu, sondern in Schüben und sogar gelegentliche Gewichtsstillstände können vorkommen, ohne dass gleich ein Anlass zur Sorge gegeben sein muss. Vor allem Babys, die zunächst überdurchschnittlich zugenommen haben, können einen „Zunehmknick" in der Kurve haben. Die durchschnittliche Gewichtzunahme vom vierten bis sechsten Lebensmonat beträgt pro Woche etwa 85 bis 142 g, ab sechs Monate verringert sie sich weiter auf 42 bis 85 g wöchentlich. Zur Beurteilung der Windeln kannst Du die nassen Windeln von 24 Stunden sammeln und abwiegen und dieses Gewicht mit dem Gewicht der gleichen Menge trockener Windeln vergleichen. Es sollte ein Unterschied von etwa 300 g sein. Weitere Anzeichen für ein gut gedeihendes Kind sind eine gute Hautfarbe und Hautspannung, das Kind ist in seinen Wachphasen lebhaft und neugierig ist und entwickelt sich altersgemäß, es wächst in die Länge und sein Kopfumfang nimmt zu. Ich würde möglichst auch nicht zufüttern, weil es dazu kommen kann, dass die Milchmenge abnimmt und das Baby die Brust irgendwann verweigert. Wenn dein Kind wirklich zu wenig zunimmt, würde ich es zunächst mit Muttermilchsahne probieren. Schau, dass du Milch ausstreichst oder abpumpst, die du in 10 ml Spritzen aufziehst und dann kopfüber in ein Glas stellst (also mit der Spitze nach unten). Lass aber ein bisschen Luft, denn die Schwerkraft wird den Kolben vielleicht etwas weiter in die Spritze drücken... Oben auf der Milch wird sich eine Fettschicht absetzen, der Muttermilchrahm. Nach ca. 2 Stunden kannst du den wässrigen unteren Teil der Milch ausdrücken und deinem Kind die verbleibende Sahne in den Mund träufeln. Statt mit leeren Spritzen kannst du natürlich auch mit einer Tasse arbeiten, in die du die gewonnene Muttermilch gibst. Oben wird sich der fetthaltige Rahm absetzen, du kannst ihn mit einem Löffel abschöpfen und deinem Baby geben. Wenn du das 3-4 Tage lang machst (je mehr, desto besser), wird dein Baby ganz sicher einen Schub machen. Liebe Grüße, melde dich doch in zwei Tagen bitte noch einmal, wie es euch geht! Biggi


rabe71

Hallo, dass die Muttermilch nicht fettig genug ist, ist natürlich Quatsch! Das kannst du vergessen. Vielleicht magst du einige Gewichte schreiben, damit man die Entwicklung etwas nachvollziehen kann? Und wäre es nicht auch eine Möglichkeit, Wechselstillen mit Hut zu praktizieren, wenn dein Baby anders nicht andockt? Alles Gute!


carolin_ha

Hallo Biggi, DANKE dir! Das ist wirklich mal ein konstruktiver Tipp < 3 Das werde ich aufjedenfall ausprobieren und dann mal berichten.  Ich bin so verwirrt von den ganzen Skalen, Tabellen und Normwerten - jeder sagt etwas anderes. Meine Hebamme nutzt die Perzentilenskala der WHO und erwartet eine Zunahme von 200g/Woche (was sie bis auf eine Woche nie hatte), die Osteopathin, die auch Kinderärztin ist, nutzt die Kromeyer-Hauschild Skala und erwartet ca. 120g/Woche.  Die Gewichtsentwicklung war folgende: Geburtsgewicht: 2.895 g, Gewicht bei Entlassung: 2.700 g 1 Woche: 2.845 g 2 Woche: 3.110 g (Zunahme: 265 g) 3 Woche: 3.290 g (Zunahme: 180 g) 4 Woche: 3.450 g (Zunahme: 160 g) 5 Woche: 3.615 g (Zunahme: 165 g) 6 Woche: 3.695 g (Zunahme: 80 g) 7 Woche: 3.745 g (Zunahme: 50 g) 8 Woche: 3.910 g (Zunahme: 165 g) 9. Woche: 3.910 g (Zunahme: 0g ?!) 10. Woche: jetzt am Samstag, steht noch aus Auf der WHO Skala wurde sie auf der 22. Perzentile geboren und ist inzwischen auf die 4. Perzentile abgerauscht. Laut der Kromeyer-Hauschild Skala wurde sie auf der 19. Perzentile geboren und ist aktell (Stand Freitag) auf der 13. Perzentile. Ich selbst war in ihrem Alter ebenfalls sehr leicht. Bis auf das Gewicht treffen die von dir genannten Kriterien auf sie zu. Sie hat  eine gute Hautfarbe und Hautspannung und ist in ihren Wachphasen lebhaft und neugierig ... 


carolin_ha

Hey rabe71, sie hat keine Lust (mehr) auf die Brust mit Stillhütchen, da es durch die Silkonschicht sehr lange dauert, bist der Milchspendereflex auslöst. Da sie es von der anderen Brust (ohne Stillhütchen) viiilel schneller kennt, hat sie da vermute ich keine Geduld mehr für. Gewichsentwicklung habe ich in der anderen Antwort gepostet (:


rabe71

Hallo, das mit den verschiedenen Skalen ist auch wirklich verwirrend, das kann ich verstehen. Kannst du dir irgendetwas vorstellen, was so seit  der ca.4./5. Woche anders ist? Schnuller eingeführt o.ä.? 


carolin_ha

Naja, mein Partner arbeitet wieder (hatte erstmal nur die ersten 4 Wochen Elternzeit) und das klassische Wochenbett in dem man nur kuschelt und sonst nix tut war vorbei. Es ist also so ziemlich alles anders als die Wochen vorher, erstes Mal "Alltag" mit Baby (; Thema künstliche Sauger wird es nicht sein - wir waren wie gesagt auch schon bei einer Stillberaterin vor Ort (die war fachlich gut, nur leider nicht sehr emphatisch, weshalb ich sie nicht nochmal kontaktieren möchte). 


Biggi Welter

Biggi Welter

Liebe carolin_ha,   so schlecht ist das gar nicht und ich würde jetzt wirklich erst einmal ein paar Stilltage einlegen und noch einmal das Saugverhalten überprüfen lassen. Wenn dein Baby nicht korrekt saugt, wird sich die Situation nicht verbessern. Außerdem kannst du Muttermilchsahne geben, damit dein Baby einen Schub macht. Bitte gib keinen Schnuller oder die Flasche, das gesamte Saugbedürfnis sollte an der Brust gestillt werden. Schreibe mir doch nach dem nächsten Wiegen wieder, dann sehen wird, ob es klappt! Ganz liebe Grüße Biggi


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