Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Viele Probleme mit Neugeborenem

Frage: Viele Probleme mit Neugeborenem

KielSprotte

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Liebe Biggi, Liebe Kristina, eigentlich dachte ich beim zweiten Stillkind wäre ich erfahrener, aber Theorie und Praxis……… Also von vorne: Am 13.09. ist unser Sohn geboren worden, hat sich wenige Minuten nach der Geburt von alleine auf den Weg an die Brust gemacht und selig getrunken – soweit alles gut. ABER seitdem weigert er sich standhaft die Brust wieder loszulassen! Er ist wirklich nur ruhig, wenn er auf meiner nackten Brust liegt und die Brustwarze am besten im Mund hat, aber zumindest am Mund. Ansonsten wird aus Leibeskräften gebrüllt – weder ich noch mein Mann können ihn dann beruhigen. Auch wenn ich ihn auf Bauch, Arm oder Schulter trage – es wird geschrien. Mein Mann ist schon total verzweifelt, da er bei ihm nur brüllt……  Mein Hebi meint, ohne Schreien wird es nicht gehen, aber er tut mir so leid. Schnuller haben wir alle durch, damit wird Weitspucken geübt. Auch Finger, Schnullertuch oder – tier – es wird gebrüllt, bis die Brust im Mund ist. Von unserer Tochter kennen wir das Bedürfnis nach ständigem Körperkontakt, was ja auch überhaupt kein Problem ist (Tuch), aber bei ihm muss es wirklich die nackte Brust sein. Zweites Problem: Sein Geburtsgewicht war 4160 Gramm, abgenommen hat er in den ersten Tagen überhaupt nicht – im Gegenteil: bei der U2 am 10. Lebenstag hatte er bereits fast ein Pfund mehr auf der Waage, jetzt nach gut 3 Wochen ist es fast ein Kilo! Hebi und Kinderarzt schlagen die Hände überm Kopf zusammen und meinen 150 gr / Woche in ersten Monat wäre gut, aber das wäre viiiieeel zu viel! Ich soll ihn weniger anlegen / trinken lassen: Problem siehe oben. Dritter Punkt: Er hat von Anfang an sehr stark gesogen, aber seit 2/3 Tagen wird das Stillen wirklich schmerzhaft für mich. Es fühlt sich an, als ob er die Brustwarze bis in seinen Hals (oder noch weiter) saugt. Letztes Problem: Bereits bei unserer Tochter hatte ich mit zu viel Milch zu kämpfen, aber jetzt…….die zweite Seite läuft mit, sobald auf der anderen Seite der MSR auslöst. Ich brauche gar nicht abpumpen, sondern nur auffangen. Pro Mahlzeit laufen bis zu 80 ml einfach so aus. Vielleicht könnt ihr mir zu dem ein oder anderen Punkt Tipps geben, denn so langsam sind wir mit unserem Latein am Ende. Lieben Dank, Conny


Biggi Welter

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Liebe Conny, zunächst möchte ich Dich beruhigen wegen dem Gewicht. Ein Stillkind soll und darf nach Bedarf gestillt werden - auch wenn es anfangs wesentlich mehr zunimmt. Im Gegensatz zur (industriell) stark weiterverarbeiteten Nahrung enthält Muttermilch keine leeren Kalorien. Es gibt keinen Beweis dafür, dass ein gestilltes Kind, das rasch zunimmt, als Erwachsener Gewichtsprobleme haben wird. Im Gegenteil es gibt mehrere Untersuchungen, die zeigen, dass Stillen eindeutig vor Übergewicht schützt und dass dieser Schutz nicht nur im Kindesalter sondern auch beim Erwachsenen anhält. Das Fett, das sich in der relativ passiven Phase vor dem Krabbelalter möglicherweise ansammelt, stellt einen Vorrat für die sehr aktive Phase dar, in der das quirlige Krabbelkind keine Zeit zum Essen haben will. Im Alter von ein bis zwei Jahren werden die Kinder, die schnell zugenommen haben, gewöhnlich von alleine schlanker. Wenn das Stillen Dir Schmerzen bereitet, dann sollte die Anlegetechnik überprüft werden, oft helfen kleine Veränderungen schon enorm. Falls Du noch keinen Kontakt zu einer Stillberaterin hast, solltest Du dich an eine Stillberaterin vor Ort wenden, die dich beim Stillen sehen kann und so feststellen kann, ob Dein Baby korrekt an der Brust saugt oder vielleicht ein Saugproblem vorliegt, das behandelt werden müsste. Adressen von Stillberaterinnen findest Du im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). Hast Du einmal versucht, Dein Baby in ein Tragetuch zu binden und es an Deiner nackten Brust zu tragen? Eine Mutter meiner Gruppe hatte damals auch ein Baby, welches sich nur an der Brust beruhigen konnte. Sie hat ein Shirt angezogen, in Brusthöhe ein Loch geschnitten und das Baby dann an die Brust gelegt und im Tuch gebunden - und es war GUT. Das Baby hat sich schnell beruhigt und die Mutter hatte ihre Hände wieder frei. Magst Du das mal ausprobieren? LLLIebe Grüße Biggi


KielSprotte

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Liebe Biggi, vielen Dank für die rasche Antwort. Wieso sagen meine Hebi und der KA übereinstimmend, dass jede Fettzelle die sich erst einmal gebildet hat, nicht von alleine wieder verschwindet und er sich nur angewöhnt dauernd essen zu müssen? Irgendwo könnten die Aussagen unterschiedlicher nicht sein und ich weiß momentan einfach nicht, wem ich nun glauben soll ;( Einige Shirts und Pullover habe ich auch schon zerschnitten (da hatten wir die gleiche Idee), aber langsam ist das für mich keine Lösung mehr! Es muss ja irgendwie möglich sein, mal 10 Minuten im Bad / unter der Dusche zu sein, ohne dass die Wände wackeln, weil Sohnemann sich in einen hysterischen Schreikrampf hineinsteigert, weil er mal ohne Nippel auskommen muss. Ich fühle mich langsam wie ein siamesischer Zwilling – und das möchte ich nicht! Ich liebe meine Kinder über alles, aber ich bin auch ein eigenständischer Mensch. Stillen und Körperkontakt ist selbstverständlich, aber nicht 24/7. Anlegen ist lt. meiner Hebi korrekt. Stillberaterin vor Ort ist momentan unmöglich. Die eine nimmt keine neuen „Kunden/Patienten“ an und die Stillberaterinnen in den Krankenhäusern stehen nur den Frauen zur Verfügung die dort entbunden haben. Wir hatten aber eine Hausgeburt.


Biggi Welter

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Liebe Conny, frag doch einfach mal nach Studien, die belegen, dass voll GESTILLTE Kinder nicht nach Bedarf gestillt werden sollen. Ich kann gut verstehen, dass Du im Moment völlig ausgelaugt bist und einfach mal Ruhe brauchst. Ehe Du jetzt zusammenklappst, weil Du nicht mehr genug Schlaf bekommst, muss eine Lösung gefunden werden, die Dich entlastet. Das kann durchaus eine vermehrte Einbeziehung des Vaters sein, wenn es nachts nicht geht, dann eben mal am Tag, damit Du eine Möglichkeit hast, dich auszuruhen und neue Energie zu sammeln. Auch wenn Dein Baby sich beschwert und protestiert, ist das völlig okay, denn Ihr lasst es ja nicht alleine, sondern steht ihm bei. Erkundige dich auch einmal, ob Du nicht eine Haushaltshilfe bekommen kannst (wegen absoluter und chronischer Erschöpfung). Möglicherweise kann dir auch deine Mutter, Schwiegermutter, Schwester oder eine Freundin (selbstverständlich auch das männliche Pendant dazu) etwas unter die Arme greifen. Wenn Du magst, können wir gerne auch miteinander telefonieren!? LLLiebe Grüße Biggi


KielSprotte

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Ausgelaugt bin ich nicht - eher genervt. Ich bekomme ja Ruhe, wenn der Kleine seinen Willen = die Brust hat. Haushalt wird prima vom Papa geschmissen und er würde sich liebend gerne mehr um seinen Sohn kümmern, aber dieser lässt es einfach nicht zu. Zuhause (also in meiner Anwesenheit) steigert er sich so sehr ins Schreien rein, dass wir Angst haben, dass ihm die Luft wegbleibt, also nehme ich ihn wieder an die Brust....... Draußen egal ob er ihn im Tuch oder ihm Kinderwagen hat, brüllt der Kleine ebenfalls so sehr, dass die Leute meinen Mann anschauen wie einen Kinderschänder. Er wartet eigentlich nur darauf, dass die Polizei gerufen wird, da viele Leute es ihm einfach nicht abnehmen, dass es sein Sohn ist (was entweder durch Getuschel verbunden mit bösen Blicken oder direktes Ansprechen kundgetan wird). Er würde sich ja liebend gerne kümmern und ist schon völlig fertig, weil er sich vom eigenen Kind abgelehnt fühlt......... Es muss einen Weg geben den Kleinen ohne Brust zu beruhigen, nur welchen?


Biggi Welter

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Liebe Conny, eine ganz wichtig Lektion, die wir Mütter alle lernen müssen lautet: Wir können unsere Kind nicht immer glücklich machen, selbst wenn wir uns dafür auf den Kopf stellen würden oder uns selbst restlos aufopfern würden. Es steht nicht immer in unserer Macht, unsere Kinder stets glücklich zu machen, aber deshalb sind wir keinesfalls schlechte Mütter (Eltern). Babys sind von Geburt an (bzw. bereits im Mutterleib) eigene, individuelle Persönlichkeiten mit eigenem Charakter, Temperament und auch mit eigener Stimmungslage. Ob eine Mutter ein ruhiges, zufriedenes, (fast) immer lächelndes Baby hat oder ein Kind, das als „Schreibaby" bezeichnet wird, das hängt nicht zwingend von ihren Fähigkeiten als Mutter ab. Vieles ist einfach angeboren. Wenn dein Kind so vehement auf die Brust besteht, dann kann es sein, dass es ein Baby mit erhöhten Bedürfnissen ist, ein High Need Baby, wie diese Kinder von dem amerikanischen Kinderarzt Dr. William Sears genannt werden. Ein High Need Baby braucht sehr viel mehr Einsatz von seiner Mutter/Eltern. Es ist kein „pflegeleichtes" Kind. Oft zeigen sich die Erfolge der Bemühungen der Mutter erst nach längerer Zeit und die Mutter zweifelt an sich selbst. Deshalb ist es so wichtig, dass Mütter/Eltern wissen, dass es High Need Babys gibt und wissen, dass sie keine „Schuld" haben. Die Einschlafgewohnheiten sowie das gesamte Schlafverhalten deines Kindes belasten dich verständlicherweise (und ich nehme an auch deinen Mann), dennoch wirst Du jetzt kaum eine plötzliche Änderung quasi mit der Brechstange durchsetzen können. Möglicherweise wäre es ein Ansatz, dass Du zunächst einmal versuchst deine Tage einigermaßen zu strukturieren, damit dein Kind und auch Du einen gewissen Halt bekommt. Es gibt Kinder, die besser zurecht kommen, wenn sie klare Strukturen haben. Versuche die Tage einigermaßen ruhig zu gestalten und gewöhne dein Baby liebevoll und langsam an ein anderes Einschlafritual. Suche aber auch für dich eine Möglichkeit zum entspannen und abschalten. Gönne DIR etwas. Wenn es dir besser geht, wird es auch deinem Kind besser gehen. Wenn diese Maßnahmen nicht helfen, solltest Du dich nicht scheuen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ich weiß nicht, ob es bei dir in der Umgebung zum Beispiel eine Erziehungsberatungsstelle gibt. Das Wort „Erziehungsberatungsstelle" klingt für dich jetzt möglicherweise erschreckend, muss es aber nicht. Dort arbeiten Fachleute der unterschiedlichsten Disziplinen, die mit dir zusammen nach einem Weg suchen können, wie Du ganz individuell auf dein Kind eingehen kannst und wie ihr euer Zusammenleben möglichst gut gestalten könnt. Ich hoffe, dir ein Stück weitergeholfen zu haben und wünsche dir von ganzem Herzen, dass es dir und deiner Familie bald besser geht. Ich würde mich sehr freuen, wenn Du mir in einiger Zeit noch einmal schreibst! Gute Nacht Biggi


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