Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

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Frage: viele Fragen ...

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Hallo, Leute, wem geht es ähnlich und wer weiß Rat? Meine Tochter ist jetzt 12 Wochen alt. Sie hat gerade wieder einen Wachstumsschub und möchte - wenn sie nicht grade schläft - ununterbrochen an die Brust. Das hatten wir schon ein paar mal, aber ich hab den Eindruck, es wird immer schlimmer. Abends zwischen 18 und 23 Uhr könnte ich sie Dauerstillen, und sie wird nicht ruhiger. Manchmal kaspert sie auch einfach nur an der Brust rum, ohne richtig zu trinken. Klar, nach einer halben Stunde hat sie schon wieder Hunger. Inzwischen ist es aber auch am Vormittag so, dass sie eigentlich jede Stunde trinken will. Jeder Weg nach draußen, sei es einkaufen, oder abends mal eine Stunde weggehen, wird quasi unmöglich, weil die Kleine nach kurzer Zeit wieder anfängt zu schreien. Auch hier wieder - sie trinkt nicht richtig, albert rum, und hat schnell wieder Hunger ... Lege ich sie in ihr Bettchen zum Mittagsschlaf, gibts ein Riesengeschrei, obwohl sie sich die ganze Zeit die Augen reibt und gähnt. Ratschläge krieg ich natürlich von allen Seiten ("lass sie halt mal 10 Minuten schreien") ... andererseits lese ich überall, dass so kleine Babys nicht allein schreien sollen, weil sie dann kein Vertrauen mehr in ihre Eltern haben. Was stimmt denn nun? Ich kann aber doch auch nicht die ganze Zeit neben dem Bett sitzen und Händchen halten? Mein Partner ist ausserdem in einer sehr stressigen Phase und kann selber nicht helfen (er arbeitet 60-70 Stunden in der Woche). Den Haushalt muss ich also allein geregelt bekommen. Das bedeutet, daß ich entweder stille oder putze oder Einkäufe mache ... abends bin ich hundemüde, komme nicht mehr zum Lesen oder meinen Hobbys ... Wem geht es ähnlich und wie kommt man da wieder raus? liebe Grüsse Marie


Biggi Welter

Biggi Welter

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? Liebe Marie, das was Sie gerade erleben, ist der normale Alltag mit einem kleinen Baby und der sieht nun einmal in der Realität sehr anders aus, als es in vielen Hochglanzbroschüren und Babyratgebern dargestellt wird. Es wird noch eine ganze Weile dauern, bis Sie „da wieder raus kommen", aber das heißt nicht, dass Sie nun im Chaos versinken müssen. Es gibt Wege, wie Sie sowohl die Bedürfnisse Ihres Babys als auch Ihre Verpflichtungen erfüllen können und sogar noch Luft für sich haben. Dabei ist der erste Schritt, dass Sie sich freimachen von der (unrealistischen) Vorstellung, dass ein Baby sehr viel schläft und das auch noch alleine in seiner Wiege oder seinem Bett. Babys sind gesellige Wesen und wollen die Welt, in die sie hineingeboren wurden, kennen lernen. Viele kleine Babys haben lange Wachphasen. Viele Babys sind am Morgen deutlich ruhiger als im späteren Verlauf des Tages. Es ist normal, dass ein Baby Nachmittag und Abends sehr viel unruhiger ist. So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys. Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Alterstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Das Dauerstillen kann sehr anstrengend und auch nervend sein, aber es hat seinen Sinn. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass das Baby durch den Stillmarathon die Prolaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, das die Milchbildung angeregt wird und genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht. Sie können sich am Abend mit Ihrem Baby hinsetzen oder legen und ein Buch zur Hand nehmen während diese langen Stillphasen andauern. Die Lösung, wie das Baby am Alltag teilnehmen kann und sich bei der Mutter geborgen fühlt und die Mutter sich um den Haushalt oder andere Dinge zu kümmern kann heißt Tragetuch. Für meine Begriffe gehört ein (ausreichend langes) Tragetuch zu den wichtigsten Teilen einer Babyausstattung. Ein Tragesack kann ebenfalls als Tragehilfe verwendet werden, ist jedoch lange nicht so vielseitig, wie ein Tuch und ein korrekt gebundenes Tuch ist aus orthopädischer Sicht günstiger zu beurteilen als ein Tragesack. Ein Tragetuch ist fast ein Zaubermittel. Das Baby kann Ihre Nähe spüren, es wird sich an Ihrem Körper beruhigen, Koliken verringern sich, es wird weniger weinen, vielleicht sogar recht gut schlafen und Sie haben mindestens eine Hand frei (und auch den Kopf, weil das Baby wieder ruhiger ist), um andere Dinge zu tun. Versuchen Sie es einmal. Eine Autorin nennt dies so schön „Perspektive teilen". Das Tragetuch ermöglich es dem Kind, am Leben der Familie problemlos teilzunehmen und mit Ihnen die Perspektive zu teilen. Lassen Sie sich von einer tucherfahrenen Frau zeigen, wie vielseitig ein Tragetuch eingesetzt werden kann. Sie werden vielleicht sehr erstaunt sein, wie einfach der Alltag mit einem Kind im Tuch wieder wird. Tucherfahrene Frauen finden Sie in fast jeder Stillgruppe. Wenn Sie mir Ihren Wohnort mit Postleitzahl angeben, suche ich Ihnen gerne die nächstgelegene LLL-Stillberaterin heraus. Der Austausch mit den anderen stillenden Müttern wird Ihnen auch zeigen, dass das Verhalten Ihres Baby keineswegs ungewöhnlich ist. LLLiebe Grüße Biggi Welter


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